Freispruch im Wehrdisziplinarverfahren ist auch bei rechtskräftigem Strafbefehl möglich - Expertenbeitrag

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Wenn ein Soldat der Bundeswehr wegen einer Straftat verurteilt wurde, sind die Wehrdiszplinaranwaltschafte und Truppendienstgerichte grundsätzlich an die Feststellungen der Strafjustiz gebunden. Geregelt ist dies in § 84 Abs. 1 der Wehrdisziplinarordnung (WDO).

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.01.2023 (Azu: BVerwG 2 WD 4.22) einen Freispruch des Truppendienstgerichts, welcher von der Wehrdisziplinaranwaltschaft mit der Berufung angegriffen wurde, bestätigt. In dem zugrundeliegenden Strafverfahren lag ein rechtskräftiger Strafbefehl wegen Unterschlagung eines Laptops vor. Der Wehrdienstsenat war nach den Ausführungen in den Gründen nicht an die  tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl vom 26. April 2019 gebunden, da es sich um kein Urteil i.S.v. § 84 WDO, sondern um einen Strafbefehl handelte.

Tatsachenfeststellungen in einem Strafbefehl dürfen demnach ohne weitere Beweiserhebung nicht übernommen werden, wenn die Indizwirkung des Strafbefehls entkräftet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2019 - 2 WD 26.18).

Ausreichend ist, wenn erhebliche Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. März 2022 - 2 BvR 1232/20).

Der Soldat wurde im Strafbefehl zu einer Geldstrafe wegen Unterschlagung verurteilt. Nach den Feststellungen des Truppendienstgerichts sei es möglich, das er in der Hektik kurz vor dem Abflug bei einem kurzen Öffnen der Einsatzkiste und einem schnellen Hineinpacken des Materials, welches er bis zuletzt getragen habe, die Laptoptasche in der Kiste nicht aufgefallen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen verfügt über eigene Erfahrungen als Soldat und Reservist in allen Laufbahngruppen. In  22 Jahren Anwaltstätigkeit hat er viele Strafverfahren erfolgreich geführt.

Nach seinen Erfahrungen ergeben sich aber auch bei rechtskräftigen Feststellungen durch einen Strafbefehl , der der Bindung gemäß § 84 Abs. 1 WDO unterworfen ist zumindest in der Höhe Verteidigungsmöglichkeiten.

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