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Deutsche Bahn muss auf jedem Bahnhof auf Verspätungen hinweisen

  • 3 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

[image]Experten zufolge sollen die Verspätungen im Fernverkehr der Deutschen Bahn im vergangenen Jahr insgesamt 3,79 Millionen Minuten betragen haben. Zudem war bei einem Ende letzten Jahres vorgenommenen Vergleich der statistischen Werte von 2004 und 2013 von insgesamt 30 Prozent mehr Verspätungen die Rede. Keine Frage: Verspätungen gehören zu den größten Frustrationsquellen im Fern- und Nahverkehr.

Wenn eine Anzeigetafel Luxus ist

Doch wie so oft ist auch hier die Ärger-Skala „nach oben offen“. Wer schon einmal erst durch das Ausbleiben der lange erwarteten Bahn von einer unliebsamen Verspätung oder einem Zugausfall erfahren hat, kann hiervon mit Sicherheit ein Lied singen. So mancher mag nun den Einwand äußern, dass derartige DB-Pannen eher die Ausnahme denn die Regel bilden. Doch das Gegenteil ist der Fall: Für zahlreiche Bahn-Kunden ist ein derartiger „Non-Service“ tagtäglich Usus. Frustrierend, aber wahr: Nicht jeder Bahnhof weist durch eine Anzeigetafel oder ähnliche Einrichtungen auf eine zu erwartende Verspätung oder einen Ausfall hin. Diesbezüglich ist mit Sicherheit bereits so mancher Schwur geäußert worden, auf die Produkte des Konzerns nur noch im absoluten Notfall zurückzugreifen.

Wer häufig gezwungenermaßen kleinere Bahnhöfe und Haltepunkte frequentiert – denn gerade hier setzt die Bahn erfahrungsgemäß mit Vorliebe den Rotstift an –, mag sich sicher seit Langem eine Art Machtwort gewünscht haben, das ihn zumindest ein Stück weit aus der Servicewüste führt. In der Form eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 09.09.2015 (Az.: 6 C 28.14) dürfte das Warten in Ungewissheit jetzt allerdings bald ein Ende haben.

Die DB unterhält zahlreiche „blinde Bahnhöfe“

Bereits 2010 hatte das staatliche Eisenbahn-Bundesamt ermittelt, dass an etlichen Bahnhöfen Informationseinrichtungen fehlen, denen Fahrgäste Informationen über etwaige Zugverspätungen oder Ausfälle entnehmen können. Postwendend wurde die DB Station & Service AG verpflichtet, sämtliche „blinden Bahnhöfe“ mit dynamischen Schriftanzeigern zu Informationszwecken zu bestücken. Hierbei sollte das Verkehrsunternehmen bei den meistfrequentierten „technisch nicht ausreichend ausgestatteten Haltestellen“ zuerst einschreiten.

50.000 Euro pro Bahnhof zu teuer

Ausschlaggebend für besagte Anweisung war die durch die EU verordnete Fahrgastrechte-Verordnung. Der Verkehrsgigant ließ sich hiervon jedoch nicht beeindrucken und klagte – mit der schlichten Argumentation, dass eine derartige Auflage schlicht unwirtschaftlich sei. Schließlich seien die im Zeichen der Sparflamme geführten Haltestellen durchgängig nur spärlich frequentiert. Die rund 50.000 Euro, die das Unternehmen jeweils aufbringen müsse, um jeden „blinden Bahnhof“ technisch adäquat auszustatten, stünden hierzu in keinem Verhältnis.

Selbige Argumentation stieß gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jedoch auf taube Ohren. Denn die Verpflichtung der Bahn zur „aktiven Informationspflicht“, die sich aus der Fahrgastrechte-Verordnung ergebe, wiege auf jeden Fall schwerer und sei zudem nicht an die lokal zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten gebunden. Eine ausschließliche Bereitstellung von Fahrgastinformationen auf Anfrage genüge zudem auf keinen Fall. Die Klage der Bahn wurde somit auch in letzter Instanz abgewiesen. Zuvor hatte das Unternehmen vor dem Verwaltungsgericht Köln und dem Oberverwaltungsgericht Münster Schiffbruch erlitten. Der Großkonzern wird sich nun wohl oder übel beugen müssen.

Zeit für ein Umdenken bei der DB?

Für all diejenigen, die die karge DB-Servicelandschaft in ihrer ganzen Härte zu spüren bekommen, dürfte es somit endlich Grund zum Aufatmen geben. Die Wurzel des Verspätungs-Übels wird dies zugestandenermaßen nicht tangieren. Dennoch ist zu hoffen, dass hier ein Urteil mit Signalwirkung ausgesprochen worden ist, das den Konzern auf lange Hinsicht dazu bewegt, auch andere Herausforderungen zu priorisieren als sich „schlank zu sparen“.

(BVerwG Leipzig, OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.09.2015, Az.: 6 C 28.14)

(JSC)

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