BGH zu Gewerbemiete und Corona - keine Minderung und keine pauschale Kürzung

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Endlich kommt Bewegung in die Frage, wie mit Gewerbemieten in Zeiten von Corona umzugehen ist. Der Bundesgerichtshof hat die Leitlinien vorgegeben, wie mit der Zahlungspflicht bei Gewerberäumen bei behördlichen Schließungen aufgrund Corona umzugehen ist (BGH XII ZR 8/21). Lesen Sie hier, wie die "Segelanleitung" des BGH aussieht und was man daraus folgern kann. 

1. Grundsatz: Coronabedingte Schließungen sind keine Unmöglichkeit

Einen ersten Pflock hat der BGH dahingehend gesetzt, dass coronabedingte Schließungen aufgrund behördlicher Anordnungen keine Unmöglichkeit die Mietüberlassung bzw. der Nutzung der Mietsache darstellen. Vielfach wurde argumentiert, die Schließungsverfügungen führten zu einer Unmöglichkeit in der Gebrauchsmöglichkeit der Mietsache, womit der Mieter von der Verpflichtung zur Zahlung der Miete befreit wäre. 

Dem hat der BGH eine Absage erteilt. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des BGH vom heutigen Tage zu dem Aktenzeichen XII ZR 8/21: 

"Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung."

Mit anderen Worten - keine Unmöglichkeit. 

2. Grundsatz: Coronabedingte Schließungen sind kein Mietmangel

Ferner stellte der BGH klar, dass die behördlichen Schließungen keinen Mangel der Mietsache darstellen. Das ist im Grunde nichts neues, denn damit bewegt sich der BGH auf seiner bisherigen Leitlinie, wonach die Möglichkeit der Verwendung der Mietsache grundsätzlich in der Verantwortungsbereich des Mieters fällt und kein Problem des Vermieters ist. 

Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung des BGH: 

"Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht aus dem im vorliegenden Fall vereinbarten Mietzweck der Räumlichkeiten zur "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte."

Damit ist nun ein weiterer, vor den Gerichten in den letzten 2 Jahren heiß diskutierter Punkt klar - behördliche Schließungen bzw. Schließungen aufgrund entsprechender Verordnungen führen nicht zu einem Mietmangel. Damit kann der Mieter die Miete auch nicht mit der Begründung eines Mietmangels kürzen. 

3. Grundsatz - Coronabedingte Schließungen über Störung der Geschäftsgrundlage lösen

Richtigerweise kommt der BGH dann zu dem Ergebnis, dass die Lösung der Situation über die sog. Störung der Geschäftsgrundlage erfolgt (§313 BGB). Vereinfacht ausgedrückt geht es dabei um ein Instrument im Gesetz, das einen Umstand berücksichtigt, der für den Vollzug des Vertrages von maßgeblicher Bedeutung ist (Geschäftsgrundlage), der nicht in das Risiko einer Partei fällt (niemand kann für Corona etwas) und der das Vertragsverhältnis nachhaltig stört (die Geschäfte konnten nicht öffnen). 

Hier hat der Gesetzgeber einen Automatismus vorgegeben. Zunächst ist eine Vertragsanpassung zu suchen und nur dann, wenn einer Partei das Festhalten am Vertrag zu geänderten Bedingungen nicht zumutbar ist, kann der Vertrag gelöst werden. 

Das bedeutet, dass eine pauschale Beendigung mit der Begründung von Corona wohl nicht möglich ist. Vorher müssen die Parteien eine Lösung versucht haben. Wie diese Lösung gefunden wird, hat der BGH nun auch vorgegeben. 

a) Beeinträchtigungen bewerten

Bei der danach erforderlichen Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, welche Beeinträchtigung der Mieter tatsächlich hatte und wie sich dies finanzielle bei ihm ausgewirkt hat. Konkret wird es hier um den konkreten Umsatzrückgang beim Mieter gehen. 

Mieter müssen hier aber aufpassen: Es reicht nicht aus, zu sagen, was an Umsatzrückgang vorhanden war, es muss auch vorgetragen werden, welche Kompensationsmaßnahmen (z.B. Umstellung auf einen Online-shop) ergriffen wurden bzw. hätten ergriffen werden können. Was das für "kompensierende" Maßnahmen im jeweiligen Einzelfall waren oder hätten sein können, hängt sicher von der Art des betriebenen Geschäftes ab. 

b) Leistungen Dritter berücksichtigen

Da nur dann eine Unzumutbarkeit der Zahlung der Miete vorliegen kann, wenn tatsächlich die Mittel dafür nicht vorhanden waren, kommt es in einem zweiten Schritt darauf an, welche Leistungen der Mieter von Seiten Dritter zur Kompensation seiner finanziellen Beeinträchtigungen erlangt hat. Dies können z.B. sein: 

  • Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung 
  • Staatliche Leistungen (z.B. Überbrückungshilfe I - IV)

Gerade letztere Leistungen des Staates waren dafür gedacht, die laufenden Verbindlichkeiten des Geschäftes (nicht den Unternehmerlohn) zu decken. Davon sollte eben auch die Miete gezahlt werden. Sofern also der Mieter durch Zahlungen Dritter einen Ausgleich für seine finanziellen Einbußen erlitten hat, ist es ihm zumutbar die Miete zu zahlen. 

Praxistipp: Es geht hier aber nur um Leistungen, die nicht in Form eines Darlehens durch die KfW gewährt wurden. Soweit Zuschüsse zurückgezahlt werden müssen oder der Rückzahlung unterliegen, können diese nicht angerechnet werden. 

Fazit: Etwas Klarheit und neue Probleme

Es ist ein wenig klarer geworden, wie die Gerichte mit dem Thema Miete und Corona umgehen sollen. Die Darlegungslast des Mieters in einem Prozess wurde damit erheblich gesteigert. Es gibt aber auch eine Reihe neuer Probleme, z.B.:

  • Was ist, wenn die Betriebsschließungsversicherung nicht zahlt? 
  • Muss die Versicherung zuerst verklagt werden? 
  • Was ist wenn staatliche Zuschüsse zurückgefordert werden? 
  • Wirkt es sich zu Lasten des Mieters aus, wenn die Leistungen nicht beantragt wurden, aber bei Antragstellung gewährt worden wären? 

Die Prozesse werden also im Tatsachenvortrag komplexer und umfangreicher. Darauf sollte man sich einstellen. 

Gerade deswegen empfehlen wir Mandanten eine vernünftige vergleichsweise Regelung in Absprache mit dem Vermieter bzw. Mieter. Damit haben wir in den letzten 2 Jahren gerade bei ansonsten unproblematischen Mietverhältnissen die besten Erfahrungen gemacht. 

Welcher Weg in Ihrem konkreten Fall der beste ist, darüber können wir gern sprechen. Sie können mich mit dem unten stehenden Kontaktformular kontaktieren oder Sie schreiben mir eine mail an marc.gericke@gericke-recht.de . Eine Erstbewertung ist kostenlos, aber in keinem Fall umsonst. 





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