Kann während der Wiedereingliederung gekündigt werden?

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Durch das sog. Hamburger Modell wird erkrankten Arbeitnehmern eine stufenweise Rückkehr an den Arbeitsplatz ermöglicht. Der folgende Beitrag beantwortet Fragen zum Inhalt und zur Beendigung der stufenweisen Wiedereingliederung sowie zu den Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis.


1. Die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V

a. Was ist die stufenweise Wiedereingliederung?

Die stufenweise Wiedereingliederung bietet Ihnen die Möglichkeit, trotz Krankschreibung soweit wie gesundheitlich möglich in den Beruf zurückzukehren. Dafür muss ein Arzt Ihre sog. Teilarbeitsfähigkeit feststellen und mit Ihnen einen Stufenplan für die Rückkehr entwickeln. Der Arzt legt darin Art und Umfang der möglichen Tätigkeiten fest. Diesen Plan muss dann der Arbeitgeber absegnen, wobei Sie keinen Anspruch auf dessen Zustimmung haben. Sie sind also darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber „mitzieht“. Zur Zustimmung verpflichtet ist der Arbeitgeber aber gegebenenfalls im Falle einer Schwerbehinderung.

b. Rechte und Pflichten

Das Wiedereingliederungsverhältnis läuft parallel zum Arbeitsverhältnis. Beide Verhältnisse beruhen auf zwei verschiedenen Verträgen. Dies ist insbesondere für die Beendigung wichtig (s.u.).

Sie müssen während der Wiedereingliederung nicht Ihre volle Arbeitsleistung erbringen und erhalten im Gegenzug auch keinen Lohn. Das Krankengeld der Krankenkasse bekommen Sie aber weiterhin und an Weisungen des Arbeitgebers sind Sie ebenfalls gebunden.


2. Die Beendigung des Wiedereingliederungsverhältnisses

Das Wiedereingliederungsverhältnis kann entweder automatisch oder per Erklärung beendet werden.

a. Beendigung durch Zeitablauf oder aus medizinischen Gründen

In vielen Fällen endet das Wiedereingliederungsverhältnis automatisch. Zunächst ist das der Fall, wenn die vereinbarte Zeit Ihres Stufenplans abläuft (meist 3-6 Monate). Aber auch medizinische Gründe können zur Beendigung führen, etwa wenn Sie wieder vollständig genesen sind oder kein therapeutischer Mehrwert der Wiedereingliederungsmaßnahme mehr festgestellt werden kann.

b. Beendigung durch eine Erklärung

Das Wiedereingliederungsverhältnis ist eine freiwillige Vereinbarung, sodass Sie und Ihr Arbeitgeber es jeweils durch eine einfache Erklärung beenden können.


3. Endet damit auch der Arbeitsvertrag?

Die Beendigung des Wiedereingliederungsverhältnisses hat zunächst keinen Effekt auf das Arbeitsverhältnis. Letzteres bleibt unverändert bestehen und kann einseitig nur mit Rücksicht auf den (hohen) allgemeinen Kündigungsschutz beendet werden.

a. Ihr Kündigungsrecht als Arbeitnehmer

Als Arbeitnehmer können Sie das Arbeitsverhältnis ganz normal innerhalb der vertraglichen oder gesetzlichen Frist ordentlich kündigen. Für eine außerordentliche Kündigung benötigen Sie hingegen einen wichtigen Kündigungsgrund (z.B. eine schwere Verfehlung Ihres Arbeitgebers).

b. Das Kündigungsrecht des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann ebenfalls nach den regulären Vorschriften kündigen, was für ihn aufgrund der Kündigungsschutzregeln aber oft nicht leicht ist.

Vor allem kommt natürlich eine Kündigung wegen der Krankheit in Frage. Hier gelten die Voraussetzungen der krankheitsbedingten Kündigung.

Gegebenenfalls kann eine verhaltensbedingte Kündigung im Raum stehen. Ihr Verhalten während der Wiedereingliederung muss dabei aber wie ein sonstiges Verhalten in der Freizeit gewertet werden, sodass die Hürde hier besonders hoch liegt.

Verstärkter Kündigungsschutz gilt zudem für Schwerbehinderte.


4. Fazit

  • Das Wiedereingliederungsverhältnis tritt neben das normale Arbeitsverhältnis und bleibt stets unabhängig davon.
  • Im Rahmen dessen arbeiten Sie nach einem festgelegten Plan soviel, wie es Ihr Gesundheitszustand erlaubt.
  • Die Beendigung des Vertrages tritt entweder automatisch ein oder kann durch einfache Erklärung herbeigeführt werden.
  • Für das ruhende Arbeitsverhältnis gelten die regulären Kündigungsschutzregeln.


Foto(s): Scott Graham

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