Einstweilige Verfügung gegen das Angebot markenverletzender Waren trotz vorangegangenem Widerspruchs

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Zur Pflege einer Marke gehört die Überwachung des Markenregisters, durch die der Markeninhaber frühzeitig Kenntnis von der Anmeldung jüngerer und rechtsverletzender Marken erhält. Der Inhaber der älteren Marke kann nach Eintragung der jüngeren Marke kostengünstig gegen diese Eintragungen im Widerspruchsverfahren vorgehen. Damit ist aber noch nicht klar, ob der Inhaber der jüngere Marke auch schon tatsächlich durch den Vertrieb entsprechend gekennzeichneter Waren (oder Dienstleistungen) gegen die ältere Marke verstößt. In diesen Fällen stellt sich für den Inhaber der älteren Marke die Frage, ob er schon bei Anmeldung der jüngeren Marke einen Unterlassungsanspruch hat. Insbesondere stellt sich aber für den Inhaber der älteren Marke die Frage, ob er auch später noch, wenn er von beginnenden Verletzungshandlungen (beispielsweise auf Messen) erfährt, im Wege der einstweiligen Verfügung seinen Unterlassungsanspruch möglichst schnell durchsetzen kann.

I. Unterlassungsanspruch bei Markenanmeldungen
Der Inhaber der jüngere Marke, der unter Umständen gleich nach Eintragung mit dem Widerspruch konfrontiert wird, wird sich überlegen, ob er mit dem gekennzeichneten Produkt auch sogleich auf den Markt tritt und somit eine Abmahnung oder ein gerichtliches Verfahren provoziert. Hier stellt sich für den Inhaber der älteren Marke die Frage, ob er gleichwohl einen Unterlassungsanspruch durchsetzen kann. Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist entweder eine Wiederholungsgefahr oder eine Erstbegehungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch einen einmal nachgewiesenen Verstoß indiziert, sie ist dann regelmäßig gegeben. Höhere Anforderungen an die Darlegung stellt die Rechtsprechung an das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr. Hierzu muss eine Verletzung ernstlich und unmittelbar bevorstehen (BGH GRUR 2008, 1002 - Schuhpark). Nach der Rechtsprechung des BGH liegen diese Umstände vor, wenn eine rechtsverletzende jüngere Marke angemeldet wird (BGH GRUR 2004, 600 - d-c-fix/CD-Fix), weil die Registrierung eine Gefahr der Benutzung genügend konkret erscheinen lässt. In diesen Fällen könnte der Inhaber der älteren Marke also einen Unterlassungsanspruch, gestützt auf Erstbegehungsgefahr, gegen den Inhaber der jüngeren Marke durchsetzen.

II. Einstweilige Verfügung bei späterer Benutzungsaufnahme?
In den geschilderten Fällen verzichtet der Inhaber der älteren Marke jedoch häufig auf die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs, sondern wartet den Ausgang des Widerspruchsverfahrens ab. Je nachdem, wie lange sich dieses hinzieht, tritt der Inhaber der jüngeren Marke vielfach irgendwann auf den Markt und bietet doch gekennzeichnete Ware an. Dies geschieht häufig zunächst im Rahmen einer Messe. Verständlicherweise möchte der Inhaber der älteren Marke nun möglichst schnell einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Das probate Mittel zur möglichst zügigen Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs ist eine einstweilige Verfügung. Da es sich um einstweiligen Rechtsschutz handelt, ist für den Erlass einer einstweiligen Verfügung die Dringlichkeit der Angelegenheit erforderlich. Hier stellt sich die Frage, ob eine Dringlichkeit noch gegeben ist, wenn der Inhaber der älteren Marke schon längere Zeit wegen der bereits erfolgten Markenanmeldung Kenntnis von den Absichten des Verletzers hat oder ob ihm dies zumindest zuzurechnen ist. Dies würde dann die Dringlichkeit entfallen lassen, so dass eine einstweilige Verfügung nicht mehr erwirkt werden könnte. Nach der Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht führt eine Intensivierung oder Ausweitung der Verletzungshandlung dazu, dass die Dringlichkeit „wiederauflebt" (OLG Frankfurt GRUR 1984, 618; OLG München GRUR-RR 2001, 92). Diese Grundsätze sind auch im Markenrecht anzuwenden. Der Inhaber der jüngeren Marke weitet seine Verletzungshandlung durch das Angebot gekennzeichneter Ware aus. Nachdem zunächst nur eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung vorlag, liegt nun durch die begangenen Verletzungen eine Wiederholungsgefahr vor, der Verletzer hat sozusagen die nächste Eskalationsstufe beschritten und sein Verhalten intensiviert. Für das Wettbewerbsrecht wird ebenfalls vertreten, dass ein Übergang von der Erstbegehungs- zur Wiederholungsgefahr die Dringlichkeit wiederaufleben lässt (OLG München, MittPat 1999, 223). Allerdings vertreten manche Gerichte hier auch die gegenteilige, allerdings abzulehnende Auffassung (OLG Frankfurt WRP 1986, 485).

IV. Fazit
Auch nach einem langwierigen Widerspruchsverfahren hat der Inhaber der älteren Marke die Möglichkeit, im Wege der einstweiligen Verfügung einen schnellen Unterlassungstitel gegen den Inhaber einer jüngeren, rechtsverletzende Marke durchzusetzen, der sich anschickt, von der bloßen Anmeldung der Marke zu tatsächlichen Verletzungshandlungen überzugehen. Gerade bei Messen ist eine einstweilige Verfügung die einzige Möglichkeit, noch während der Veranstaltung das Angebot rechtsverletzender Waren zu unterbinden.

Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz

Schürmann Wolschendorf Dreyer

Uerdinger Str. 62
40474 Düsseldorf

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