Bei einem Auffahrunfall in der Waschstraße haftet i.d.R der Anlagenbetreiber

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Wenn der Vordermann in der Waschstraße bremst, haftet i.d.R. der Anlagenbetreiber gegenüber dem Halter des dahinter befindlichen PKW. Das hat das LG Paderborn entschieden.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann der Klägerin fuhr mit dem PKW der Klägerin in die Waschstraße des Beklagten. Dort kam es zu einem Unfall, weil der Fahrer des davor in der Anlage befindlichen PKW – aus welchen Gründen auch immer – gebremst hatte und die Anlage den PKW der Klägerin auf diesen geschoben hatte, so dass es zur Kollision kam.

Das Gericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Eine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 Abs. 1 BGB sei bereits darin zu sehen, dass das außer Betrieb gesetzte Fahrzeug der Klägerin unstreitig in und beim Betrieb der automatischen Waschanlage der Beklagten beschädigt wurde.

In Abweichung von der grundsätzlichen Beweislastverteilung sei sodann für Schadensfälle, die sich in einer Waschstraße ereignet haben, anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung des Betreibers geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann. Diese Beweisvermutung komme jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststehe, dass der Schaden nur durch den automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sein kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt (vgl. LG Wuppertal, ZfSch 2013, 437).

Diesen Anscheinsbeweis könne ein Betreiber zwar hinsichtlich seiner Pflichtverletzung erschüttern, indem er nachweist, dass die Anlage den anerkannten Regeln der Technik entspricht und er seiner Verkehrssicherungspflicht genügt hat. Dies erfordert auch den Nachweis, dass er die Anlage so organisiert, betreibt, wartet, kontrolliert und beaufsichtigt hat, wie dies nach dem Stand der Technik möglich und zumutbar ist, um Beschädigungen der PKW in der Anlage zu vermeiden (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962).

Das Landgericht nahm hier an, dass der Schaden durch den Waschvorgang verursacht wurde.

Auch wenn der Unfall ursächlich von dem Fahrer des vor der Klägerin befindlichen PKW verursacht wurde ist der Schaden im Außenverhältnis dennoch nur dem Beklagten als Betreiber zuzurechnen. Vom klägerischen PKW – der ausgeschaltet bzw. im Leerlauf war – ging während des Waschvorganges keinerlei Betriebsgefahr aus, er wurde nach Ansicht des Landgerichts quasi zum „Bestandteil der Waschanlage“. Damit greife der Anscheinsbeweis ein (vgl. AG Aachen, DAR 2002, 273; AG Bremen, Urteil vom 23. Januar 2014 – 9 C 439/13 –, juris; AG Köln NJW-RR 2013, 227) und das Verschulden der Beklagten insoweit vermutet.

Eine Exkulpation der Beklagten gelang im vorliegenden Fall ebenfalls nicht. Bei automatisierten Waschanlagen muss der Betreiber sicherstellen, dass im Falle einer offenkundig gefahrträchtigen Situation die Abschaltung des Laufbands der Anlage sofort erfolgt. Dies ist hier nicht geschehen. Sofern ein Fahrzeug in der Waschstraße unverschuldet den Kontakt zur Schleppvorrichtung verliert und also als gefahrenträchtiges Hindernis in der Waschstraße stehen bleibt, wäre zu erwarten, dass eine hochkomplexe technische Anlage über geeignete Sensoren bzw. Lichtschranken verfügt, die bei entsprechenden Impulsen einen Autostopp bewirken.

Sollte ein automatisches Abschalten nach dem Stand der Technik nicht möglich sein, wäre der Betreiber einer automatischen Waschstraße gehalten, den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage fortlaufend per Videoüberwachung oder mittels eines eigens hierfür abgestellten Hilfsmitarbeiters zu überwachen (so: OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962). Eine dem entgegen stehende Rechtsprechung des OLG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 660, bezieht sich auf Portalwaschanlagen und die Untersuchungspflicht hinsichtlich etwaiger Fremdkörper in den Waschbürsten und ist daher nicht einschlägig.

Auch konnte der Betreiber sich nicht darauf berufen, der Ehemann der Klägerin habe seinerseits nicht gebremst, schließlich sei zum einen an der Einfahrt gerade das Schild „nicht bremsen“ angebracht, zum anderen sei der Unfall hie gerade durch einen Bremsvorgang eines anderen PKW verursacht worden, so dass der Ehemann berechtigterweise nicht gebremst hatte.

(LG Paderborn, Urteil vom 26.11.2014 – 5 S 65/14)



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