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LG Kaiserslautern: Fall einer notwendigen Verteidigung beim Vorwurf der Steuerhinterziehung regelmäßig gegeben.

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Das Landgericht Kaiserslautern hat mit einem Beschluss vom 01.12.2022, Aktenzeichen: 7 Qs 8/22, entschieden, dass beim Vorwurf der Steuerhinterziehung regelmäßig ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO gegeben ist.

Im vorliegenden Fall wurde dem ausländischen Beschuldigten vorgeworfen über eine Internetplattform gewerbsmäßig Waren veräußert zu haben ohne die Einkünfte gegenüber dem Finanzamt angegeben zu haben. Seitens des Amtsgericht Kaiserslautern wurde der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers abgelehnt. Nach Ansicht des Gerichts sei die Mitwirkung eines Verteidigers weder unter dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage noch wegen der zu erwartenden Rechtsfolgen geboten. Wegen der fehlenden Sprachkenntnisse könne sich der Beschuldigte eines Dolmetschers bedienen.

Auf die sofortige Beschwerde des Beschuldigten hat die 7. Wirtschaftsstrafkammer den Beschluss aufgehoben. Nach Ansicht der Richter seien die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO gegeben. Bei der Steuerhinterziehung handele es sich um einen sogenannten Blanketttatbestand. Eine laienhafte oder intuitive Einschätzung der Rechtslage, wie sie bei Normen des Kernstrafrechts regelmäßig sei, genüge vorliegend nicht. Deshalb sei im Steuerstrafverfahren wegen der Schwierigkeit der Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers regelmäßig geboten. 

Darüber hinaus sei auch zu beachten, dass eine Hauptverhandlung ohne Aktenkenntnis nicht ausreichend vorbereitet werden könne, was die Schwierigkeit der Sachlage begründe. Zur Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen vor dem Amtsgericht sei regelmäßig die Kenntnis der Ermittlungsakte notwendig. Daran ändere auch die Möglichkeit nichts, dass der Beschuldigte Auskünfte oder Abschriften aus der Akte bekommen könne, da dieser nicht einschätzte könne, welche Bestandteile der Akte relevant seien.

Ob die Tatsache, dass der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, alleine ausreichend ist um einen Fall der notwendigen Verteidigung zu begründet, lies das Gericht offen.


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