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Bußgeld in der EU – wie wird es vollstreckt?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Im Ausland bei Rot über die Ampel gefahren, zu schnell gewesen oder falsch geparkt. Das und Ähnliches kann einen zu Hause einholen. Wie das funktioniert, zeigt folgender Artikel.

Mit Beginn der Sommerferien zieht es viele Familien wieder ins Ausland. Das eigene Auto ist dabei nach wie vor das beliebteste Reiseverkehrsmittel der Deutschen. Neben schönen Urlaubserinnerungen sammelt man mitunter aufgrund einer begangenen Ordnungswidrigkeit auch das ein oder andere Knöllchen. Die Zeiten, in denen ein Verkehrsverstoß im EU-Ausland nach der Rückkehr folgenlos blieb, sind schon länger vorbei. Schließlich finden sich auch im Ausland immer mehr Blitzgeräte, nicht nur um der Verkehrssicherheit willen, sondern auch, um leere Kassen zu füllen.

EU-weite Vollstreckung ist seit Oktober 2010 geregelt

In Deutschland sorgt seit Oktober 2010 ausschließlich das Bundesamt für Justiz (BfJ) dafür, dass Geldbußen und -strafen aus anderen Mitgliedstaaten der EU eingefordert werden. Ein Führerscheinentzug oder Punkte in Flensburg sind hierüber aber nicht möglich. Damit der Aufwand sich wegen der Verwaltungskosten lohnt, sind nur Beträge von mehr als 70 Euro grenzüberschreitend vollstreckbar. Der Gesamtbetrag setzt sich allerdings aus Bußgeld, Verfahrenskosten sowie eventuellen Mahngebühren und Entschädigungen zusammen. Der bloße Blick auf das Bußgeld sagt somit nichts über eine drohende Ahndung aus. Ein entsprechendes Abkommen gab es zuvor nur mit Österreich. Dieses besteht weiter, erlaubt das Eintreiben aber bereits ab 25 Euro. Erhält das BfJ einen ausländischen Bußgeldbescheid prüft es nur dessen formale Zulässigkeit - u. a. ein Betrag von über 70 Euro, vollständige Unterlagen, Möglichkeit zur Äußerung. Der Betroffene muss dann mindestens zwei Wochen Zeit haben, sich zu äußern. Reicht das Mitgeteilte nicht, bewilligt das BfJ den Bescheid. Gegen die Bewilligung ist noch der Einspruch möglich. Ohne Einspruch wird der Bescheid rechtskräftig, anderenfalls entscheidet das Amtsgericht.

An der in Deutschland fehlenden Halterhaftung scheitert häufig die Vollstreckbarkeit, da nach deutschem Recht die persönliche Schuld feststehen muss. Das zeigt sich etwa daran, wenn Halter eines Fahrzeugs etwa eine GmbH, KG oder OHG ist und ein Mitarbeiter geblitzt wurde. In solchen Fällen kann nicht dem Unternehmen das Bußgeld aufs Auge gedrückt werden. Weigert es sich bei der Aufklärung zu helfen, kann allenfalls die Auflage zum Führen eines Fahrtenbuchs drohen.

In Ländern wie Frankreich, Österreich und Italien haftet dagegen der Halter - auch wenn er nicht hinterm Steuer saß. Die Regel, keine Strafe, weil Halter ungleich Fahrer, hilft den dortigen Bürgern nicht. Das BfJ muss solche Gesuche ablehnen, wenn eine Aussagemöglichkeit im Ausland fehlte. Bewilligt es sie dennoch, sollte man Einspruch wegen Unzulässigkeit einlegen. Bestand allerdings im Ausland eine Äußerungsmöglichkeit, muss man nachweisen, dass diese erfolglos blieb. Das Geld fließt übrigens in die deutsche Staatskasse - Verstöße anderer Unionsbürger in Deutschland kommen ihrem Herkunftsland zugute. Wer übrigens mit dem Mietwagen unterwegs war, dem bucht der Vermieter das Bußgeld in der Regel direkt von der Kreditkarte ab.

Vorsicht beim erneuten Auslandsaufenthalt

Bei Nichtzahlung und erneutem Aufenthalt im Ausland droht Ärger. Das gilt auch im Falle eines dort verhängten Fahrverbots. Denn eine Strafe kann auch noch Jahre später vollstreckt werden. In Italien verjährt ein Verstoß erst fünf Jahre nach der rechtskräftigen Entscheidung. Nichtgezahlte Bußgelder erhöhen sich. Auch die Beschlagnahme des Fahrzeugs ist möglich. In Frankreich verjährt ein Verkehrsvergehen je nach Schwere in drei bis fünf Jahren, in Belgien in eins bis fünf Jahren, in den Niederlanden in 32 Monaten.

Ab 2013 ermöglicht EUCARIS-Datenbank den internationalen Abruf von Halterinformationen

Ab 2013 soll aufgrund einer EU-Richtlinie die Bearbeitung weiter vereinfacht werden. Ermöglichen soll das die europäische Datenbank über Fahrzeuge und Führerscheine „EUCARIS". Ausländische Gerichten und Behörden erhalten über sie Zugriff auf die Halterdaten anderer Länder. Das Verfahren ist aber nur bei bestimmten Delikten wie Geschwindigkeits-, Rotlicht- und Alkoholverstößen zulässig.

(GUE)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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