Gefährdung des Straßenverkehrs - Wer handelt "rücksichtslos" ?

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Nach § 315c Abs. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er grob verkehrswidrig und rücksichtslos die Vorfahrt nicht beachtet, falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt, an Fußgängerüberwegen falsch fährt, an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt, an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält, auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Was bedeutet „rücksichtslos“ ?

Das OLG Karlsruhe hat sich im Rahmen einer Revision mit Beschluss vom 5.8.2020 (Az: 1 Rv 34 Ss 406/20) mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein Fahrer wegen rücksichtslosem Handeln zu bestrafen ist.

Rücksichtslos i.S.v. § 315c Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 3 Nr. 2 StGB handelt, wer sich zwar seiner Pflichten als Verkehrsteilnehmer bewusst ist, sich aber aus eigensüchtigen Gründen, etwa seines ungehinderten Fortkommens wegen, darüber hinwegsetzt, mag er auch darauf vertraut haben, dass es zu einer Beeinträchtigung anderer Personen nicht kommen werde, oder wer sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten besinnt und Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt und unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise drauflos fährt (OLG Karlsruhe vom 5.8.2020 - Az: 1 Rv 34 Ss 406/20).

Ist das Überholen an einer unübersichtlichen Stelle rücksichtslos ?

Von einer sich aus den äußeren Umständen ohne weiteres ergebenden Rücksichtslosigkeit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung ausgegangen worden, wenn zum Überholen an einer „unübersichtlichen Rechtskurve praktisch blind“ in die Gegenfahrbahn hineingefahren wird (OLG Koblenz, Urt. v. 29.04.1993 - 1 Ss 29/93, NZV 1993, 318).

Ein derart eindeutiger äußerer Tathergang, aus dem auf die innere Haltung der Angeklagten geschlossen werden könnte, muss jedoch vom Richter festgestellt werden und in den Urteilsgründen zu finden sein. Dies ist nach den umfassenden Erfahrungen im Verkehrsstrafrecht von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen bei vielen Gerichten jedoch nicht der Fall. Gerade auf der Ebene der Amtsgerichte wird auf die genaue Auslegung und die Tatbestandsmerkmale zugunsten der Abarbeitung zahlreicher Fälle („Fließband“) oft kein Wert gelegt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Christian Steffgen ist in der Verteidigung von Verkehrsordnungswidrigkeiten und Verkehrsstraftaten spezialisiert. Er verfügt über 20 Jahre an Erfahrungen im Verkehrsrecht und kennt viele Gerichte, insbesondere durch ständige Verteidigung an den Amtsgerichten in Baden-Württemberg und Bayern.

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