Die verhaltensbedingte Kündigung

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Zuspätkommen, Minusstunden oder unentschuldigtes Fehlen. All dies kann einen Kündigungsgrund im  Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung darstellen.

Die verhaltensbedingte Kündigung bezieht sich grundsätzlich auf ein steuerbares Verhalten, das vom Willen des Arbeitnehmers beeinflusst ist. In der Regel handelt es sich hierbei um ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers, allerdings kann auch schuldloses Verhalten zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen. Dies ist dann der Fall, wenn es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, das Vertragsverhältnis, zum Beispiel aufgrund einer erheblichen Verletzung des Betriebsfriedens, aufrecht zu erhalten.

Pflichtverletzung

Voraussetzung für die Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist zunächst eine Pflichtverletzung. Darunter ist der Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht zu verstehen, wie z.B. das unberechtigte oder unentschuldigte Fehlen am Arbeitsplatz. Allerdings rechtfertigt nicht jede Pflichtverletzung eine Kündigung. Vielmehr sind im Einzelfall Schwere und Dauer des Verstoßes, die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter sowie der Umfang der Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen. Voraussetzung für die Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist darüber hinaus, dass eine Negativprognose für die Zukunft ersichtlich ist. Das heißt, dass davon ausgegangen werden darf, dass sich das pflichtwidrige Verhalten des Arbeitnehmers in Zukunft wiederholen wird.

Bei Vorliegen eines dringenden Tatverdachts zu einer Straftat kann der Kündigungsberechtigte darüber hinaus auf eine Verdachtskündigung zurückgreifen. Insbesondere bei Diebstahl geringwertiger Sachen des Arbeitgebers kann eine Bagatellkündigung in Frage kommen.

Abmahnungserfordernis

Allerdings ist im Rahmen der verhaltensbedingten Kündigung zu berücksichtigen, dass die Kündigung nur das letzte Mittel, das sogenannte ultima-ratio-Mittel, darstellen soll. Dies macht ein vorheriges milderes Mittel seitens des Kündigungsberechtigten erforderlich. Im Regelfall erfolgt dies in Gestalt einer Abmahnung, in der der Arbeitnehmer auf das pflichtverletzende Verhalten und mögliche Folgen dessen hingewiesen wird. Die Kündigung ist dann erst gerechtfertigt, wenn das in der Abmahnung gerügte Verhalten des Arbeitnehmers wiederholt wird. Alternativ kann der Kündigungsberechtigte allerdings auch auf eine Änderungskündigung, also eine Weiterbeschäftigung unter veränderten Arbeitsbedingungen, oder eine Versetzung des Mitarbeiters in eine andere Abteilung des Unternehmens zurückgreifen.

Wann ist ausnahmsweise keine Abmahnung erforderlich?

Die Abmahnung ist entbehrlich, soweit eine besondere Schwere der Pflichtverletzung vorliegt. Insbesondere bei Vertrauensschäden oder bei Ankündigung weiterer Pflichtverletzungen kann das Abmahnerfordernis entfallen.

Kündigungsfrist

Im Rahmen der verhaltensbedingten, ordentlichen Kündigung sind die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB einzuhalten, sofern keine andere Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag vereinbart ist oder sich eine solche aus einem auf das konkrete Arbeitsverhältnis Anwendung findenden Tarifvertrag ergibt. Nach § 622 Abs. 2 BGB verlängern sich die gesetzlichen Kündigungsfristen mit zunehmender Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. So beginnt die Dauer der Kündigungsfrist mit 2 Wochen für die Dauer einer etwaig vereinbarten Probezeit und beträgt höchstens 7 Monate zum Ende des Monats, sofern das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden hat. Zu berücksichtigen sind ebenfalls die Formalitäten nach § 623 BGB, nach denen die Schriftform einer Kündigung vorausgesetzt wird.

Außerordentliche Kündigung

Sobald ein verhaltensbedingtes, dringendes Beendigungsinteresse seitens des Kündigungsberechtigten vorliegt, kann auch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB in Frage kommen. Nach § 626 Abs. 1 BGB  ist dafür ein besonders wichtiger Grund erforderlich, der vor allem die vollständige und sichere Kenntnis des Kündigungsberechtigten oder des Vertreters voraussetzt. Von einem besonders wichtigen Grund ist auszugehen, wenn eine Abmahnung aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich ist und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Darüber hinaus kann die ordentliche Kündigung auch als vertraglich vereinbarte Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen sein. Nach § 626 Abs. 2 BGB beträgt die Frist für die Ausübung der außerordentlichen Kündigung 2 Wochen, beginnend ab dem Zeitpunkt, ab dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Bei Dauertatbeständen beginnt die Frist ab dem letzten Vorfall. Das Nennen des Kündigungsgrundes innerhalb der Kündigung ist nicht erforderlich, allerdings hat der Kündigende nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB, dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Im Rahmen der außerordentlichen Kündigung ist nach § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG ebenso eine Anhörung des Betriebsrates erforderlich, dessen Entscheidung spätestens binnen 3 Tagen schriftlich mitzuteilen ist.

Kündigungsschutzklage

Bei Erhalt einer Kündigung ist es unerlässlich, sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden.

Kündigungsschutz besteht bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 6 Monaten und mehr als 5 bzw., wenn das Arbeitsverhältnis nach dem 01.01.2004 begann, mehr als 10 Arbeitnehmern im Betrieb. Zu beachten ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die verhaltensbezogenen Kündigungsgründe nach § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der Arbeitgeber trägt.

Gegebenenfalls ist es seitens des Arbeitnehmers sinnvoll eine Kündigungsschutzklage einzureichen, um eine nach § 159 Abs. 3 SGB drohende Sperrzeit bei dem Bezug von Arbeitslosengeldes von bis zu 12 Wochen zu verhindern. Die Frist für das Einreichen einer solchen Kündigungsschutzklage beträgt 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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