Der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer im Corona-Jahr

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Seit März 2020 hat die Corona-Pandemie die Welt fest im Griff und Reiseeinschränkungen, Reiseverbote und Reisewarnungen sind an der Tagesordnung.

Arbeitnehmer müssen Urlaubsreisen absagen oder verschieben.

Viele Arbeitnehmer treten deshalb von dem vom Arbeitgeber bewilligten Erholungsurlaub zurück oder verschieben diesen.

Arbeitnehmer haben zunächst keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber bereits gewährten Urlaub zu stornieren, weil eine Urlaubsreise storniert wurde.

Nur dann, wenn der Arbeitgeber mit der Rückgabe von bereits bewilligtem Urlaub einverstanden ist, können Urlaube auf später verlegt werden.

Der Arbeitgeber hat dabei aber entsprechend dem Gleichheitsgrundsatz alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln und muss dann, wenn er einem Arbeitnehmer die Verlegung des Urlaubs ermöglicht, dies bei allen anderen genauso handhaben.

Arbeitgeber hingegen wollen zum Jahresende vorhandenen Urlaub der Arbeitnehmer möglichst schnell abgebaut wissen, damit die Arbeitnehmer dann verfügbar sind, wenn die Corona-Pandemie vorüber ist.

Die Arbeitnehmer möchten jedoch den Urlaub am liebsten aufsparen für die Zeit, wenn die Corona-Pandemie vorüber ist und wieder geurlaubt werden kann.

Da die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier gegenläufig sind, hilft ein Blick auf die Rechtslage.

Aus § 7 Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes ergibt sich, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen muss und der Arbeitgeber diesen im laufenden Jahr gewähren muss.

Der Arbeitgeber kann jedoch aus dringenden betrieblichen Gründen vom Arbeitnehmer verlangen, dass er den Resturlaub aus dem laufenden Jahr in die kommenden ersten drei Monate des Folgejahres überträgt, also bis zum 31.03..

Dringende betriebliche Gründe des Arbeitgebers liegen dann vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Urlaubsgewährung bis zum 31.03.2021 das Interesse des Arbeitnehmers an einer Inanspruchnahme des Urlaubs bis zum 31.12.2020 überwiegen.

Das ist dann gegeben, wenn die Auftragslage zum Jahresende die Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert oder eine besonders arbeitsintensive Zeit bevorsteht, wie das Weihnachtsgeschäft.

Auch dann, wenn es Gründe in der Person des Arbeitnehmers gibt, meistens eine Erkrankung, kann ein Übertrag des Resturlaubs auf das nächste Jahr gerechtfertigt sein.

Auch mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote für Arbeitnehmerinnen für die Zeiten vor und nach der Entbindung sind Gründe, in denen Resturlaubsansprüche übertragen werden.

Die Corona-Pandemie und der Wunsch, Urlaubstage aufzusparen, ist kein solcher persönlicher Grund des Arbeitnehmers.

In allen anderen Fällen muss der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch bis zum 31.12. aufgebracht haben und der Arbeitgeber den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers bis zum 31.12. gestatten.

Doch was passiert, wenn der Urlaub bis zum 31.12. nicht aufgebraucht wurde?

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 06.11.2018 zum Aktenzeichen 10-619/16 entschieden, dass der Resturlaub nicht automatisch zum 31.12. verfällt, sondern der Urlaubsverfall nur dann droht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor ausdrücklich dazu aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen und der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch auch gewährt hätte; außerdem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass andernfalls sein Urlaub verfällt.

So sieht es im Anschluss daran auch das Bundesarbeitsgericht, welches mit Urteil vom 19.02.2019 zum Aktenzeichen 9 AZR 423/16 die Entscheidung des EuGHs bestätigt hat.

Arbeitgeber, die sich im Corona-Jahr einem großen Resturlaubsanspruch der Arbeitnehmer entgegensehen, sollten deshalb nun handeln und die Arbeitnehmer schriftlich auffordern den Resturlaub zu nehmen und auf den ansonsten erfolgenden Urlaubsverfall hinweisen.

Der Wunsch vieler Arbeitnehmer den Urlaub für besser Zeiten – nämlich Corona-freie Zeiten – aufzusparen, in denen wieder Urlaubsreisen durchgeführt werden können, ist nur in Absprache mit dem Arbeitgeber möglich – einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nicht.

Im Grunde widerstrebt dies auch der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, denn der Urlaubsanspruch dient der Erholung des Arbeitgebers in regelmäßigen Phasen; ein Arbeitgeber der dem gesetzlichen Erholungszweck aus § 7 Absatz 3 Satz 1 BurlG zuwider mit dem Arbeitnehmer vereinbart, das Urlaub über eine lange Zeit nicht genommen wird, gefährdet deshalb die Gesundheit des Arbeitnehmers und verstößt damit gegen seine Fürsorgepflicht.

Dem Erholungszweck, der durch die Urlaubsgewährung erreicht werden soll, steht dabei weder die eingeschränkte Reisemöglichkeit der Arbeitnehmer noch das Interesse für weitere Kita-/ Schulschließungen Urlaubstage aufzusparen, entgegen.

Urlaubsansprüche bezüglich des Jahres 2020 können somit ohne die Zustimmung des Arbeitgebers nicht in das Jahr 2021 aufgespart werden.

Foto(s): kanzlei JURA.CC

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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