BGH: Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung nach Scheidung auch bei Eigentumswohnungen

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Nach einer Trennung bzw. nach einer Scheidung ist ein Punkt, über den Ex-Ehepartner häufig streiten, die ehemals gemeinsame Wohnung: wer darf in der Wohnung wohnen bleiben? Wer muss ausziehen? Und gibt es einen Anspruch auf „Überlassung der Ehewohnung“, wenn ein Partner dringender auf die Wohnung angewiesen ist?

Ja, diesen Anspruch gibt § 1568a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser Anspruch war bisher vor allem für Mietwohnungen anerkannt. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass er auch für Eigentumswohnungen gilt, selbst wenn die Eigentumswohnung alleine dem anderen Ehegatten gehört (BGH, Urteil v. 10.3.2021, Az.: XII ZB 243/20).

Frau wohnt in Eigentumswohnung des Ex-Mannes 

Ein Ehepaar ließ sich scheiden. Die Frau lebte nach der Scheidung in der ehemals gemeinsam bewohnten Wohnung. Miete bezahlte sie an ihren Ehemann nicht und auch eine Art Nutzungsentschädigung kam der Ex-Frau nicht in den Sinn. Dabei war diese Wohnung alleiniges Eigentum des Ehemannes.

Nachdem der Mann das einige Zeit mehr oder minder akzeptiert hatte, war es nun sein Ziel, dass seine Ex-Frau aus seiner Wohnung auszieht. Aus diesem Grund machte er einen Herausgabeanspruch als Eigentümer der Wohnung gegen seine Frau als „Besitzerin“ der Wohnung gem. § 985 BGB geltend. Seine Frau räumte die Wohnung jedoch nicht freiwillig.

Sie habe als Ex-Ehefrau einen Anspruch auf Überlassung nach § 1568a BGB, der gegenüber dem Herausgabeanspruch aus Eigentum schwerer ins Gewicht fallen würde.

㤠1568a Ehewohnung

(1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.

Anspruch auf Überlassung auch bei Eigentumswohnung  

Die Räumungsklage des Ex-Mannes vor dem zuständigen Amtsgericht gegen die Ex-Frau hatte allerdings Erfolg – die Frau musste die Wohnung räumen.

Zwar könne sich die Frau auf einen Anspruch nach § 1568a BGB berufen. Denn dieser Anspruch sei zwar vor allem auf Mietwohnungen anwendbar. Aber eine Unterscheidung zwischen einer Mietwohnung und einer Eigentumswohnung in einer solchen Situation sei „aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit“ nicht zu rechtfertigen.

Somit urteilte der BGH, dass ein solcher Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung auch bestehen kann, wenn die ehemalige Ehewohnung im Alleineigentum des Ehegatten steht, der nicht (mehr) in dieser Wohnung lebt – wie es hier der Fall war.

Überlassungsanspruch zu spät geltend gemacht 

Der Anspruch der Ex-Frau auf Überlassung der Ehewohnung scheiterte hier jedoch an etwas anderem: sie hatte den Anspruch zu spät geltend gemacht. Denn dieser Anspruch muss gem. § 1568a Abs. 6 BGB spätestens ein Jahr nach Rechtskraft der Scheidung erhoben werden. Andernfalls erlischt der Anspruch, der sonst einem Herausgabeanspruch des Eigentümers durchaus erfolgreich entgegengehalten werden kann. Dieses eine Jahr war im Fall vor dem BGH deutlich überschritten, der Anspruch auf Überlassung deswegen erloschen.

Eigentumswohnung wie Mietwohnung 

Dass die Entscheidung des BGH relativ grundlegend ist, wird erst auf den zweiten Blick klar. Denn dass der Anspruch auf Überlassung zu spät geltend gemacht wurde, war eigentlich deutlich.

Dass der BGH der Frau hier einen Anspruch aus §1568a BGB hingegen ausdrücklich zugesprochen hatte, ist hingegen neu, da es nicht um eine Mietwohnung ging, sondern um eine Eigentumswohnung des Ex-Partners.

Haben Sie Fragen zum Anspruch auf Überlassung der ehemaligen Ehewohnung? Benötigen Sie anderweitig Unterstützung im Familienrecht in Köln? Kontaktieren Sie mich gerne per Telefon in Köln unter 0221 / 500 625 00 oder über das anwalt.de-Kontaktformular. 


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