Keine Minderung bei beendetem Mietverhältnis

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Der BGH hat mit einer viel beachteten Entscheidung (BGH-Urteil v. 27.05.2015 – AZ: XII ZR 66/13) Klarheit geschaffen in einem Bereich, der „eigentlich“ schon seit 1960 geklärt war. Der Sachverhalt findet sich in der Praxis immer mal wieder und war – verkürzt dargestellt – wie folgt:

Das Gewerberaummietverhältnis wurde zum 31.05.2010 gekündigt. Zunächst zahlt der Mieter weiter und bleibt in den Räumlichkeiten. Der Vermieter erhebt Räumungsklage, der Mieter wird im April 2011 zur Räumung verurteilt. Es wird geräumt? Weit gefehlt, der Vermieter räumt nicht, der Mieter bleibt drin und zahlt auch die Miete weiter bis Dezember 2011. Danach zahlt der Mieter keine Miete mehr und zieht Ende April 2012 aus (räumt die Gewerbeeinheit). Ob der Mieter eine geleistete Kaution „abwohnen“ wollte, bleibt spekulativ; hierüber schweigt das Urteil. Jedenfalls kommt es, wie es kommen muss, der Vermieter klagt die Mieten Januar bis März 2012 in Höhe von insgesamt 10.308,00 EUR ein. Der Mieter hält dagegen: wegen einer mangelhaften Dachentwässerung habe es seit September 2011 fünf (!) Wasserschäden gegeben, die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache sei daher gemindert gewesen und es sei Ware im Wert von insgesamt 62.000,00 EUR vernichtet worden, weshalb er (der Mieter) hilfsweise die Aufrechnung erkläre. Ein Fall wie aus dem Lehrbuch, aber „das Leben schreibt die besten Geschichten“.

Alle Instanzen geben dem Vermieter Recht – er bekommt seine 10.308,00 EUR. Der Mieter habe kein Minderungsrecht und keinen Schadensersatzanspruch, mit dem er aufrechnen könne.

Klar sei, dass die behaupteten Mängel jedenfalls weit nach Beendigung des Mietverhältnisses (Kündigung) und auch nach Erlass des Räumungsurteils aufgetreten sein sollen. Also zu einer Zeit, zu der sich der Mieter widerrechtlich im Besitz der Mietsache befand und es ja in seiner Hand gelegen habe, sich den durch die Mietsache drohenden Gefahren dadurch zu entziehen, dass er die Mietsache schlicht zurück gebe.

Okkupiert der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Mietsache, muss er eine Nutzungsentschädigung zahlen, die sich an der letzten Miete orientiert. Bereits 1960 hatte der BGH entschieden, dass eine Verschlechterung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Höhe der Nutzungsentschädigung irrelevant sei. Die Mietminderung sei eine kraft Gesetzes eintretende Änderung der Vertragspflicht. Da der Vertrag gerade nicht mehr besteht – keine Minderung. Dies war lange Zeit ratio decidendi, wurde jedoch in der jüngeren Vergangenheit angezweifelt. Der BGH sprach jetzt Klartext:

Das Nutzungsverhältnis sei zwar ein Schuldverhältnis, das sich nach den Regelungen des ursprünglichen Mietverhältnisses richte – aber es sei auf Abwicklung angelegt. Insbesondere erlösche die Pflicht des Vermieters, die Mietsache im vertragsgemäßen Zustand zu halten. Auch müsse der Mieter beispielsweise Schadensersatz für entgangene Miete leisten, was Druck auf den Mieter ausüben solle. Dies würde konterkariert, wenn der Mieter diesen Schadensersatz „mindern“ könnte. Zwar gäbe es Ausnahmen, die seien aber „dünn gesät“ und hier nicht einschlägig. Eine Instandhaltungspflicht des Vermieters – und konsequenterweise vermutlich auch ein Minderungsrecht des Mieters (?) – könne sich beispielsweise ergeben, wenn zwar das Mietverhältnis – auch rechtskräftig – beendet ist, aber Vollstreckungsschutzvorschriften (§§ 721, 765 a ZPO) dem Mieter die Weiterbenutzung der Mietsache gestatten. Allein die hohe Gefahr für Rechtsgüter des Mieters seien jedenfalls nicht ausreichend, er könne ja ausziehen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, auf eine Verschlechterung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses kann sich der (ehemalige) Mieter im Prinzip nicht berufen. Er kann infolgedessen keine Minderung und auch keinen Schadensersatz geltend machen, da der Vermieter mangels Vertrag keine vertraglichen Pflichten verletzt (Instandhaltung).



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