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Kennzeichenmissbrauch: Millionenstrafe für Folienkennzeichen

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Strafbefehle in Millionenhöhe gibt es nicht alle Tage. Schon gar nicht wegen der Verwendung von Klebekennzeichen anstelle der originalen Kennzeichen am Auto. Genau deshalb soll der Mitgesellschafter des Automobilzulieferers Brose Michael Stoschek nun laut BR einen Strafbefehl über 1,65 Millionen Euro erhalten haben. Der Unternehmer hat bereits Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, sodass es nun zur Verhandlung vor dem Amtsgericht kommt.

Kennzeichenmissbrauch und Urkundenfälschung vorgeworfen

Der Vorwurf soll laut BR auf Kennzeichenmissbrauch und Urkundenfälschung lauten. Als Grund für das Anbringen der Folienkennzeichen an seinem Porsche nannte Stoschek aerodynamische und optische Gründe. Die Original-Kennzeichen habe er stets im Kofferraum mitgeführt. Die Staatsanwaltschaft vermutet aber auch einen weiteren Zweck der rund 30 Prozent kleiner als die Originale aus Aluminium ausfallenden Folienkennzeichen: nämlich das Erschweren der Fahrzeugfeststellung bei Geschwindigkeitskontrollen. Der Unternehmer bestreitet jedoch entsprechende Absichten.

Ohne amtliches Kennzeichen drohen nur 60 Euro Bußgeld

Der Unternehmer findet es dabei nicht richtig, dass das Fahren ohne amtliches Kennzeichen nur ein Bußgeld von 60 Euro nach sich zieht, während ihm bei Verwendung eines gut lesbaren Klebekennzeichens nun eine Millionenstrafe droht. Diese Diskrepanz folgt daraus, dass § 22 Straßenverkehrsgesetz Letzteres, wenn Vorsatz und rechtswidrige Absicht hinzukommen, als Kennzeichenmissbrauch mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht, es sich insofern also um eine Straftat handelt. Die Geldstrafe bemisst sich hierbei nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des jeweiligen Täters. Ein Tagessatz darf dabei laut Strafgesetzbuch bis zu 30.000 Euro betragen und kann so bei besonders vermögenden Personen ab 34 Tagessätzen zu einer Geldstrafe von über eine Million Euro führen.

Im Raum steht hier insbesondere der Austausch des rechtmäßigen amtlichen Kennzeichens durch eine andere Kennzeichnung – hier in Form des Folienkennzeichens. Auch wer ein verlorenes Kennzeichen einfach ersetzt, ohne das neue Kennzeichen abstempeln zu lassen, kann einen Kennzeichenmissbrauch begehen. Entscheidend für die Verwirklichung des Kennzeichenmissbrauchs neben Vorsatz ist allerdings stets auch eine rechtswidrige Absicht. Es muss dem Täter darauf ankommen, andere im Rechtsverkehr zu täuschen – etwa um sich einer drohenden Entdeckung eines Fahrzeugdiebstahls zu entziehen. Im konkreten Fall kommt es vor allem darauf an, ob der Wille vorlag, mittels der Folienkennzeichen Geschwindigkeitskontrollen zu erschweren.

Dagegen stellt das Fahren ohne Kennzeichen lediglich eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 48 Nr. 1b Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) dar. Bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr sieht der Bußgeldkatalog hier bei fahrlässiger Begehung unter gewöhnlichen Umständen einen Regelsatz von 60 Euro vor.

Folienkennzeichen nur mit Ausnahmegenehmigung

Insbesondere § 10 FZV regelt, wie Kennzeichen auszusehen haben und anzubringen sind. Wer davon durch Verwendung eines Klebe- oder Folienkennzeichens abweichen will, bedarf einer Ausnahmegenehmigung. Die Kriterien für die Nutzung eines Klebekennzeichens bestimmt dabei jedes Bundesland selbst. In der Regel muss sich dazu ein normales Kennzeichen bauartbedingt nicht am Fahrzeug anbringen lassen. Bloße ästhetische Gründe reichen dazu regelmäßig nicht aus.

Das zeigt auch der Fall einer Mazda-Fahrerin. Diese hatte an ihrem MX-5 das vordere abgestempelte Nummernschild durch ein nicht abgestempeltes Klebekennzeichen ersetzt. Das amtliche Nummernschild aus Blech legte sie beim Parken hinter die Windschutzscheibe. Nach einer Kontrolle untersagte ihr die zuständige Verkehrsbehörde der Stadt Andernach das und verlangte von ihr, das Klebekennzeichen zu entfernen und dafür wieder das amtliche Kennzeichen anzubringen. Ihre dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Insbesondere sah das Koblenzer Verwaltungsgericht in der nach Entfernung des bereits seit sieben Jahre auf dem Mazda befindlichen Klebekennzeichens notwendigen Neulackierung keinen Grund für eine Ausnahmegenehmigung (VG Koblenz, Urteil v. 06.04.2009, Az.: 3 K 904/08.KO).

Update 25.11.2015: Am Mittwoch, den 25.11.2015 hat das Amtsgericht Coburg das gegen Michael Stoschek geführte Verfahren wegen Kennzeichenmissbrauch und Urkundenfälschung gegen Zahlung einer Geldauflage von 150.000 Euro eingestellt.

(GUE)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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