Hofeinfahrt durch anderes Fahrzeug versperrt – darf man das Fahrzeug einfach „wegschieben“?

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Am Amtsgericht München musste Mitte 2018 unter dem Aktenzeichen „132 C 2617/18“ über einen kuriosen Fall entschieden werden. Der Richter hatte einen Schadensersatzanspruch bezüglich des Ersatzes eines Automatikgetriebes zu klären.

Zum Sachverhalt: 

Der Kläger fuhr mit seinem automatikgetriebenen VW Sharan mitsamt Anhänger in Begleitung seiner siebenjährigen Tochter und eines Helfers nach München, um dort einen Schrank abzuholen, den er auf seinen Anhänger laden wollte. Am Zielort angekommen stellte er den Wagen direkt vor eine Hofeinfahrt. Während der Kläger und sein Helfer den Schrank aus der Wohnung transportierten, blieb die siebenjährige Tochter allein im Wagen zurück.

Während dieser Zeit traf ein Anwohner des Hauses ein und wollte die Hofeinfahrt zu seiner Garage passieren. Er stieg aus und wollte den Fahrer bitten, die Einfahrt zu räumen. Jedoch traf er lediglich die, in dieser Situation hilflose, siebenjährige Tochter an. Daraufhin stieg der Angeklagte in das unverschlossene Auto des Klägers, schaltete das Automatikgetriebe selbstständig in den Leerlauf und schob anschließend das Auto samt Anhänger von der Einfahrt. Während dieses Vorgangs befand sich der Zündschlüssel nicht im Zündschloss, sondern war im Besitz des Klägers. Neben der Einfahrt zog dieser die Handbremse an und ließ das Auto dort stehen.

Als der Kläger zurückkam, hat er den Angeklagten nicht mehr angetroffen. Bei der späteren Weiterfahrt bemerkte er jedoch, dass das vorher intakte Getriebe wohl durch das Versetzen des Autos mit abgezogenen Zündschlüssel beschädigt worden sein muss. Der Schaden bzgl. Reparatur und Mietwagen beläuft sich auf 1.332,94 €. Die Klage auf Schadensersatz ging am Amtsgericht München ein, blieb jedoch ohne Erfolg.

Als Anspruchsgrundlage käme lediglich ein Anspruch aus Deliktsrecht in Frage, welche jedoch aufgrund mangelnden Verschuldens fehlschlägt, da der Beklagte hier aus besitzrechtlicher Selbsthilfe und somit nicht widerrechtlich gehandelt habe. Aufgrund Verhinderung der Zufahrt wurde der Beklagte in seinem Besitzrecht an seiner Garage gestört und der Kläger kam somit in die Pflicht, diese Störung aufzuheben. Nach § 865 BGB konnte der Beklagte die Beseitigung der Störung selbst vornehmen, zwangsweise mit Gewalt.

Auch eine Fahrlässigkeit seitens des Handels des Beklagten wurde abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass es für ihn nicht vorhersehbar war, dass sich ein im Leerlauf befindliches Automatikgetriebe durch bloßes Verschieben beschädigen kann.

Ein „Abwarten“ war dem Beklagten auch nicht zuzumuten, da eine rasche Rückkehr des Klägers nicht absehbar war. Das mildere Mittel der Kontaktaufnahme war für den Beklagten nicht durchführbar, da dieser keine „offensichtlichen“ Kontaktdetails im Innenraum oder an der Windschutzscheibe des Fahrzeuges finden konnte.

Urteil des Amtsgerichts München (AZ.: 132 C 2617/18)

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. 

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht



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