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Keine Steuerhinterziehung bei Kenntnis des Finanzamts

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Das Finanzgericht Münster hat mit einem Urteil vom 24.06.2022, Aktenzeichen: 4 K 135/19, entschieden, dass eine Steuerverkürzung dann nicht vorliegt, wenn pflichtwidrig keine Steuererklärung abgegeben wird, dem Finanzamt aber alle erforderlichen Informationen in Form elektronischer Lohnsteuer­bescheinigungen vorliegen.

Im vorliegenden Fall bezog bei den zusammenveranlagten verheirateten Kläger bis einschließlich 2008 lediglich der Ehemann Arbeitslohn. Diese Antragsveranlagung hatte das Finanzamt auch gespeichert. Ab 2009 erzielte auch die Ehefrau Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Der Lohnsteuerabzug erfolgte bei den Klägern nach den Steuerklassen III und V. Die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen wurden im Datenverarbeitungsprogramm des Finanzamts unter der Steuernummer der Kläger erfasst. Da der Fall dennoch weiterhin als Antragsveranlagung gespeichert war, forderte das Finanzamt die Kläger zunächst nicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen auf und die Kläger gaben auch keine Erklärungen ab. 

Nachdem dies dem Finanzamt aufgefallen war, wurden im Jahr 2018 Schätzungsbescheide für die Jahre 2009 und 2010 erlassen, wobei von einer verlängerten  Festsetzungsfrist wegen vollendeter Steuerhinterziehung ausgegangen wurde. 

Hiergegen erfolgte nach dem Einspruchsverfahren Klage vor dem zuständigen Finanzgericht. Der zuständige Senat gab der Klage statt. Nach Ansicht der Richter sei im Jahr 2018  für die Streitjahre 2009 und 2010 die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren abgelaufen gewesen. Diese Frist habe sich auch nicht auch nicht verlängert, da nach Auffassung des Gerichts bereits objektiv weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege. Ein Unterlassen über steuerliche erhebliche Tatsachen liege nicht vor. Voraussetzung hierfür sei, dass das Finanzamt nicht bereits über die Umstände informiert sei. Vorliegend seien dem Finanzamt jedoch aufgrund der vorliegenden elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen, die unter der Steuernummer der Kläger gespeichert waren, alle maßgeblichen Umstände bekannt gewesen. 

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, da zu der streitigen Frage noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliege. 


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