Muss die Gehaltserhöhung für alle gleich sein?

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Ein Arbeitgeber kann Gehaltserhöhungen für jeden Arbeitnehmer individuell festlegen, hat aber in bestimmten Konstellationen Grenzen zu beachten. Insbesondere darf er einzelne Mitarbeiter nicht willkürlich besser oder schlechter behandeln. Hier erfahren Sie, wann Ihnen eine Gehaltserhöhung oder Sonderzahlung zusteht, weil Ihre Kollegen diese bekommen haben. 


1. Wann ist eine Ungleichbehandlung von Mitarbeitern beim Gehalt gerechtfertigt?

Das Stichwort „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ führte den Kampf gegen Lohnungleichheit speziell bei Frauen in den 60er-Jahren an. Diese Forderung kann man rechtlich jedoch nicht buchstäblich nehmen. Gerade bei einzelnen Arbeitsverträgen hängt das Gehalt vor allem vom Verhandlungsgeschick der Parteien ab. 

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet allerdings Diskriminierungen aufgrund von bestimmten Merkmalen wie Religion, Herkunft und Geschlecht. An diese Grundsätze muss sich der Arbeitgeber in allen Bereichen des Arbeitslebens halten. Häufig ist es jedoch schwierig nachzuweisen, dass man z.B. gerade aufgrund des Geschlechts keine Gehaltserhöhung bekommen hat. 


2. Wann steht allen Mitarbeitern eine Gehaltserhöhung zu?

Legt der Arbeitgeber die Voraussetzungen einer Gehaltserhöhung nach abstrakten Kriterien fest, muss er den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Es werden hierbei gemeingültige Gehaltserhöhungen für bestimmte Mitarbeitergruppen oder den ganzen Betrieb festgelegt, nicht individuell ausgehandelt. 

Beispiel: Alle alleinerziehenden Mitarbeiter erhalten eine Gehaltserhöhung.

Orientiert sich der Arbeitgeber an solchen allgemeinen Eigenschaften, muss er bei allen Arbeitnehmern das Gehalt erhöhen, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. 

Zudem müssen die Differenzierungskriterien selbst dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen und zulässig sein. Sie dürfen also nicht willkürlich festgelegt werden, sondern müssen begreiflich sein und einen legitimen Zweck verfolgen. 

Damit ein Arbeitnehmer beurteilen kann, ob die Gruppenbildung nach zulässigen Kriterien erfolgt ist und er die Voraussetzungen der Gehaltserhöhung erfüllt, muss ihm das Entscheidungskriterium bekannt sein. Aus diesem Grund hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Unterscheidungskriterien mitteilen muss. Dabei hat er nicht die konkrete Höhe der Gehälter offenzulegen, sondern nur den allgemeinen Vergleichsmaßstab.


3. Gleichbehandlung bei Tarifanwendung? 

Über die Hälfte der deutschen Gehälter werden durch Tarifvertrag festgelegt. Tariferhöhungen gelten allerdings nur für die tarifgebundenen Arbeitnehmer. Nicht-tarifgebundene Mitarbeiter im Unternehmen sind von Änderungen hingegen nicht betroffen. 

Sobald der Arbeitgeber allerdings die Erhöhungen auch für seine nicht-tarifgebundenen Arbeitnehmer gelten lässt, darf er einzelne nicht-tarifgebundene Mitarbeiter nicht von der Gehaltserhöhung ausschließen.  


4. Gleichbehandlung bei Sonderzahlungen? 

Die oben genannten Grundsätze sind auch bei Bonuszahlungen anwendbar. Die Gruppenbildung darf nicht willkürlich sein und allen der Gruppe zugehörigen Mitarbeitern muss der Bonus ausgezahlt werden.

Beispiel: Nur die Beschäftigten im Innendienst eines Lieferunternehmens erhalten ein Weihnachtsgeld, die Lieferanten im Außendienst nicht. Die Differenzierung soll das Trinkgeld der Zusteller zur Weihnachtszeit ausgleichen und ist somit grundsätzlich zulässig. 


5. Ungleichbehandlung beim Gehalt – was tun? 

Vermuten Sie eine Ungleichbehandlung, sollten Sie zunächst von Ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen. Erst dann kann beurteilt werden, ob Ihnen einen Ausgleichsanspruch zusteht. Hierbei kann Ihnen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht helfen. Wir stehen Ihnen gerne zur Seite. 

Bei einer Ungleichbehandlung in der Vergangenheit entsteht ggf. ein Ausgleichsanspruch für versäumte Gehaltserhöhungen oder Sonderzahlungen. Zukünftig muss der Arbeitgeber in Bezug auf die unterschiedlichen Gehälter gleiche Verhältnisse schaffen, indem er sie aneinander anpasst.


6. Fazit 

  • Die Höhe des Gehalts hängt zunächst vom Verhandlungsgeschick der Vertragsparteien ab.
  • Sofern der Arbeitnehmer Gehaltserhöhungen und Sonderzahlungen nach abstrakten Unterscheidungskriterien festlegt, muss er alle einschlägigen Mitarbeiter gleich behandeln.
  • Die Auswahlkriterien müssen nachvollziehbar und zweckmäßig sein. Arbeitnehmer haben dahingehend ein Auskunftsrecht, um ggf. einen Nachzahlungsanspruch geltend zu machen.
  • Bei der Prüfung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche kann Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen. 
Foto(s): Christian Dubovan

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