Erste Entscheidung zur Anrechnung von Lohnbestandteilen auf den Mindestlohn!

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Es ist wohl die erste Entscheidung zur Anrechnung von Lohnbestandteil auf den gesetzlichen Mindestlohn: Nach Auffassung des Arbeitsgerichtes Berlin – http://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/archiv/20150305.0825.401310.html – dürfen Arbeitgeber ein zusätzlich zum Urlaubsentgelt gezahltes Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen. Auch eine damit verbundene Änderungskündigung, mit der diese Anrechnung erreicht werden sollte, soll unwirksam sein.

Eine Arbeitnehmerin erhielt von ihrer Arbeitgeberin eine Grundvergütung von 6,44 € pro Stunde. Darauf wurden eine Leistungszulage und Schichtzuschläge gezahlt. Auch erhielt sie ein Urlaubsgeld und eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Jahressonderzahlung. Die Arbeitnehmerin erhielt eine Kündigung und gleichzeitig bot man ihr an, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 € bei Wegfall der Leistungszulage, des zusätzlichen Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlung fortzusetzen (so genannte Änderungskündigung).

Das Arbeitsgericht Berlin hielt diese Änderungskündigung für unwirksam. Das Mindestlohngesetz – http://www.gesetze-im-internet.de/milog/ solle unmittelbar für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gelten und diese entlohnen. Urlaubsgeld und Jahressonderzahlungen dienen aber nicht der unmittelbaren Entgeltung der Arbeitsleistung. Daher dürften diese Sonderzahlungen auch nicht bei der Berechnung des Mindestlohnes hinzugezogen werden. Eine Änderungskündigung, mit der diese unzulässige Anrechnung erreicht werden solle, sei unzulässig.

Ich halte dieses Urteil für überzeugend, da es den Gesetzeszweck (Mindestvergütung für die Arbeitsleistung) berücksichtigt und Geltung verschafft. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass sich aus dieser Entscheidung ergibt, dass bei der Berechnung des Mindestlohnes nicht ausschließlich der vereinbarte Stundenlohn ausschlaggebend ist. Sonderzahlungen können sehr wohl bei der Berechnung mit einfließen, wenn sie dem Zweck dienen, die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu entlohnen. Das stets im Einzelfall zu prüfen.

Gegen das Urteil ist die Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.


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