Kleinbetrieb: Betriebsbedingte Kündigung trotz gleichzeitiger Neuausschreibung wirksam

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Der Fall:

Der Arbeitgeber (ein Kleinbetrieb, in welchem weniger als 10 Arbeitnehmer tätig sind) kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich und begründete das mit betriebsbedingten Gründen.

Gleichzeitig schrieb der Arbeitgeber die Stelle des Arbeitnehmers neu aus.

Die hiergegen vom Arbeitnehmer erhobene Kündigungsschutzklage war erfolglos, wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen. Der Prüfungsmaßstab des Kündigungsschutzgesetzes können in einem Kleinbetrieb nicht über die Wirksamkeitsprüfung der Kündigung anhand deren Treuwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit eingeführt werden.

Kündigung weder sittenwidrig noch treuwidrig

In einem Kleinbetrieb wird die Wirksamkeit der Kündigung nur dahingehend geprüft, ob sie sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) oder treuwidrig (§ 242 BGB) ist.

Sittenwidrigkeit bedeutet kurz gefasst: Ein Rechtsgeschäft widerspricht nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.

Treuwidrigkeit bedeutet kurz gefasst: widersprüchliches oder willkürliches Verhalten des Arbeitgebers, Kündigung zur Unzeit.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sah die Kündigung in seiner Entscheidung (LAG Düsseldorf, Az. 3 Sa 285/22, Urteil vom 3.8.2022) weder als treuwidrig noch sittenwidrig und daher als wirksam an.

Keine Treuwidrigkeit:
 Die Treuwidrigkeit verneinte es mit der Begründung, dass darin, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt gekündigt und gleichzeitig den Arbeitsplatz neu ausgeschrieben habe, kein widersprüchliches Verhalten läge. Dies, da der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer keinen sogenannten Vertrauensschutz dahingehend geschaffen hatte, dass er das Arbeitsverhältnis nicht kündigen werde.  Der Arbeitgeber habe dadurch, dass er in der Kündigung „betriebsbedingte Gründe“ angegeben habe, gleichzeitig jedoch die Stelle neu ausgeschrieben habe, auch nicht willkürlich gehandelt. Die Prüfung dessen, was mit betriebsbedingten Gründen gemeint sei, könne in einem Kleinbetrieb nicht mit dem Begriff „dringende betrieblichen Gründe“ gleichgesetzt und damit am Maßstab des § 1 Abs. I des Kündigungsschutzgesetzes geprüft werden. Anderenfalls würde man indirekt im Kleinbetrieb eine Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung anhand des Kündigungsschutzgesetzes einführen. Vielmehr sei der Begriff „betriebsbedingte Gründe“ in einem Kleinbetrieb dahingehend zu verstehen, dass eine Person nicht mehr in den Betrieb passe. Dies sei hingegen kein willkürlicher Grund für eine Kündigung im Kleinbetrieb.

Keine Sittenwidrigkeit
 Die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Sittenwidrigkeit verneinte das Landesarbeitsgericht mit der Begründung, dass keine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens des Arbeitgebers, das sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage getretenen Gesinnung ergeben könne, vorliege. Die Nennung "betriebsbedingter Gründe" sei nicht am Maßstab des für den Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb ja gar nicht geltenden § 1 Abs. 2 KSchG zu messen. 

Fazit:
 Hätte der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben – so, wie es Arbeitgebern anzuraten ist -  keinen Kündigungsgrund angegeben, wäre ihm vielleicht viel Erklärungsnot und Ärger erspart geblieben. 
 Die Quintessenz des Urteils besteht darin, dass es Arbeitnehmern in einem Kleinbetrieb verwehrt ist, über die Prüfung der Treuwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit der Kündigung indirekt für Kleinbetriebe den Prüfungsmaßstab des § 1 Abs. 2 des Kündigungsschutzgesetzes in das Kündigungsschutzverfahren einzuführen.


Nichtsdestotrotz ist Arbeitnehmern eines Kleinbetriebes immer zu empfehlen, eine Kündigung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen; denn viele Kündigungen sind bereits formal unwirksam.

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