Es gibt Verkehrssicherungspflichten eines Arbeitgebers!

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Zum Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer war bei der Gemeinde angestellt, er durfte, wie andere Mitarbeiter auch, sein privates Fahrzeug während der Dienstzeit auf dem Betriebshof abstellen. Das tat er jeden Morgen um 7:00 Uhr und war dann ganztägig im Außeneinsatz tätig. Am Vorfallstag gab es eine Sturmwarnung, die die Arbeitgeberin nicht weiter beachtet hatte. Auf dem Betriebshof befand sich ein Großmüllbehälter, dieser wurde durch den Sturm gegen den Pkw des Arbeitnehmers geschoben. Der Pkw wurde beschädigt und erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der Arbeitnehmer wendete sich an seine eigene Versicherung und diese zahlte entsprechend der ständigen Rechtsprechung die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert. Der Arbeitnehmer erhielt ca. 1400,00 €.

Die eigene Versicherung des Arbeitnehmers verlangt nun aus übergegangenem Recht aus dem Versicherungsvertrag von der Arbeitgeberin die Rückzahlung dieses Betrages i.H.v. 1400,00 € sowie die Erstattung der Kosten für ein Wettergutachten i.H.v. 47,00 €. Der Arbeitgeber, also die Gemeinde, weigerte sich, zu zahlen, die Versicherung verklagte die Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht.

Die Versicherung hat gewonnen! Nur die Erstattung der Kosten für das Wettergutachten i.H.v. 47,00 €, für die es keine Anspruchsgrundlage gibt, hat die Versicherung nicht erhalten. Die Arbeitgeberin bzw. Gemeinde musste die knapp 1400,00 € an die Versicherung erstatten. Es lag nämlich eine fahrlässige Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor.

Es war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Großmüllbehälter den Pkw des Arbeitnehmers zerstört hatte. Das indiziere die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Dagegen konnte sich die Gemeinde nicht wehren. Sie wäre nach der Sturmwarnung verpflichtet gewesen, das Betriebsgelände abzugehen und die Gefahrenquellen zu beseitigen.

Den Großmüllbehälter hatte die Arbeitgeberin nämlich übersehen. Dessen Feststellbremsen waren 16 Tage zuvor anlässlich der letzten Leerung nicht angezogen worden.

Allein das reichte dem Gericht aus, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu bejahen. Außerdem hätte auch ohne Weiteres noch ein Tor geschlossen werden können, dass sich zwischen dem parkenden Fahrzeug des Arbeitnehmers und dem Großmüllbehälter befunden hatte. Immerhin gab es Windgeschwindigkeiten von 85 km/h bzw. eine Windstärke von 9. Das wiederum bedeute, dass nicht von einem unabwendbaren Ereignis ausgegangen werden könnte, bei dem keinerlei Sicherheitsmaßnahmen geholfen hätten.

Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers erkannten die Richter nicht an. Er hatte morgens seinen Pkw auf dem Betriebsgelände geparkt und befand sich dann im Außeneinsatz. Er selbst konnte und musste davon ausgehen, dass seine Arbeitgeberin die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Betriebshofs treffen würde.

Also: Der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Arbeitnehmern Fürsorgepflichten. Und die gelten auch gegenüber den Sachen des Arbeitnehmers, da dem Arbeitgeber eine Obhuts – und Verwahrungspflicht für Gegenstände obliegt. Das gilt natürlich nicht unbegrenzt, der Arbeitgeber haftet nur, soweit Schutzmaßnahmen für ihn zumutbar sind, er diese aber nicht getroffen hat. Er haftet für persönliche unentbehrliche Sachen des Arbeitnehmers und für arbeitsdienliche Sachen, wie z. B. Fachbücher, Werkzeug oder Arbeitskleidung. Die Entscheidung ist im Einzelfall und in der Praxis ausgesprochen schwierig, eine Ersatzpflicht des Arbeitgebers scheidet immer dann aus, wenn die Sachen in keinem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen und für diese nicht notwendig sind.

Für den Arbeitgeber ergibt sich daraus folgendes: Er sollte sich nach dieser Entscheidung genau überlegen, ob er seinen Arbeitnehmern tatsächlich Parkplätze für private Fahrzeuge zur Verfügung stellt. Denn Schäden an den Fahrzeugen, die dann auf die Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zurückgehen, sind vom Arbeitgeber zu ersetzen.

So hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 11. September 2017 entschieden.

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