Betriebsbedingte Kündigung und die Sozialauswahl

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Ordnungsgemäße Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung

Die Sozialauswahl ist ein zentraler Bestandteil des Kündigungsschutzrechts. Soziale Gesichtspunkte sind bei einem betrieblich veranlassten Personalabbau immer zu berücksichtigen. Es ist eine Auswahl unter den vorhandenen Arbeitnehmern zu treffen, um diejenigen zu identifizieren, die gekündigt werden können.

Unmittelbar ist die Sozialauswahl in § 1 Abs. 3 KSchG wie folgt geregelt:

„Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers 

die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

das Lebensalter, 

die Unterhaltspflichten und 

die Schwerbehinderung 

des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. 

In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. 

Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.“

Die Sozialauswahl erfolgt also nach den folgenden Kriterien:

1. die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

2. das Lebensalter,

3. die Unterhaltspflichten und

4. die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Alle sonstigen denkbaren sozialen Überlegungen wie Krankheiten, pflegebedürftige Angehörige, hohe Kreditverbindlichkeiten, sind z.B. nicht von Bedeutung.

Die Gewichtung der einzelnen Kriterien

Alle vier Kriterien wertet das Gesetz gleich. Die Sozialauswahl ist aber nicht nur eine Rechenaufgabe. Der Arbeitgeber hat einen Beurteilungsspielraum. Die Kriterien müssen nur „ausreichend“ berücksichtigt werden. Eine längere Betriebszugehörigkeit könnte deshalb gegenüber größeren Unterhaltsverpflichtungen vorgehen. Aber auch eine jüngere Arbeitnehmerin mit kürzer Betriebszugehörigkeit kann bei zahlreichen Unterhaltsverpflichtungen schutzwürdiger sein als der ledige ältere Kollege. Unter Umständen kann ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, der kürzer beschäftigt ist und keine Unterhaltsverpflichtungen hat, weniger schutzbedürftig sein als eine ältere, langjährig beschäftigte Mitarbeiterin.

Hat der Arbeitgeber eine Erkundigungspflicht?

Umstritten ist, ob der Arbeitgeber eine Erkundigungspflicht hat oder ob er bei der Sozialauswahl nur die ihm bekannten Sozialdaten berücksichtigen muss. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers muss sich in den Grenzen eines Beurteilungsspielraums bewegen. Unter Umständen müssen auch als ungerecht empfundene Entscheidungen hingenommen werden.

„Eine Überprüfung der Kündigung durch das Arbeitsgericht im Rahmen der Kündigungsschutzklage empfiehlt sich immer. Eine wackelige Sozialauswahl fördert im Kündigungsschutzverfahren das Abfindungsinteresse des Arbeitgebers.“, so Rechtsanwalt Ralf Buerger zugleich auch Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Punktesysteme

In der Rechtsprechung wurden bereits zahlreiche Punktesysteme im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Sozialauswahl diskutiert. Dabei werden den 4 Auswahlkriterien Punktzahlen zugeordnet, um dann im Rahmen einer Berechnung die weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer zu ermitteln. Aber auch diese Rechenwerke sind gerichtlich überprüfbar.

Auswahlrichtlinien

Vereinbaren der Arbeitgeber und die Arbeitnehmervertretung eine sogenannte Auswahlrichtlinie, die für sich selbst nicht grob fehlerhaft ist, sind Kündigungen, die auf der Grundlage dieser Richtlinie erfolgten, nicht zu beanstanden. Grobe Fehlerhaftigkeit läge beispielsweise nur dann vor, wenn die vier Kriterien völlig unausgewogen berücksichtigt worden wären.

Interessenausgleich mit Namensliste

Im Rahmen von Massenentlassungen vereinbaren der Arbeitgeber und der Betriebsrat regelmäßig einen Interessenausgleich in dem die zu kündigenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet werden (sog. Namensliste). In diesem Fall wird vermutet, dass dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung vorliegen und die Sozialauswahl ordnungsgemäß erfolgte. Kündigungen können dann nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Dem Interessenausgleichsverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass der Betriebsrat auf Grund besonderer Sachkunde und Nähe zu den Arbeitnehmern deren Interessen angemessen berücksichtigt hat.

Aus Arbeitnehmersicht ist das Sozialauswahlverfahren mitunter nur schwer nachvollziehbar. Daher lassen Sie sich frühzeitig fachkundig beraten.

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Ihre Ansprechpartner: Fachanwälte für Arbeitsrecht Ralf Buerger und Christian Dreier, Hagen.

Auf Wunsch kann die Beratung auch in unserer Zweigstelle in Wetter (Ruhr) erfolgen. 

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