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Neuer Arbeitsvertrag nach Betriebsübergang?

  • 4 Minuten Lesezeit
Neuer Arbeitsvertrag nach Betriebsübergang?

Ihr Arbeitgeber hat Sie über einen bevorstehenden Betriebsübergang informiert und Sie befürchten, dass der neue Betriebsinhaber Ihren Arbeitsvertrag kündigen oder Sie nur zu schlechteren Bedingungen weiterbeschäftigen wird? Keine Sorge, diesem Vorgehen hat der Gesetzgeber zum Glück einen Riegel vorgeschoben. 

Betriebsübergang: Ihr Arbeitsvertrag bleibt gültig!

Ihr Arbeitsverhältnis darf nicht aufgrund eines Betriebsübergangs gekündigt werden. Eine solche Kündigung ist unwirksam, unabhängig davon, ob der neue oder der alte Arbeitgeber sie ausspricht. Ihr neuer Arbeitgeber muss die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu den gleichen Bedingungen und in der gleichen Form übernehmen, wie sie vor dem Betriebsübergang bestanden haben. Auch die Betriebszugehörigkeit wird ohne Unterbrechung fortgesetzt und bisher erworbene Anwartschaften auf eine Betriebsrente bleiben erhalten. Eine Kündigung aus einem anderen Grund, der nicht im Zusammenhang mit der Betriebsübernahme steht, ist jedoch weiterhin möglich, z. B. eine personen- oder betriebsbedingte Kündigung. 

Ausnahme: Sie haben die Möglichkeit, innerhalb eines Monats dem Betriebsübergang beziehungsweise dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen. Bei einem fristgerechten Widerspruch bleibt Ihr Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber bestehen. Mehr dazu erfahren Sie im Ratgeber Betriebsübergang: Widerspruch

Vor einer Kündigung wegen eines Betriebsübergangs sind alle geschützt, die mit dem bisherigen Betriebsinhaber in einem Arbeitsverhältnis stehen. Das umfasst also auch Auszubildende, Beschäftigte in der Probezeit, befristet oder in Teilzeit Beschäftigte, leitende Angestellte sowie Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht (z. B. aufgrund von Elternzeit).  

Betriebsübergang: Neuen Arbeitsvertrag unterschreiben oder nicht?

Bei einem Betriebsübergang müssen Sie keinen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, da Ihr Arbeitsverhältnis auf den neuen Inhaber beziehungsweise Arbeitgeber übergeht. Dennoch versuchen Arbeitgeber bei dieser Gelegenheit bisweilen, Arbeitnehmer dazu zu bewegen, dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zuzustimmen – zum Nachteil des Beschäftigten.  

Lassen Sie sich daher nicht zu einer übereilten Unterschrift drängen und bestehen Sie auf einer angemessenen Bedenkzeit. Der neue Betriebsinhaber darf auch nicht andeuten oder damit drohen, Ihnen zu kündigen, wenn Sie keinen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben.  

anwalt.de-Tipp: Wenden Sie sich frühzeitig an einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann Sie am besten über die Folgen eines Betriebsübergangs informieren und Sie beraten, ob ein neuer Arbeitsvertrag Sie benachteiligt. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt für Arbeitsrecht auf anwalt.de! 

Änderungen des Arbeitsvertrags gegen den Willen des Arbeitnehmers sind rechtlich nur möglich, wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht. Eine Änderungskündigung wegen eines Betriebsübergangs ist jedoch unzulässig. Erhalten Sie also zeitgleich oder zeitnah zum Betriebsübergang eine Änderungskündigung, ist diese in der Regel unwirksam.  

Auch wenn Sie aufgrund einer Betriebsübernahme keinen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben müssen, können Sie und Ihr Arbeitgeber den bestehenden Vertrag ändern, wenn beide Seiten damit einverstanden sind. Eine einseitige Änderung ist jedoch nicht möglich. Wenn Sie Ihren bestehenden Arbeitsvertrag im Rahmen eines Betriebsübergangs ändern wollen und Ihr Arbeitgeber damit einverstanden ist, müssen Sie einen Änderungsvertrag abschließen. 

Sind Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen weiter gültig?

Bei einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten auf den neuen Inhaber über. Dieser tritt damit nicht nur in alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag ein, auch Tarifverträge und/oder Betriebsvereinbarungen, die zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme bestanden, gelten grundsätzlich weiter.  

Weisen Arbeitsverträge dagegen eine dynamische Verweisungsklausel auf, gilt der Tarifvertrag des neuen Inhabers – und zwar ab dem Zeitpunkt des Übergangs. Denn im Falle einer dynamischen Verweisung finden automatisch die Tarifverträge Anwendung, die für den Betrieb gelten, und zwar in der jeweils gültigen Fassung. Voraussetzung ist jedoch, dass die übernommenen Mitarbeiter derselben Gewerkschaft angehören. 

Neuer Arbeitsvertrag ein Jahr nach Betriebsübergang: Darf der Arbeitgeber das?

Die Annahme, dass Arbeitgeber frühestens ein Jahr nach dem Betriebsübergang neue Arbeitsverträge mit ihren Mitarbeitern abschließen dürfen, ist falsch. Eine solche Frist gilt nur für Änderungen kollektiver Regelungen wie Betriebsvereinbarungen. Diese dürfen frühestens ein Jahr nach der Betriebsübernahme zum Nachteil der Beschäftigten geändert werden.  

Individuelle Vertragsänderungen können jederzeit einvernehmlich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder durch eine Änderungskündigung des Arbeitgebers vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer nicht einverstanden ist. Eine Änderungskündigung aufgrund eines Betriebsübergangs ist jedoch, wie bereits erwähnt, unwirksam. 

Wann liegt ein Betriebsübergang vor?

Bei einem Betriebsübergang „geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über“ (§ 613a Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Der bisherige Inhaber des Betriebs wechselt also. Man spricht daher auch von Betriebsübernahme oder Unternehmensnachfolge. Der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen neuen Inhaber kann auf unterschiedliche Weise erfolgen: 

  • Verkauf eines Betriebs(teils) 

  • Verpachtung eines Betriebs(teils) 

  • Unternehmensnachfolge 

  • Schenkung 

Bei Umwandlungsmaßnahmen in Unternehmen wie Auf- und Abspaltungen oder Verschmelzungen gelten die entsprechenden gesetzlichen Regelungen, obwohl es sich rechtlich nicht um Betriebsübergänge im Sinne des § 613a handelt. Kein Betriebsübergang liegt vor, wenn der Inhaber des Unternehmens aufgrund eines Erbfalls wechselt oder bei einem Share Deal: Hier überträgt ein Unternehmer seine Geschäftsanteile an einen Investor, bleibt aber weiterhin Inhaber des Unternehmens. 

Die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht, ist – ausgehend vom Wortlaut des Gesetzes – nicht immer eindeutig. Maßgeblich ist daher die bisherige Rechtsprechung (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 18.09.2014, Az.: 8 AZR 733/13). Danach liegt ein Betriebsübergang vor, wenn „eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität“ trotz des Inhaberwechsels fortgeführt wird. Je nach Art des Unternehmens oder Betriebs ist dies beispielsweise der Fall, wenn der neue Inhaber wesentliche Teile der bisherigen Belegschaft, der Betriebsmittel oder des Kundenstammes seines Vorgängers übernimmt. 

anwalt.de-Empfehlung: Sie haben eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und möchten wissen, ob Ihr Arbeitgeber Ihnen wirksam kündigen durfte? Ein Anwalt für Arbeitsrecht klärt Sie darüber auf, ob eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt für Arbeitsrecht auf anwalt.de! 

(THH) 

Foto(s): ©Adobe Stock/Eakgrungenerd

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