Die Folgen von Straftaten für Opfer und wie der anwaltliche Opfer-Beistand helfen kann

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I.) Verletzungen von Körper und Seele sowie Reaktionen Dritter

Als Verbrechensopfer wird in der sogenannten Viktimologie jede Person bezeichnet, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten hat, wobei darunter auch mittelbare Opfer wie etwa Angehörige erfasst werden.

Die unmittelbar aus der Straftat resultierenden Konsequenzen (sogenannte Primär-Viktimisierung) sind häufig offensichtlich und zeigen sich in mehr oder weniger schweren physischen Verletzungen. Diese können bei erfolgreicher Heilbehandlung und positivem Genesungsprozess von nur beschränkter Dauer sein oder das Opfer auch auf Dauer zeichnen.

Daneben können viele Opfer von Gewaltverbrechen oft ein Leben lang die Tat psychisch nicht verarbeiten. Zum Teil gar zwanghaft sind die Erinnerungen an die erlittene Tat und zugleich groß ist die Angst vor einer erneuten Viktimisierung. Nicht selten erwachsen hieraus auch Änderungen des Sozialverhaltens. Besonders häufig ist Derartiges festzustellen bei älteren Menschen und psychisch vorgeschädigten Personen, die Verbrechensopfer wurden. Aber auch Opfer von Einbruchsdiebstählen klagen wegen einer als tiefgreifend empfundenen Verletzung der Privatsphäre und dem Verlust an Sicherheit vermehrt über erhebliche Auswirkungen, vor allem über Schlafstörungen, Alpträume, Unruhe und Angstzustände.

Neben diesen unmittelbaren Tatfolgen haben aber auch Reaktionen Dritter auf die Straftat eine Wirkung, die die nachteiligen Folgen für das Opfer noch verstärken können (sogenannte Sekundär-Viktimisierung).

Dies ist beispielsweise bei fehlendem Rückhalt durch Personen des sozialen Nahraums festzustellen, wenn also Familienangehörige oder Freunde dem Opfer mit Unverständnis oder gar Misstrauen begegnen, statt sie in der Verarbeitung durch „ein offenes Ohr“ und Zuspruch zu unterstützen.

Die Vernehmungen des Opfers durch Polizei und Staatsanwaltschaft im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sind zur Aufklärung des Sachverhalts unabdingbar. Sie veranlassen Betroffene aber zugleich dazu, sich fremden Ermittlungspersonen zu öffnen und das Erlebte in Form eines Tatsachenberichts Revue passieren zu lassen. Die spätere Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung mit zum Teil sehr intensiver bis gar aggressiver Vernehmung des Opfer-Zeugen durch die Verteidigung des Beschuldigten aktualisiert die unter Umständen zu diesem Zeitpunkt schon verblasste oder auch bewusst verdrängte Erinnerung an die Straftat und lässt seelische Wunden wieder aufreißen.

Oft geht damit gerade bei spektakulären und für die Presse interessanten Strafverfahren eine mediale Berichterstattung einher, welche das Opfer meist ungewollt in die Öffentlichkeit zieht und Bekannte, Nachbarn oder Arbeitskollegen über vermeintliche Umstände der Tat informieren, die nicht stets der ganzen Wahrheit entsprechen müssen.


II.) Wie kann ein Rechtsanwalt als Opfer-Beistand helfen?

Zunächst einmal kann der Jurist für das Opfer und nach dessen Angaben eine fundierte Strafanzeige inklusive rechtlicher Würding erstatten und damit die Ermittlungen zum Laufen bringen, sofern die Strafverfolgungsbehörden nicht bereits tätig geworden sind. Insofern sei exemplarisch auf unseren gesonderten Beitrag "Erstattung einer Strafanzeige nach einer folgenschweren Schlägerei" verwiesen.

Gegen die unmittelbaren körperlichen und psychischen Folgen einer Straftat kann freilich ein Rechtsanwalt nichts ausrichten. Dies ist vorrangig Aufgabe der untersuchenden Ärzte und/oder Psychologen oder Psychotherapeuten.

Der anwaltliche Opfer-Beistand kann aber versuchen, Kontakte zu geeigneten Beratern zu Zwecken der Heilbehandlung zu vermitteln. Auch verfügen erfahrene Opfer-Anwälte häufig über Kontakte zu einschlägigen Opfer-Hilfe-Organisationen, die nutzbar gemacht werden können.

Vor allem setzt sich ein aktiver Rechtsanwalt als Opfer-Beistand aber dafür ein, dass die oben beschriebene Sekundär-Viktimisierung durch juristische Institutionen und die Presse möglichst unterbleibt:

Ein probates Mittel ist der in vielen Fällen mögliche Beitritt des Opfers im Strafverfahren gegen den Beschuldigten als Nebenkläger. Zu einem frühen Zeitpunkt beantragt, muss das Opfer nicht alleine zu polizeilichen Befragungen gehen und die Hauptverhandlung vor Gericht durchstehen. Vielmehr geschieht dies im Beisein des selbst gewählten Anwalts des Vertrauens, der dafür Sorge trägt, dass sich der/die Befragte nicht wie ein Beschuldigter fühlen muss. Die Rechte des Opfers wachsen dadurch erheblich an (z.B. umfassende Informationsrechte, eigene Antragsrechte) und statt einer lediglich passiven Zeugen-Rolle wird eine aktive Verfahrensrolle eingenommen. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie in unseren gesonderten Beiträgen "Die Nebenklage des Opfers im Strafverfahren gegen den Täter" und "Die Nebenklage Hinterbliebener von Getöteten im Strafverfahren gegen den Täter".

Wenn ein Opfer für seine Verletzungsfolgen Schadensersatz gegen den Täter geltend machen will, kann der Anwalt durch einen gesonderten Adhäsionsantrag dafür sorgen, dass über die Forderungen noch in dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten vom Strafgericht entschieden wird und somit häufig eine gesonderte und zeitraubende Geltendmachung auf dem Zivilrechtsweg mit dann erneutem „Wunden-Aufreißen“ vermieden wird.

Die Presse wiederum kann durch gezielte und mit den Mandanten abgestimmte Presse-Erklärungen zufriedengestellt werden, wodurch die Betroffenen in einer für sie ohnehin meist höchst belastenden Phase ihres Lebens nicht noch zusätzlichen Druck abbekommen. Abgesehen davon kann auf diese Weise vermieden werden, dass es zu Übertragungsfehlern kommt und Stellungnahmen falsch wiedergegeben werden.

Das Mitwirken eines kompetenten Rechtsanwalts auf der Opfer-Seite bezweckt somit aus unserer Seite insbesondere, die Rechte der verletzten Person bestmöglich zu wahren und ihr eine Position zu verleihen, die ihr gerecht wird.


Dr. Sven Hufnagel

Dr. Sven Hufnagel und Claudia Hufnagel unterstützen von ihrem Kanzlei-Sitz in Aschaffenburg aus regelmäßig im gesamten Bundesgebiet Opfer von Straftaten und bemühen sich darum, deren Belastungen auf ein erträgliches Minimum zu reduzieren. 

Detailliertere Informationen vermitteln wir auf unserer Kanzlei-Homepage unter www.anwalt-strafrecht.com/nebenklage-opfer-anwalt-bundesweit.



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