(K)eine grenzenlose Versammlungsfreiheit

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In Art. 8 Abs. 1 GG (Grundgesetz) ist verfassungsrechtlich verankert, dass alle Deutschen das Recht haben, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Soll eine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden, so kann dieses Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Beispielweise ist eine Versammlung unter freiem Himmel gemäß Art. 13 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) spätestens 48 Stunden vor ihrer Bekanntgabe anzuzeigen. Schließlich haben die Behörden auf Grundlage des Art. 15 BayVersG auch die Möglichkeit, eine Versammlung zu beschränken oder zu verbieten.

Mit aktueller Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) München vom 17.10.2016 (Az.: 10 CS 16.1468) wurde bestätigt, dass Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen, gewährleistet, sondern zeitgleich ein Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über die Modalitäten der Versammlungsdurchführung umfasst. Kommt es nun zu behördlich angeordneten Beschränkungen der angezeigten Versammlung unter freiem Himmel, so liegt darin zunächst ein Eingriff in die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG. Dieser Eingriff in Form der angeordneten Beschränkung kann allerdings auf Grundlage des Art. 15 Abs. 1 BayVersG gerechtfertigt sein. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Wichtig ist hierbei zu wissen, was der Begriff der öffentlichen Sicherheit in Art. 15 Abs. 1 BayVersG alles umfasst. Neben der Unversehrtheit der Rechtsordnung werden auch und gerade subjektive Rechte bzw. Rechtsgüter Dritter wie die Gesundheit, das Ruhebedürfnis der Anwohner oder die in Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten wirtschaftlichen Interessen von (umliegenden) Freiberuflern, Geschäften oder gastronomischen Betrieben erfasst.

Beschränkt oder verbietet die zuständige Behörde eine zuvor angezeigte Versammlung unter freiem Himmel, ist immer stets im Einzelfall zu prüfen, aus welchen Gründen die Behörde gehandelt hat. Möglicherweise kann dann durch ein Gespräch mit der Behörde oder durch den einstweiligen Rechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht eine Versammlung unbeschränkt zugelassen werden.

Dr. Sonja Sojka

Rechtsanwältin

Diplom-Finanzwirtin (FH)


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