10 Jahre Fukushima - Der Wiedereinstieg in die Kernkraft besteht nicht den Vergleich zu den Erneuerbaren Energien

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Einleitung

Heute vor 10 Jahren fielen nach einem Erdbeben in allen sechs Reaktoren des Atomkraftwerks Fukushima in Japan die Kühlungen aus und verursachten eine Kernschmelze in mehreren Reaktoren. Die menschlichen und wirtschaftlichen Schäden waren immens und sind monetär kaum zu erfassen - man schätzt jedoch mindestens einen Schaden von 160 Mrd EUR. Langfristige Schäden sind hierbei nicht berücksichtigt.

Nach der Kernschmelze wurde in Deutschland die Energiewende durch die damalige Bundesregierung vorangetrieben und der Ausstieg aus der Atomenergie (Kernenergie) beschlossen.

Situation in Deutschland

In Deutschland sind zurzeit noch sechs Atomkraftwerke in Betrieb. Diese sollen voraussichtlich Ende 2021 bzw. Ende 2022 außer Betrieb genommen werden. Ein Großteil der ehemals betriebenen Kraftwerke befindet sich im Rückbau.

Die gesetzliche Regelung zur Kernkraft wird durch das Atomgesetz AtG geregelt. Hierin gibt es Haftungsfragen, Betreiberfragen und Versicherungsthemen, die in der jüngeren Meinung zur Kernenergie berücksichtigt werden müssen. Spätestens seit der Bill und Miranda Gates Stiftung und deren Einschätzung, dass die Einhaltung des Pariser Abkommens nur mit Hilfe der Kernkraft realisiert werden können, rückt der Fokus erneut auf Atomkraftwerke. 

Bei einem Reaktorunglück in Deutschland würde eine radioaktive Wolke ausnahmslos über dicht besiedelte Gebiete treiben. Dabei würden voraussichtlich selbst in 170 Kilometer Entfernung die Gebiete so stark kontaminiert, dass sie auch langfristig unbewohnbar bleiben würden. Egal, wie man die “saubere” Energie der Atomkraftwerke sieht, ein Unfall in einem solchen Kraftwerk bewirkt hohe Schäden in dem dicht besiedelten Räumen Mitteleuropas.

Betrachtet man die Reinlichkeit der Atomkraft, so müssen die negativen Seiten auf Umweltfaktoren berücksichtigt werden. Themen, wie erhöhte Wassertemperaturen durch die Kühlung der Reaktoren und schlimmer noch, die Verbringung von verbrauchten Kernelementen in Zwischen- oder Endlager müssen stets beachtet werden. 

Nach den derzeitigen rechtlichen Regelungen, müssen AKW-Betreiber gewisse Rücklagen und Versicherungen vorhalten, um einen möglichen Schaden - wie der vor 10 Jahren in Japan - finanziell abzudecken.

§ 34 Abs. 1 AtG normiert eine Freistellungsverpflichtung des Bundes gegenüber dem Inhaber der Kernanlage oder den Besitzern radioaktiver Stoffe, wenn infolge von Wirkungen eines nuklearen Ereignisses sich gesetzliche Schadensersatzverpflichtungen des Inhabers einer Kernanlage ergeben. Die Freistellung von der Schadensersatzverpflichtung erfolgt, soweit diese von der Deckungsvorsorge nicht gedeckt sind und aus ihr erfüllt werden können. Der Höchstbetrag der Freistellungsverpflichtung beträgt 2,5 Milliarden Euro. Von diesem Betrag ist der Betrag abzuziehen, den die Deckungsvorsorge des Ersatzpflichtigen tatsächlich leistet. Da die Haftung nach dem Atomgesetz summenmäßig nicht begrenzt ist, ist die staatliche Intervention durch die Freistellungsverpflichtung Teil der Deckung der Haftung des Ersatzpflichtigen. (Pelzer in: Hennenhöfer/Mann/Pelzer/Sellner, AtG/PÜ, § 34 Rn. 20.)

Berechnet man die realistischen Folgekosten eines Reaktorunfalls, nehmen diese enorme Ausmaße an. Nach offiziellen Berechnungen von Versicherungsmathematikern, könnte ein Maximalschaden von bis zu sechs Billionen Euro entstehen. (Versicherungsforen Leipzig, Studie: Berechnung einer risikoadäquaten Versicherungsprämie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren, 01. April 20111, Seite 94, 101.) Wohlgemerkt: durch eines von derzeit noch sechs aktiven Kraftwerken. 

Die Betreiber der Atomkraftwerke müssen für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen eine Deckungsvorsorge von derzeit 2,5 Milliarden Euro vorweisen. Tatsächlich ist jedes Atomkraftwerk aber nur mit 256 Millionen Euro über eine Haftpflichtversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft versichert. Die restlichen 2,244 Mrd. Euro, und damit den Großteil, sichern die Betreibergesellschaften durch gegenseitige Garantiezusagen ab. 

Die darüber hinaus entstehenden Schäden werden dann nur noch von der Betreibergesellschaft und letztendlich deren Stammkapital getragen.

Da grundsätzlich keine Durchgriffshaftung auf den Konzern besteht, würde in einem Schadensfalls die Kosten letztendlich von der Allgemeinheit getragen werden müssen.

Sollte mit einem Erwecken der Energienutzung aus Kernkraft geliebäugelt werden, müssten diese Faktoren auf den Strompreis umgelegt werden.

Kernkraft müsste die Kosten für das Endlager und das enorme Risiko der Haftung nicht auf die Allgemeinheit abwälzen können, sondern zum einen über die Durchgriffshaftung auf den Konzern und sogar die Aktionäre übertragen und zum anderen die Kosten in den Strompreis einpreisen.

Die stets gescholtene EEG-Umlage in Höhe von rund 6 bis 7 Cent je kWh wird stets als Unverhältnismäßig dargestellt. Hierbei wird verkannt, dass saubere Energie aus Erneuerbaren Energien ausschließlich durch den Stromverbraucher finanziert wurde (bis 31.12.2020). Das bedeutet, dass mehr als ein Drittel des gesamten deutschen Stromverbrauchs durch die private Wirtschaft umgesetzt wurde - ohne Finanzierung durch die öffentliche Hand. Das EEG erhielt in der Vergangenheit keine Bezuschussung durch den öffentlichen Haushalt, um die beihilferechtlichen Tatbestände zu vermeiden.

Eine Einpreisung des Risikos der Endlagerung und eines Supergaus eines AKW muss auch in den jeweiligen Strompreis einkalkuliert werden, da es nicht hinnehmbar ist, dass die Erneuerbaren Energien gegen eine fast absolute Subventionierung des Stroms aus Kernkraft am Wirtschaftsmarkt antreten kann. Das Deckungsvorsorge von 2,5 Mrd EUR zum möglichen Schaden in Höhe von 6.000 Mrd EUR zeigt, dass hier das Risiko fast ausschließlich durch die öffentliche Hand getragen wird. Dies ist nicht mehr zeitgemäß und muss bei einer Wiedereinführung der Kernkraft dringend berücksichtigt werden.

Das riesen Unglück vor 10 Jahren in Japan hat ein Umdenken in ein modernes Deutschland bewirkt und darf nicht durch ein Umlenken in die Vergangenheit gefährdet werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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