One Group / Soravia / ProReal Europa 9/10 - Anlegerbeirat in Sackgasse - Individuelle Ansprüche jetzt durchsetzen

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Lange war es ruhig um die One Group GmbH und die Fonds ProReal Europa 9 GmbH und ProReal Europa 10 GmbH. Wie den AnlegerInnen bereits im März mitgeteilt wurde, soll in einer formalen Wahl ein freiwilliger Anlegerbeirat gewählt werden. Lesen Sie hier, warum ich diesen in seiner geplanten Form ablehne, hierfür nicht zur Verfügung stehe und was AnlegerInnen stattdessen tun sollten. 

1. Anlegerbeirat soll gewählt werden

Nach endlosen Sitzungen und Diskussionen soll nun endlich ein Anlegerbeirat bei den Fonds ProReal Europa 9 GmbH und ProReal Europa 10 GmbH gewählt werden. Über die grundsätzliche Installation eines solchen Anlegerbeirates wurden die AnlegerInnen bereits mit Schreiben vom 15.03.2024 informiert. In dem Schreiben vom 15.03.2024 heißt es: 

"Vor diesem Hintergrund haben wir für die betroffenen Anleger einen Anlegerbeirat etabliert, um eine optimale und transparente Anlegerkommunikation sicherzustellen. Das neu geschaffene Gremium mit sieben Mitgliedern soll angesichts des herausfordernden Marktumfelds einen institutionalisierten und transparenten Austausch mit Ihnen als Anleger ermöglichen. Der Anlegerbeirat konstituiert sich bis zur Durchführung einer formalen Wahl zunächst als vorläufiges Gremium, das sich aus freiwilligen Vertretern aus den jeweiligen Investorenkreisen zusammensetzt. Wir werden Sie kurzfristig näherdarüber informieren, wie Sie sich selbst in den Anlegerbeirat wählen lassen können oder wie Sie Ihren Anlegervertreter wählen können."

Die Einzelheiten hierzu können Sie hier nochmals nachlesen: 

ProReal Europa 9/10 GmbH - hoher finanzieller Ausfall / ProReal Deutschland 7/8 GmbH - Verzögerungen (One Group) (anwalt.de)

2. Keine weitere Tätigkeit für den bisherigen Beirat oder zukünftigen Beirat - warum?

Wie bereits im oben verlinkten Beitrag dargestellt, macht ein Anlegerbeirat dann Sinn, wenn er mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet ist. Dazu gehört auch, dass der Anlegerbeirat mit den Informationen ausgestattet wird, die er für eine sachgerechte Beurteilung benötigt. Wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich bei dem Anlegerbeirat nur um ein Organ, was vorgegebene Entscheidungen ohne eigene Überprüfung einfach abnicken soll. 

Bis heute ist nicht klar, auf welcher Grundlage dieser Anlegerbeirat tätig werden soll. Gemeinsam mit einem Rechtsanwaltskollegen hatten wir angeregt, dass es eine Geschäftsordnung für den Beirat gibt, in dem verbindlich festgelegt ist, mit welchen Befugnissen und Einsichtsrechten der Beirat ausgestattet werden soll. Eine solche gibt es nach meiner Kenntnis bis heute nicht. 

Gleichwohl sollen sich AnlegerInnen und/oder Vertreter in ein solches Gremium wählen lassen, ohne zu wissen, was sie dürfen, sollen oder müssen und welcher möglichen Haftung sie unterworfen sind. 

Im Grunde ist es doch ganz einfach: Es wäre durchaus möglich, ein gesetzlich normiertes Gremium zu installieren - einen Gläubigerausschuss. Das Gesetz regelt ganz klar, was dieser Gläubigerausschuss darf und was er nicht darf. Ferner ist hier auch ganz klar die Verpflichtung zur Verschwiegenheit geregelt. Mir ist bis heute nicht klar, warum ein solches Gremium nicht genutzt wird, um eine Einbindung der AnlegerInnen in die weitere Entwicklung zu ermöglichen. 

Offensichtlich ist aus verschiedenen Gründen ein solches, mit weitreichenden Informationsrechten ausgestattetes Gremium nicht gewollt. Nicht anders ist es zu erklären, dass man jetzt die AnlegerInnen auffordert, sich in den Beirat wählen zu lassen, ohne zu klären, was dieser Beirat eigentlich soll. 

Ich befürchte auf Basis der Gespräche, die ich geführt habe, dass es mit der vielbeschworenen Transparenz nicht weit her sein wird. Natürlich kann man sich über die rechtliche Berechtigung von Einsichtsrechten lange und intensiv streiten. Wenn man aber wirklich Transparenz herstellen will, dann sollte man das nicht tun müssen. 

Wegen dieser Erkenntnis bin ich nicht weiter bereit in dem bisherigen Gremium mitzuwirken und stehe auch für einen zukünftigen Anlegerbeirat ohne Klärung von dessen Rechten, Pflichten und Befugnissen sowie einem völlig unklaren Haftungsumfang nicht (mehr) zur Verfügung. 

Update: Auch das Handelsblatt berichtet inzwischen über den Anlegerbeirat bei der OneGroup GmbH und den Hintergründen. 

https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/one-group-eklat-im-beirat-der-soravia-fonds-anlegerschuetzer-verlassen-die-gremien/100034610.html

3. AnlegerInnen sind nicht rechtlos - Jetzt individuelle Ansprüche auf Schadensersatz prüfen lassen

Das Hauptproblem liegt darin, dass die AnlegerInnen nachrangige Schuldverschreibungen gezeichnet/begeben haben. Solche Investments sind im Grunde mit der höchsten Risikokategorie zu bewerten: Sie werden erst dann bedient, wenn alle anderen Gläubiger bedient wurden und man hat grundsätzlich keinerlei Anspruch auf irgendwelche Informationen. Selbst ein Kommanditist bei einer geschlossenen Beteiligung hat mehr Rechte. Das steht auch so im Prospekt

ABER: Die Bedingungen der nachrangigen Schuldverschreibungen gelten unmittelbar zwischen der Fondsgesellschaft und dem Anleger. Wenn die dortigen Regeln nicht beachtet wurden, kann sich daraus ein direkter Schadensersatzanspruch gegen die Fondsgesellschaft/Emittentin ergeben. Das schöne an diesem Anspruch ist, dass dieser möglicherweise nicht einmal nachrangig ist. Sollte sich nämlich bei der individuellen Prüfung herausstellen, dass die Bedingungen für die Namensschuldverschreibungen im konkreten Fall nicht eingehalten werden sollten und/oder konnten, stünde dem Anleger ein Rückabwicklungsanspruch zu. 

4. Kann man die Schuldverschreibungen außerordentlich kündigen? 

Die Schuldverschreibungen sind vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit nicht ordentlich kündbar. Vielfach bin ich gefragt worden, ob man die Schuldverschreibungen außerordentlich kündigen könnte. Dabei ist aber schon unklar, ob ein ausreichender Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Darüber kann man sich lange streiten. Die bisherige Informationspolitik der Fondsgesellschaften allein dürfte hierfür m.E. nicht ausreichen. 

Sollte sich aber bei der oben genannten individuellen Prüfung herausstellen, dass die Bedingungen der Schuldverschreibungen nicht eingehalten werden sollten oder nie eingehalten werden konnten, könnte sich daraus ein Recht für eine außerordentliche Kündigung ergeben. 

5. Was sollten AnlegerInnen jetzt tun? 

Von den Fondsgesellschaften ist nach meiner Einschätzung nicht mehr viel an Informationen zu erwarten. Hieß es noch im Januar, dass bis Ende März das Ergebnis der Portfolio-Analyse vorliegen sollte, haben die AnlegerInnen bis jetzt nur erfahren, dass es zu einem "überwiegenden Verlust" des Anlagebetrages kommen wird. Die vor über einem Monat in Aussicht gestellte Wahl hat bisher nicht stattgefunden, die Grundlagen für die Tätigkeit sind völlig unklar. Auch einen genaueren Prüfbericht zum Ergebnis der Portfolio-Analyse haben die AnlegerInnen bis heute nicht erhalten. Wenn das die Vorstellung der Emittentinnen von einem transparenten Umfang der Informationen ist, dann gehen die Meinungen sehr weit auseinander. 

AnlegerInnen sollten daher ihre Ansprüche nun selbst in die Hand nehmen. Dabei geben die Bedingungen der nachrangigen Schuldverschreibungen genügend Anhaltspunkte dafür, was konkret zu tun ist und wie die Ansprüche dann durchzusetzen sind. Entsprechende individuelle Auskunftsansprüche habe ich auch bereits geltend gemacht. Eine Reaktion hierzu steht noch aus. 

Wenn Sie wissen wollen, wie Sie aus Ihrer Beteiligung bei der ProReal Europa 9 GmbH und der ProReal Europa 10 GmbH individuelle Ansprüche ableiten können, um diese unbefriedigende Hängepartie und Informationspolitik zu beenden, dann können Sie mich gern im Rahmen einer kostenlosen Erstbewertung ansprechen. Sie können das unten stehende Kontaktformular nutzen, Sie können mich anrufen oder Sie schreiben mir eine mail an marc.gericke@gericke-recht.de


Foto(s): Bild von Alexandr auf Pixabay


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