Flugausfall – wenn Veranstalter nicht zahlt, verklagt Urlauber den Staat

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verkündete mit aktuellem Urteil vom 10.07.2019 (Az.: C-163/18) eine für Urlauber interessante Variante zur Kosten-Rückerstattung. 

So können Fluggäste, deren Flug ausfällt, die Kosten bei einer von drei Stellen zurückverlangen: Entweder direkt über die Airline, oder beim Veranstalter, oder aber beim betreffenden Staat. Letzteres ist vorgesehen für den Fall, dass der Veranstalter nicht zahlungsfähig ist und der betreffende Mitgliedstaat seiner Sorgepflicht nicht nachgekommen ist.

Verbraucherschutz durch Unionsrecht: Staaten sind zum Schutz von Fluggästen verpflichtet

In der speziell auf den Schutz von Fluggästen gerichteten Richtlinie 90/314, verlangt der Europäische Gerichtshof von allen Mitgliedstaaten, den Reiseveranstaltern eine Nachweispflicht aufzuerlegen: So müssen die Veranstalter nachweisen, dass „im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses [des Reiseveranstalters] die Erstattung gezahlter Beträge [an den Kunden] sichergestellt ist“

Kommt der betreffende Mitgliedstaat dem Auferlegen der Nachweispflicht nicht nach, verstößt er damit gegen Unionsrecht und somit hat „wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, der betroffenen Reisende jedenfalls die Möglichkeit, eine Klage gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersatz des Schadens zu erheben“.

Pauschalreise: Bei Annullierung des Fluges besteht Anspruch auf Erstattung

Das Unionsrecht sieht in der Verordnung Nr. 261/2004 klare Verbraucherschutzmaßnahmen für alle Mitgliedstaaten vor: „Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollen unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. 

Ferner sollen den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung getragen werden“. Fluggästen, deren Flug annulliert wird, haben demnach automatisch „Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung“, so die ständige Rechtsprechung.

Beides zusammen geht nicht: Entweder Airline oder Veranstalter in Anspruch nehmen

Im vorliegenden Fall hatten Urlauber aus den Niederlanden geklagt, deren Flug annulliert worden war. Die Kläger hatten sich aber – fälschlicherweise – direkt an die Airline gewandt, um von dieser ihre Rückerstattung einzuklagen. 

Die Airline wies dies ab mit der Begründung, die Reisenden hätten den Anspruch beim Veranstalter geltend machen müssen. Sehr zum Übel der Kläger gab der EuGH in diesem Fall der Airline Recht und befand, „dass ein Fluggast, der nach der Richtlinie 90/314 gegen seinen Reiseveranstalter einen Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten hat, vom Luftfahrtunternehmen gemäß dieser Verordnung keine solche Erstattung mehr verlangen kann“. Dies gelte selbst dann, „wenn der Reiseveranstalter finanziell nicht in der Lage ist, die Flugscheinkosten zu erstatten, und keine Maßnahmen getroffen hat, diese Erstattung sicherzustellen“

Tritt letzterer Fall ein, sind jedoch die Mitgliedstaaten in der Pflicht, den Schaden zu ersetzen.

Fazit: Geld-zurück-Garantie gibt es – vorausgesetzt, der Anspruch wird korrekt geltend gemacht

Das Urteil des EuGH erscheint auf den ersten Blick hart: Fluggäste können bei Annullierung des Fluges die Kosten nicht von der Airline zurückverlangen, wenn sie ihre Ansprüche eigentlich direkt beim Veranstalter hätten geltend machen müssen. 

Genauere Betrachtung lässt den Verbraucherschutz jedoch erkennen: Geprellte Urlauber bleiben nicht auf ihren Kosten sitzen – sie können diese sogar vom jeweiligen Mitgliedstaat einklagen. Wichtig ist nur, die richtige Schrittfolge einzuhalten und zu wissen, wo man als Verbraucher welche Ansprüche geltend machen kann. 

Das Team der Bernd Rechtsanwälte berät Sie gern zu allen Fragen rund um den Verbraucherschutz und unterstützt Sie kompetent, Ihre Ansprüche durchzusetzen.


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