Kriterien für Entscheidung über Aufenthaltsbestimmungsrecht – OLG Köln, 14.11. 2013, II-10 UF 143/13

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Der Fall:

Eine Studentin und ein selbständiger Fachberater für Finanzdienstleistungen stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend die gemeinsame Tochter. Die Mutter ging einer Nebenerwerbstätigkeit von neun Stunden in der Woche nach. Der Kindesvater hatte eine tägliche Arbeitszeit von etwa drei bis vier Stunden und im Durchschnitt einem Abendtermin pro Woche. Das betroffene Kind besuchte unterwöchig von 9.00 bis 15.00 Uhr eine Kindertagesstätte.

Die Entscheidung:

Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Familiengericht hatte nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindesmutter zur alleinigen Ausübung übertragen.

Gegen diese Entscheidung legte der Kindesvater Beschwerde ein. Diese blieb ohne Erfolg.

Der Senat bestätigte das Amtsgericht, das ausgeführt hatte, dass es bei keinem Elternteil einen Hinweis auf eine Einschränkung der allgemeinen Erziehungseignung gebe. Zudem hätten beide Elternteile eine zumindest gleich gute und enge Eltern-Kind-Bindung, überdies sprächen für jeden Elternteil gewisse Kontinuitätsaspekte.

Ausschlag für den Verbleib des Kindes bei der Mutter, das sich während des Verfahrens bei dieser aufgehalten hatte, hatte letztlich gegeben, dass nach Meinung des Gerichts bei ihr von einer größeren Möglichkeit der persönlichen Betreuung des Kindes auszugehen war.

Hierbei handele es sich um ein nicht unbedeutendes Kriterium bei der Beurteilung des Kindeswohls im Sinne von § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Für diese persönliche Betreuung genüge nicht, dass der betreuende Elternteil die Betreuung durch Dritte organisiert.

Denn nach gesicherten psychologischen Erkenntnissen sei eine stabile und kontinuierliche Beziehung des Kindes zu einer bestimmten Person für eine gesunde Entwicklung notwendig und der häufige Wechsel der Bezugsperson dem Kindeswohl abträglich.

Zusätzlich hatte der Senat – wie auch das Amtsgericht – angeführt, dass bei der Kindesmutter von einer etwas höheren Bindungstoleranz als beim Vater auszugehen sei.

Letzter hatte eine psychische Erkrankung der Kindesmutter zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, obwohl aus Sicht des Gerichts bislang keinerlei Anzeichen dafür bestanden hatten, dass die Erziehungsfähigkeit der Mutter in irgendeiner Weise durch ihre psychische Disposition beeinträchtigt sein könnte. Insofern sei beim Kindesvater eher zu befürchten, dass er weiterhin den Paarkonflikt nicht von der Elternebene würde trennen können.

Die Argumentation des Gerichts überzeugt allerdings nicht vollends, gab es doch einige Anhaltspunkte dafür, dass auch der Vater über eine hohe Bindungstoleranz verfügte.

Fazit:

Streiten Eltern um das Aufenthaltsbestimmungsrecht betreffend ein gemeinsames Kind, wird das mit dem Fall befasste Familiengericht in der Regel zu ermitteln versuchen, welcher Elternteil die Hauptbezugsperson für das Kind ist und ihm aus diesem Grunde das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusprechen.

Problematisch wird es dann, wenn das Kind zu beiden Elternteilen eine gute und enge Bindung unterhält und die getrennt lebenden Eltern gleichermaßen als erziehungsgeeignet anzusehen sind.

In einem solchen Fall kann der (persönliche) Betreuungsanteil eines Elternteils als Kriterium herangezogen werden. Da es sich dabei um einen messbaren Wert handelt, eignet er sich gut als Entscheidungshilfe.


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