Ist eine 3-jährige Kündigungsfrist in einem Arbeitsvertrag rechtens?

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Nein, das ist grundsätzlich rechtswidrig. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 158/16 – entschieden, dass eine so lange Kündigungsfrist den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Folgender Fall lag der Entscheidung zu Grunde: Ein Speditionsunternehmer hatte mit einem Arbeitnehmer 2012 eine Gehaltserhöhung von 1.000,00 EUR auf 2.400,00 EUR brutto vereinbart. Gleichzeitig wurde geregelt, dass für beide Seiten eine 3-jährige Kündigungsfrist zum Monatsende gilt. Zudem verpflichtete sich der Arbeitnehmer bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe von 2 Bruttomonatsgehältern (4.800,00 EUR) zu zahlen.

Im Dezember 2014 bemerkte der Arbeitnehmer, dass er von seinem Chef durch das Programm „PC-Agent“ überwacht wird. Ende Dezember 2014 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2015 (also mit einer Kündigungsfrist von einem Monat). Daraufhin klagte der Arbeitgeber auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fortbesteht. Zur Begründung führte er an, dass eine individuell ausgehandelte verlängerte Kündigungsfrist von 3 Jahren vorliege. Zugleich klagte er die Vertragsstrafe von 4.800,00 EUR gegen den Arbeitnehmer ein.

Vor dem Arbeitsgericht Leipzig (Urteil vom 12.06.2015 – 3 Ca 184/15) gewann der Arbeitgeber die Feststellungsklage, verlor jedoch die Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe. Der Arbeitnehmer legte gegen dieses Urteil Berufung ein und gewann (Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen vom 19.01.2016 – 3 Sa 406/15). Die Klage des Arbeitgebers wurde insgesamt abgewiesen. Eine Benachteiligung liegt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts vor allem deshalb vor, weil das Gehalt letztlich viel zu gering war, um die längere Kündigungsfrist zu rechtfertigen. Die Gehaltserhöhung von 1.000,00 EUR brutto konnte die längere Kündigungsfrist daher nicht kompensieren. Gegen dieses Urteil wehrte sich der Arbeitgeber mit einer Revision und verlor vor dem Bundesarbeitsgericht.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen, dass die Kündigungsfrist von 3 Jahren den Arbeitnehmer im Sinne des § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB benachteilige. Zwar lasse § 622 Absatz 2 BGB eine längere Kündigungsfrist gestaffelt nach Jahren der Betriebszugehörigkeit zu, dies diene jedoch dem Bestandsschutz der Arbeitnehmer. Daher gelten längere Kündigungsfristen grundsätzlich auch nur für Arbeitgeber und nicht automatisch auch für Arbeitnehmer. Aus Artikel 12 des Grundgesetzes (Berufsfreiheit) lässt sich für jeden Arbeitnehmer eine freie Arbeitsplatzwahl ableiten. Ein Arbeitnehmer darf daher selbst entscheiden, ob er sein Arbeitsverhältnis fortsetzen oder kündigen will, um zum Beispiel ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen. Diese Freiheit wird unzulässig eingeschränkt, wenn eine Kündigungsfrist von 3 Jahren vereinbart wird.

Die Entscheidung ist vollends zu begrüßen. Der Arbeitnehmer hatte vor der Gehaltserhöhung in 2012 noch nicht einmal den jetzt (2018) gültigen Mindestlohn von etwas über 1.500,00 EUR erhalten. Ob aus dem Urteil vom Bundesarbeitsgericht abgeleitet werden kann, dass bei einer Gehaltserhöhung von zum Beispiel 2.500,00 EUR die 3-jährige Kündigungsfrist wirksam gewesen wäre, ist sehr fraglich. Zum anderen dürfte sich aus der Entscheidung allerdings auch nicht ergeben, dass jeder Arbeitnehmer jetzt mit der gesetzlichen Frist des § 626 Absatz 1 BGB (4 Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats) kündigen kann.


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