Am Steuer telefoniert und sofort Mobiltelefon mit SIM-Karte als Beweismittel beschlagnahmt

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Der Fall:

Der Führer eines Pkw wurde von Polizeibeamten während einer Kontrolle gefilmt, wie er ein schwarzes Handy mit der linken Hand am linken Ohr hielt. Danach wurde er mit seinem Fahrzeug durch die Polizeibeamten angehalten. Der Führer des Pkw wurde erfolglos durch die Polizeibeamten aufgefordert, das Mobiltelefon herauszugeben. Nachfolgend wurde das Fahrzeug durchsucht und das aufgefundene Mobiltelefon nebst SIM-Karte beschlagnahmt und eingezogen.

Der Fahrzeugführer erhielt ein Beschlagnahmeprotokoll, in dem ausgeführt ist, dass die Beschlagnahme als „Beweismittel“ erfolgte. Der Betroffene war in der Folge ohne Mobiltelefon.

Was ist zu tun?

Zunächst ist es erforderlich, sofort der Beschlagnahme vor Ort zu widersprechen. Ist dies nicht erfolgt oder von den Polizeibeamten nicht dokumentiert, sollte gegen die Beschlagnahme des Mobiltelefons später noch Widerspruch eingelegt und gleichzeitig beantragt werden, eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme herbeizuführen sowie die Herausgabe des Geräts durch das Gericht anordnen zu lassen.

Wer darf ein Mobiltelefon beschlagnahmen?

Gemäß § 98 Abs. 1 StPO darf die Beschlagnahme nur durch das Gericht angeordnet werden. Lediglich unter Voraussetzung von Gefahr in Verzug darf eine Beschlagnahme auch durch die Staatsanwaltschaft oder deren Hilfsbeamte vorgenommen werden. Der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen 3 Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn der Betroffene gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat.

Ist das verhältnismäßig?

Gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 94 StPO ist es möglich, Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, in Verwahrung zu nehmen und, wenn sie sich im Gewahrsam von Person befinden, die die Gegenstände nicht freiwillig herausgeben, zu beschlagnahmen.

Die Beschlagnahme darf nur erfolgen, wenn besondere Voraussetzungen vorliegen. Es ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Übermaßverbot) zu berücksichtigen. Die Feststellung des Verstoßes, ein elektronisches Gerät, das zur Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, in vorschriftswidriger Weise benutzt zu haben, kann ebenso mit anderen Beweismitteln festgestellt werden. Möglich sind hier Videoaufzeichnungen im Rahmen einer verdachtsabhängigen Aufzeichnung und Zeugenbeweis.

Das Durchbrechen der Sperrfunktion und das Auslesen der Daten des Mobiltelefons durch die Behörde stellt im Ordnungswidrigkeitenverfahren einen Verstoß gegen das Übermaßverbot dar, weil hierdurch im wesentlichen Daten aufgerufen werden, die dem Kernbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unterliegen. Etwaige Verbindungsdaten könnten gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 100g, 100h StPO über die Verbindungsdaten festgestellt werden. Eines Zugangs zum Gerät bedarf es hierfür nicht.

Weiter ist im Rahmen des Übermaßverbotes zu berücksichtigen, dass Bußgeldverfahren nach der gesetzgeberischen Wertung untergeordnete Bedeutung haben.

Die Beschlagnahme eines elektronischen Geräts lediglich zwecks Untermauerung der Aussagen über seine Art, sein Aussehen und die Beschaffenheit des sich gegebenenfalls nicht mehr zuverlässig erinnernden Zeugen verstößt gegen das Übermaßverbot. Die Polizeibeamten sind vielmehr gehalten, als Zeuge andere geeignete Maßnahmen zu treffen, damit sie sich an diesen Vorgang erinnern, etwa durch Foto- oder Videodokumentation oder aber ein aussagekräftiges Protokoll anzufertigen.

Die Beschlagnahme war von Anfang an rechtswidrig.

Die Beschlagnahme eines Mobiltelefons ist in diesem Fall als von Anfang an rechtswidrig durch das Amtsgericht Meißen festgestellt worden. Die Behörde musste das Mobiltelefon sofort an den betroffenen Fahrzeugführer aushändigen.

Sind Sie von Verkehrskontrollen betroffen oder wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Sie eingeleitet, sind wir gern für Sie da und vertreten Ihre Interessen.

Nehmen Sie gern mit uns Kontakt auf.

Anett Wetterney-Richter

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Verkehrsrecht

Fachanwältin für Familienrecht


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