Bürgergeld SGB II

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Bürgergeld SGB II


Zuständigkeit für Bürgergeld:

Die Bearbeitung der Bürgergeld-Anträge bleibt in der Verantwortung der Jobcenter. Dabei sollen zur Vereinfachung die Informationen, Beratung, Antragstellung, Kommunikation und Abfragen digital zugänglich gemacht werden.

Als Regelbedarfe ergeben sich zum 01.01.2023 folgende Beträge:

-nicht mit Partnern zusammenlebende Erwachsene: 502 €

-mit Partnern zusammenlebende Erwachsene, Erwachsene in besonderer Wohnform (nur SGB XII): 451 €

-Erwachsene in stationären Einrichtungen (nur SGB XII), Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern (nur SGB II): 402 €

-Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre: 420 €

-Kinder von 6 bis unter 14 Jahre: 348 €

-Kinder bis unter 6 Jahre: 318 €


Wesentliche Änderungen:

Fortschreibung der Regelbedarfe 

Die Regelbedarfe sollen künftig die zu erwartende Preisentwicklung insbesondere von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen zeitnaher und damit wirksamer widerspiegeln.

Vermögen

Die Vermögensgrenze liegt ab dem 01.01.2023 bei 40.000 €, jede weitere Person in einem Haushalt darf zusätzlich bis zu 15.000 € haben. Diese Werte gelten jedoch nur im Zuge der Karenzzeit. Nach Ablauf der Karenzzeit darf Schonvermögen in Höhe von 15.000 € pro Person in einer Bedarfsgemeinschaft vorhanden sein. Verfügen einzelne Personen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft über höhere Vermögenswerte, können sie diese anteilig auf ein anderes Mitglied übertragen. Bisher hat sich die Höhe des Schonvermögens am Alter der Leistungsbeziehenden orientiert.

Ein selbstgenutztes Haus  mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern zählt zum Schonvermögen. Bei mehr als vier Haushaltsangehörigen erhöht sich die Fläche für jede weitere Person um 20 Quadratmeter. Zudem können auch größere Häuser oder Wohnungen als Schonvermögen geschützt sein, wenn der Umzug, der Verkauf oder die Beleihung eine besondere Härte wäre.

Freibeträge 

Anlässlich der Einführung des Bürgergeldes werden die Grundabsetzbeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende erhöht, um die Erfahrung zu verstärken, dass sich eine Arbeitsaufnahme auszahlt. Ab 2023 können Schülerinnen und Schüler aus Bürgergeld-Familien erzielte Einkommen aus Minijobs bis zu einem Betrag in Höhe von 520 € im Monat komplett behalten. Gleiches gilt für Einkommen aus Ferienjobs. Unabhängig von der Einkommenshöhe wird es nicht auf Bürgergeld angerechnet.

Die Erhöhung des Freibetrags im Bereich zwischen 520 und 1 000 € auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens steigert den Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze.

Der Freibetrag bei ehrenamtlichen Tätigkeiten wird mit dem Bürgergeld auf 250 € monatlich erhöht.


Kooperationsplan

Zentrales Element der Weiterentwicklung des Eingliederungsprozesses ist eine Neuregelung der Eingliederungsvereinbarung. Diese sieht vor, die Eingliederungsvereinbarung durch einen rechtlich nicht verbindlichen Plan zur Verbesserung der Teilhabe (Kooperationsplan) zu ersetzen und dadurch einen vertrauensvolleren Beratungs- und Integrationsprozess zu ermöglichen. Der Kooperationsplan soll klar und verständlich formuliert werden. Er baut auf einer Potenzialanalyse der Leistungsberechtigten auf, in der nicht nur deren Entwicklungsbedarfe, sondern auch deren individuelle Stärken festgestellt werden. Ziel ist es, bei der Gestaltung der Eingliederungsstrategie sowohl formale Qualifikationen als auch Soft Skills zu berücksichtigen. Der Kooperationsplan beschreibt zur Schaffung von größtmöglicher Transparenz alle entscheidenden gemeinsamen Planungsvorstellungen zur Überwindung beziehungsweise Verringerung von Hilfebedürftigkeit. Der Kooperationsplan dokumentiert die von Integrationsfachkräften und erwerbsfähigen Leistungsbe-rechtigten gemeinsam entwickelte Eingliederungsstrategie einschließlich der erforderlichen Eigenbemühungen sowie der vorgesehenen Maßnahmen zur Unterstützung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im SGB II. Für Leistungsberechtigte gilt mit Erstellung des Kooperationsplans zunächst eine sechsmonatige Vertrauenszeit, in der Leistungsminderungen bei Verletzungen der Mitwirkungspflichten ausgeschlossen sind. Für Konfliktfälle im Zusammenhang mit dem Prozess der Erstellung, Durchführung und Fortschreibung der Inhalte eines Kooperationsplans wird ein Schlichtungsmechanismus geschaffen.

Ganzheitliche Betreuung (Coaching) 

Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bestehen häufig vielfältige individuelle Probleme, die ihre Beschäftigungsfähigkeit grundlegend beeinträchtigen. Diese erfordern eine ganzheitliche Betreuung (Coaching), die die jeweilige Lebenssituation insgesamt in den Blick nimmt und dem Ziel eines grundlegenden Aufbaus (und in der Folge Stabilisierung) der Beschäftigungsfähigkeit dient.

Abschaffung des Vermittlungsvorrangs 

Ziel des Bürgergeld-Gesetzes ist eine dauerhafte Integration in Arbeit, durch die die Hilfebedürftigkeit möglichst weitgehend vermindert beziehungsweise möglichst überwunden wird. Deshalb wird der Vermittlungsvorrang im SGB II abgeschafft - zugunsten einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt im Gleichklang mit der Regelung im SGB III. Bei erwerbfähigen Leistungsberechtigten, die nicht über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügen, wird in der Regel die Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes als eine andere, für eine dauerhafte Eingliederung erforderliche Leistung, angesehen.

Einführung eines Weiterbildungsgeldes, Änderung Verkürzungsgebot

Um Anreize zu schaffen, Geringqualifizierte auf dem herausfordernden Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu unterstützen, erhalten Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung sowohl im SGB II als auch im SGB III einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 150 €, wenn sie zuvor arbeitslos waren oder als Beschäftigte aufstockende Leistungen nach dem SGB II beziehen. Die bestehenden Weiterbildungsprämien für den erfolgreichen Abschluss der Zwischen- und Abschlussprüfung werden entfristet. Um die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluss einer abschlussbezogenen Weiterbildung auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu ermöglichen, deren Eignung und persönliche Verhältnisse eine erfolgreiche Teilnahme nur an einer nicht verkürzten Maßnahme erwarten lassen, soll in begründeten Einzelfällen die Teilnahme auch in nicht verkürzter Form gefördert werden können. Darüber hinaus soll mit dem Verzicht auf das Verkürzungsgebot bei Ausbildungsberufen, die sich aus bundes- oder landesrechtlichen Gründen nicht verkürzen lassen, den Fachkräftebedarfen und guten Beschäftigungschancen in diesen Berufen Rechnung getragen werden.

Einführung eines Bürgergeldbonus 

Es wird ein Bürgergeldbonus für Maßnahmen eingeführt, deren Bedeutung für eine nachhaltige Integration besonders wichtig ist. Menschen, die an Maßnahmen des Kooperationsplans teilnehmen, erhalten einen monatlichen Bonus von 75 €.

Neuregelung der Leistungsminderungen im SGB II 

Für Betroffene unter 25 Jahren sollen gravierende Einschnitte in ihre Lebensbedingungen vermieden sowie das Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt gestärkt werden. Die Neuregelung beinhaltet die folgenden Kernelemente:  Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert. Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Leistungsminderungen sind aufzuheben, wenn sich die Leistungsberechtigten nachträglich glaubhaft bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen oder die Mitwirkungspflicht erfüllen. Die Neuregelung gilt unabhängig vom Alter für alle Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld einheitlich. Für Rückforderung wird generell eine Bagatellgrenze von 50 € festgehalten. Darunter kann die Behörde zur Vermeidung des bürokratischen Aufwandes davon absehen.

Abschaffung der Pflicht zur Inanspruchnahme vorzeitiger Renten wegen Alters 

Leistungsberechtigte Personen sind grundsätzlich verpflichtet, andere Sozialleistungen zu beantragen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Zu dieser Pflicht gehört bislang auch die Inanspruchnahme von Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Mit der vorgesehenen Regelung entfällt die Pflicht zur Inanspruchnahme vorzeitiger Renten wegen Alters auch nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Damit werden ältere erwerbsfähige Personen künftig nicht mehr durch Verweisung in die Rente wegen Alters dem Arbeitsmarkt entzogen. Die Regelung ist befristet bis zum 31. Dezember 2026 und soll evaluiert werden.

Erreichbarkeit 

Anlässlich der Einführung des Bürgergeldes wird auch das Erreichbarkeitsrecht neu geordnet und dabei modernisiert. Die Anforderungen an die Erreichbarkeit Leistungsberechtigter werden an die Möglichkeiten moderner Kommunikation angepasst. Regelungen, die keinen vorteilhaften Einfluss auf die Eingliederung haben, wie die Pflicht, werktäglich Briefpost persönlich zur Kenntnis nehmen zu können, werden abgeschafft. Der Katalog wichtiger Gründe für eine Abwesenheit wird erweitert.

Weitere Vereinfachungen und Entlastungen 

Umgestaltung der Freistellung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten von monatlicher auf kalenderjährliche Berücksichtigung; Einführung einer sogenannten Bagatellgrenze bei Rückforderungen; Weitere Anerkennung der Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen bis zu 12 Monate nach dem Tod eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft; Berücksichtigung einmaliger Einnahmen grundsätzlich für den Monat, in dem sie zufließen; Freistellung des Mutterschaftsgeldes.


Auch im Bereich des Einkommens werden die Änderungen des SGB II nachvollzogen. Damit werden im SGB XII ebenfalls das Mutterschaftsgeld sowie das Erwerbseinkommen von Schülerinnen und Schülern sowie von Studierenden und Auszubildenden zu einem großen Teil nicht als Einkommen angerechnet. Die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird bis zu einem jährlichen Betrag von 3 000 € von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen. Der Vermögensschonbetrag wird von bisher 5 000 Euro auf 10 000 € erhöht und - wie bereits im SGB II - zusätzlich auch ein angemessenes Kraftfahrzeug von der Vermögensanrechnung freigestellt. Auch die Karenzzeit von zwei Jahren für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung wird im Anschluss an die erleichterten Bedingungen des Sozialschutz-Pakets I festgeschrieben.


Karenzzeit

Das erste Jahr des Bürgergeld-Bezuges gilt als sogenannte Karenzzeit. Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen. Auch selbst genutztes Wohneigentum wird unabhängig von seiner Fläche bei der Prüfung der Bedürftigkeit ausgenommen. Man muss also nicht umziehen, nur weil die Wohnung etwas zu teuer ist.

Im ersten Jahr wird auch Vermögen nicht berücksichtigt, wenn es sich nicht um erhebliche Summen handelt. Die Grenze dafür liegt bei 40.000 €für den Antragsteller sowie 15.000 € für jede weitere Person, die in der Bedarfsgemeinschaft lebt (§ 12 Abs. 3 SGB 2-Entwurf). Ersparnisse bis zu dieser Höhe müssen also nicht aufgebraucht werden und es wird trotzdem Bürgergeld gezahlt.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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