Und wieder bzw. immer noch: Corona, Reise und Rücktritt Türkei als Hochrisikogebiet mit Wirkung zum 17.8.2021 0:00 Uhr

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I. Rücktritt aus pandemie-bedingten Gründen 

Vorab sei angemerkt, dass viele Reiseanbieter und -veranstalter aus den zurückliegenden pandemiebedingten Maßnahmen seitens der Politik sowie aus den damit verbundenen finanziellen Auswirkungen gelernt haben und ihre Konsequenzen daraus ziehen. Auch die einschlägige Rechtsprechung ist insoweit umfangreicher geworden und derart gefestigt, dass sie herangezogen werden kann. 

Sollten Sie dennoch bei Ihrem Reiseveranstalter, bei einer Fluggesellschaft oder einer Hotelkette auf Granit beißen, holen Sie sich unbedingt rechtzeitig rechtlichen Rat, um ihre Ansprüche, wie Erstattung des Reisepreises, Minderung des Reisepreises oder Erhalt eines Gutscheins, zu sichern. Leider wird nach wie vor versucht, die Kunden hinzuhalten und in Sicherheit zu wiegen, indem eine zeitnahe Regelung der Angelegenheit in Aussicht gestellt wird. Nur passiert in vielen Fällen erst mal nichts und die Ansprüche drohen zu verjähren. 


Es verhält sich zum Beispiel nach einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt, Urteil vom 14.07.2020, Az.: 32 C 2136/20 so, dass Kunden die Möglichkeit haben, von einer schon gebuchten Pauschalreise ins Ausland kostenfrei zurück zu treten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, aussergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. 


Bei offiziellen Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes hatte die Rechtsprechung bisher immer entschieden, dass dieser Tatbestand erfüllt ist und zwar bei allen touristischen Reisen ins Ausland, die nun unmittelbar bevorstehen.

Kostenlose Reiserücktritte sind also möglich, wenn eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für die entsprechende Region besteht.  Diese Reisewarnungen werden regelmäßig aktualisiert und können im Internet aufgerufen werden. Auch, wenn ein Rücktritt von Reisen nicht für alle Gebiete kostenlos möglich ist, da nicht für alle Gebiete eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt, so ist weiter zu prüfen, ob sich der Reisende nicht auf höhere Gewalt berufen und deshalb den Reisevertrag nach § 651h BGB kostenfrei kündigen kann. 

Sehr aktuell ist derzeit auch die Frage, wie ich mich bei einer Quarantäne im Reiseland zu verhalten habe und ob auch dann ein kostenfreier Rücktritt möglich ist. Um es kurz zu machen, gilt das oben Gesagte und man kann die Frage mit einem klaren Ja beantworten. Sie müssen keine Reise antreten in der Gewissheit, im Reiseland eine Quarantäne antreten zu müssen. Gleiches gilt auch bei Grenzschließungen, was sich von selbst versteht. 

Ob ein kostenfreier Rücktritt nach der Rückkehr aus der Türkei, das ab dem 17.08.2021, 0:00 Uhr, vom Auswärtigen Amt als Hochrisikogebiet erklärt würden ist, zu einem kostenfreien Rücktritt berechtigt, wird unterschiedlich gesehen. Einige vertreten die Auffassung, dass ein kostenfreier Rücktritt eher nicht möglich  sei, da der Reiseveranstalter die Reise ggfls. vertragsgemäß erbringen kann und / oder mit Corona-Schutz-  und Verhaltensmassnahmen anbieten kann. Diese Auffassung wird zudem damit begründet, dass man nach mehr als 1 1/2 Jahren Corona nicht mehr von aussergwöhnlichen Umständen sprechen könne, sondern, dass ein < Grund- bzw. allgemeines Lebensrisiko > vorliegen würde. Gegen diese Rechtsauffassung spricht, dass der Reisende während der Quarantänezeit keinen Lohn erhält. Denn der Lohnfortzahlungsanspruch eines Arbeitnehmers, der sich wissentlich in ein Land begibt, das eine mögliche Quarantäne zur Folge haben kann, entfällt gemäß § 616 BGB, da der AN die vorübergehende Verhinderung verschuldet hat

Hier muß man den jeweiligen Einzelfall sehr genau unter die Lupe nehmen oder frei nach Loriot "man muß schon sehr genau hinschauen". 


Sind Sie bereits auf Reisen und Sie möchten diese z.B. nur aus Angst vor einem Grassieren des Virus oder einer Ansteckung abbrechen, ohne dass Ihnen das Auswärtige Amt den Rücken stärkt oder sonst keine anderen aussergewöhnlichen Umstände im Sinne der gesetzlichen Regelung eingetreten sind, bleiben Sie in der Regel auf den Reisekosten sitzen. Ein mulmiges Gefühl allein reicht nicht aus. 

Brechen Sie jedoch eine Reise aus den eingangs genannten Gründen ab, stehen Ihre Chancen deutlich besser, zumindest den anteiligen Reisepreis erstattet zu bekommen. 


Schließlich muß man wissen, dass man für die pandemie-bedingten Rücktritte keine Reiseversicherung abgeschlossen haben muss. In klar gelagerten Fällen erhalten Sie den vollen Reisepreiserstattet oder erhalten ( nur ) auf Wunsch einen entsprechenden Gutschein, ohne dass der Reiseveranstalter z.B. Einbehalte für bestimmte oder unbestimmte Aufwendungen vornehmen kann. ##


Einfach ist die Entscheidung, wenn Sie einen Fles-Tarif beim Reiseveranstalter gebucht haben. Dann brauchen Sie nicht zurück zu treten, sondern Sie können stornieren.


II. Minderung des Reisepreises aus pandemie-bedingten Gründen

Bei erheblichen Mängeln einer Pauschalreise ist auch eine Reisepreisminderung möglich. 

Es gibt unterschiedliche Entscheidungen, so soll Kontakt mit einem an Corona infinzierten Hotelmitarbeiter keinen Mangel darstellen  ( so AG Hannover, Urteil vom 12.04.2021, A.Z.: 570 C 12045/20 ),

während das AG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 26.02.2021 - 37 C 414/20 zu der Feststellung kommt, dass < bereits die Notwendigkeit, andere Menschen im Urlaub vorrangig nicht mehr als mögliche Kommunikationspartner anzusehen zu haben, sondern sie auf die Möglichkeit ihrer Infektiösität reduzieren zu müssen und daher unter Hintanstellung menschlicher GRundbedürfnisse Kontaktreduzierung betreiben zu müssen, eine erhebliche psychische Beeinträchtigung darstellt, die die Erholungswirkung eines Urlaubs regelmäßig beeinträchtigen wird >. 


Gerne berate ich Sie, bei Ihrer Entscheidung eine Reise zu stornieren, von ihr zurückzutreten oder zu prüfen, ob die Reiserücktrittsversicherung zahlt, aber auch bei anderen Fragen aus dem Reiserecht.


Manuela Schwennen

Rechtsanwältin

Foto(s): Manuela Schwennen


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