Elterngeld - Änderungen ab 01.07.2015

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Elterngeld – was sich ab dem 01. Juli 2015 geändert hat

Elterngeld und Elternzeit/Elterngeld Plus – Neues Teilzeitelterngeld

Tina Kramer arbeitete bis vor der Geburt ihres Sohnes Tom (geb. 20.09.2015) als Erzieherin. Ihr Verdienst betrug 1.800 netto. Ihr Ehemann ist voll berufstätig und hat monatlich auch ein gleichbleibendes Einkommen. Ihr Elterngeldanspruch beträgt unter Zugrundelegung des vorgeburtlichen Einkommens 1.170 (65% von 1.800). Tina Kramer hat von einer Änderung beim Elterngeld gehört und macht sich daher schlau, inwiefern sie die Betreuung ihres Sohnes und ggf. eine Teilzeittätigkeit während des Bezuges von Elterngeld miteinander kombinieren und ob auch ihr Ehemann Elterngeld beziehen kann.

Zum 01.01.2015 wurde das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) für ab Juli 2015 geborene Kinder um das Elterngeld Plus erweitert. Eltern, die während des Elterngeldbezuges in Teilzeit arbeiten, sollen durch das Elterngeld Plus besser gestellt werden als wenn sie während der Teilzeittätigkeit Basiselterngeld beziehen.

Teilzeitarbeitende Eltern waren beim Bezug des Elterngeldes bisher benachteiligt, weil das Einkommen aus der Teilzeittätigkeit zu einem geringeren Elterngeld führte. Die Teilzeittätigkeit reduzierte somit auch die Gesamtsumme des einkommensabhängigen Elterngeldes. Finanziell stand man sich also besser, wenn die Berufstätigkeit nach der Geburt für die Dauer des Elterngeldbezuges vollständig unterbrochen wurde.

Das BEEG zielt mit der Einführung des Elterngeld Plus nun stärker darauf ab, Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Der Gesetzgeber möchte die Phase der unterbrochenen Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehung verkürzen und dadurch insbesondere Mütter zu einer schnelleren Rückkehr in den Beruf motivieren.

Das Elterngeld ersetzt idR. 65% bis 67% des jeweiligen durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommens vor der Geburt bis zu einem Höchstbetrag von € 1.800,00 für volle Monate ohne Erwerbstätigkeit. Bei ganz geringen Einkommen wird bis zu 100% des Einkommens als Elterngeld gezahlt. Einkommensunabhängig besteht ein Anspruch auf ein Mindestelterngeld von jedenfalls monatlich € 300,00.

Bei dem Basiselterngeld kann Elterngeld für die Dauer von 12 Monaten bezogen werden. Mit den Partnerschaftsmonaten sind zwei weitere Monate Elterngeldbezug möglich. Hierfür muss auch der erwerbstätige Vater bei seinem Arbeitgeber Elternzeit anmelden und für zwei Monate Elterngeld beantragen. Meist entscheidet sich der Vater, die ersten beiden Monate oder z.B. den 11. und 12. Monat zur Betreuung zu Hause zu bleiben und in diesen beiden Monaten ebenfalls Elterngeld zu beziehen.

Für Geburten ab 01.07.2015 wird zusätzlich zum Basiselterngeld das Elterngeld Plus eingeführt.

Die Änderung besteht darin, dass aus einem Basiselterngeldmonat zwei Elterngeld Plus-Monate werden. D.h., Eltern erhalten zwar in den Monaten des Elterngeld Plus nur die Hälfte des regulären Elterngeldes, aber die Bezugsdauer des Elterngeldes wird verdoppelt. Wenn in diesen Monaten zusätzlich eine Teilzeittätigkeit ausgeübt wird, was aber nicht sein muss, wird der Anrechnungsbetrag des Verdienstes aus der Teilzeittätigkeit geringer. So kann auf diese Weise der maximale Elterngeldbetrag ausgeschöpft werden, der sich aus dem vor der Geburt erzielten Einkommen ergibt.

Zusätzlich werden Partnerschaftsbonusmonate eingeführt. Hierfür ist Voraussetzung, dass beide Eltern zeitgleich mindestens vier Monate lang zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche arbeiten. Dann können beide Eltern jeweils weitere vier Monate Elterngeld Plus beziehen.

Insgesamt können Paare also statt maximal 12 bzw. 14 Monaten nun 24 bzw. 28 Monate Elterngeld Plus erhalten und bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit im genannten Umfang jeweils weitere vier Monate zusätzlich Elterngeld Plus.

Alleinerziehende können ebenfalls die vier zusätzlichen Partnerschaftsmonate beantragen, wenn sie mindestens vier Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden arbeiten.

Eltern können das Basiselterngeld und das Elterngeld Plus, jeweils ohne oder mit Zuverdienst, miteinander kombinieren und untereinander aufteilen.

Die Entscheidung für Eltern ist nicht leicht, welche Möglichkeit des Elterngeldes gewählt werden sollte und wann der Wiedereinstieg in den Beruf wieder erfolgen soll. Es muss vorausschauend geplant und die zu erwartenden Zahlungen berücksichtigt werden. Es muss aber auch bedacht werden, ob die Betreuungssituation frühzeitig geklärt werden kann, welche persönlichen Auswirkungen auf die individuelle Steuerlast stattfindet als auch müssen die notwendig werdenden Betreuungs- sowie Fahrtkosten bei einer Teilzeittätigkeit in die Berechnung mit einbezogen werden. Nicht zuletzt kann es auch zu Problemen bei der Umsetzung der Teilzeittätigkeiten mit den jeweiligen Arbeitgebern kommen, die möglicherweise eine Teilzeittätigkeit aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen.

Wie die Praxis mit diesen Fragen und Unwägbarkeiten umgeht, wird sich zeigen, wenn sich mehr und mehr Eltern für eine frühzeitige Teilzeittätigkeit entschließen sollten und den Gestaltungsspielraum hinsichtlich Elternzeit, Teilzeit und Elterngeld für sich entdecken.

Die Staatlichen Elterngeldstellen sind gesetzlich zur Auskunft und Beratung hinsichtlich des Elterngeldes verpflichtet, § 14 SGB I. Hier sollte ggf. fachkundige Hilfe eingeholt werden.

Bezogen auf die persönliche Situation von Tina Kramer kommen insofern grundsätzlich mehrere Varianten in Frage:

  1. Frau Kramer entscheidet sich für Basiselterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat. Sie bleibt zu Hause und erhält für den 1. bis 12. Lebensmonat jeweils 1.170 Elterngeld. Da in den ersten beiden Monaten nach der Geburt noch Mutterschaftsleistungen gezahlt werden, wird das Elterngeld effektiv erst ab dem 3. Monat gezahlt (also insgesamt für 10 Monate 11.700).
  2. Frau Kramer arbeitet ab dem 9. Lebensmonat von Tom wieder in Teilzeit. Sie verdient 700 netto. Das Elterngeld berechnet sich aus der Differenz von 1.800 und 700 = 1.100 und hiervon 65% = 715. Vom 1. bis 8. Lebensmonat werden jeweils 1.170 Elterngeld ausgezahlt und ab dem 9. bis 12. Lebensmonat 715. Unter Berücksichtigung von Mutterschaftsleistungen beträgt das gezahlte Elterngeld insgesamt 9.880. Zusammen mit dem Arbeitsverdienst hat Frau Kramer ab dem 9. Lebensmonat monatlich 1.415 zur Verfügung, während sie in Teilzeit arbeitet.
  3. Frau Kramer entscheidet sich für das Basiselterngeld für den 1. bis 8. Lebensmonat und danach für Elterngeld Plus während ihrer Teilzeittätigkeit, in der sie 700 netto verdient. Da ein Basiselterngeldmonat zwei Elterngeld Plus Monate darstellen, erhält Frau Kramer für den 9. bis 16. Lebensmonat Elterngeld Plus ausgezahlt. Das Basiselterngeld beträgt unter Anrechnung der Mutterschaftsleistungen bis zum 8. Lebensmonat bei 1.170 monatlich für effektiv 6 Monate insgesamt 7.020. Ab dem 9. bis 16. Lebensmonat wird als Elterngeld 50% des Basiselterngeldes ausgezahlt, also 585 monatlich. Insgesamt werden unter Anrechnung der Mutterschaftsleistungen bei dieser Variante 11.700 Elterngeld gezahlt. Frau Kramer hat insgesamt mit Arbeitsverdienst 1.285 zur Verfügung.
  4. Der Ehemann von Frau Kramer entscheidet sich, zeitgleich für die ersten beiden Lebensmonate seines Sohnes Elternzeit zu beanspruchen und für die beiden Monate, die er ebenfalls zu Hause die Betreuung übernimmt, Elterngeld zu beantragen.
  5. Dieses beträgt für die beiden Partnermonate 65% seines vorherigen Nettoeinkommens.
  6. Zusätzlich entscheiden sich Frau und Herr Kramer, ab dem 17. Lebensmonat 4 Monate lang beide zeitgleich Teilzeit zu arbeiten. Frau Kramer muss hierfür ihre Arbeitszeit auf 25 bis 30 Stunden wöchentlich erhöhen und Herr Kramer muss seine Arbeitszeit von 40 auf 25 bis 30 Stunden reduzieren. Die Arbeitgeber haben keine Probleme mit dieser Vorgehensweise. Während dieser vier Monate arbeitet das Ehepaar jeweils Teilzeit und bezieht wegen dieser vier Partnerschaftsbonusmonate zusätzlich Elterngeld Plus.

Merke:

Jeder Elterngeldmonat kann verdoppelt werden, wenn in diesen Monaten Elterngeld Plus bezogen wird; der Elterngeldbezug kann damit auf bis zu 28 Monate (inkl. Partnermonate) ausgedehnt werden

Das Elterngeld Plus entspricht in seiner Höhe der Hälfte des Betrages des Basiselterngeldes.

Arbeiten beide Elternteile gleichzeitig in vier aufeinanderfolgenden Monaten in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von 25 bis 30 Stunden, hat jeder Elternteil also vier weitere Monate Anspruch auf Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonusmonate).

Basiselterngeld und Elterngeld Plus können auch miteinander kombiniert werden, wenn z.B. zunächst Basiselterngeld bezogen wird, in dieser Zeit die Betreuung des Kindes stattfindet und anschließend eine Teilzeittätigkeit ausgeübt wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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