Neuer Bußgeldkatalog mit verschärften Strafen ab 28.04.2020 und Verteidigungsstrategien

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Mit der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, die am 28.04.2020 in Kraft tritt, hat der Verordnungsgeber einige Tatbestände der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) geändert. Diese Änderungen des Bußgeldkatalogs stehen teilweise in engem Zusammenhang mit Änderungen der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).

Es wurde insbesondere die Schwellen, ab denen regelmäßig ein Fahrverbot verhangen wird, gesenkt. Dies gilt innerorts nun bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h und außerorts von 26 km/h. Hierfür wird jedoch „nur“ 1 Punkt im VZR fällig.

Es werden weiter bei fehlerhaften Abbiegevorgängen (beim Abbiegen vorfahrtberechtigten Verkehr nicht durchgelassen und dabei gefährdet: 140 €, 1 Monat Fahrverbot) oder einer Sorgfaltspflichtverletzung beim Ein- bzw. Aussteigen die Geldbußen verdoppelt. Auch die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge wird statt bis zu 25 Euro mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet. Auch das sogenannte Auto-Posing kann härter geahndet werden: Es wird die Geldbuße für das Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung sowie dem unnützen Hin- und Herfahren von bis zu 20 Euro auf bis zu 100 Euro angehoben.

Diese Regelung stossen teils auf erhebliche Bedenken und sind teils völlig „unausgegoren“.  

So ist das Parken auf Gehwegen ohne Behinderung länger als 1 Stunde zwar lästig für Fußgänger, aber wesentlich weniger gefährlich als das Parken in der Feuerwehrzufahrt. Ersteres soll mit bis zu 100 € geahndet werden können, „nur“ weil es länger als 1 Stunde dauert, letzteres nur mit 55 €, beides jeweils ohne Behinderung. Das ist nicht nachvollziehbar.

Darüber hinaus sollen für einige Parkverstöße auch Punkte im Verkehrszentralregister (VZR) eingetragen werden können. Dazu muss in der Praxi aber der Fahrer auch tatsächlich „auf frischer Tat“ ertappt werden. Für Parkverstöße gilt nämlich in Deutschland keine Halterhaftung. Dem Halter „droht“ als Rechtsfolge allenfalls, die (geringen) Verfahrenskosten tragen zu müssen, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Behörde den Halter rechtzeitig zur Person des Fahrers angehört  hat.

Auch die Begriffe „unnötiger Lärm“ und „vermeidbare Abgasbelästigung“ sowie „unnützes hin- und her fahren„ sind völlig unbestimmt. Was ist unnötig? Was ist unnütz? Ist es unnütz, wenn sich ein Fahrzeugführer die Landschaft mehrmals ansehen will? Ist es unnütz, wenn man eine schöne Wohngegend mehrfach ansehen möchte? Ist es eine vermeidbare Abgasbelästigung, wenn man den Motor beim Halten laufen lässt, um die Klimaanlage / die Heizung im Fahrzeug laufen zu lassen? Hier wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber erfreulich gewesen.

Auch ist nicht nachvollziehbar, wie der Gesetzgeber den Konflikt zwischen der Annahme einer  beharrlichen Pflichtverletzung, die nämlich Voraussetzung für die Annahme eines Fahrverbotes ist, und der Anordnung eines Fahrverbotes innerorts schon ab 21 Km/h Geschwindigkeitsüberschreitung auflösen will. Eine Überschreitung um 21 km/ passiert „schnell“ schon aus leichtester Unaufmerksamkeit heraus. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits in der Vergangenheit festgestellt, dass das Übersehen eines einzigen Verkehrsschildes innerorts keine „beharrliche Pflichtverletzung“ darstellt. Der BGH hat also selbst eine Überschreitung von 31 km/h (!) nicht als beharrliche Pflichtverletzung angenommen, wenn nur ein Verkehrszeichen übersehen wurde. Im Regelfall wird z.B. 30 km/h innerorts nur mit einem einzigen Verkehrszeichen angekündigt. Wenn dort nun 51 Km/h gefahren werden, droht ein Fahrverbot, obwohl der Fahrer lediglich ein einziges Verkehrszeichen übersehen hat, was nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofsgerade keine beharrliche Pflichtverletzung darstellt und daher ein Fahrverbot im Regelfall nicht rechtfertigt. 

Betroffenen kann daher nur geraten werden, sich gegen die Regelungen zur Wehr zu setzen und hierzu anwaltlichen Rat bei einem Anwalt für Verkehrsrecht zu suchen. Die im Verkehrsrecht erfahrenen Rechtsanwälte der Kanzlei WTB RECHTSANWÄLTE an den Standorten Köln und Bonn stehen Ihnen dabei mit Rat und Tat zur Verfügung.



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