Kündigung erhalten – richtig handeln

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Finden Sie als Arbeitnehmer in Ihrem Briefkasten die Kündigung Ihres Arbeitgebers, kochen zunächst die Emotionen hoch. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einige Tipps an die Hand geben, damit Sie sich in dieser Ausnahmesituation richtig verhalten und sich selbst keinerlei Ansprüche verbauen.

1. Frist

Wichtig ist, dass Sie sich notieren, wann Sie die Kündigung erhalten haben. Also, wann befand sich die Kündigung in Ihrem Briefkasten? Ab dem Zeitpunkt des sog. Zugangs bei Ihnen haben Sie noch drei Wochen Zeit, um Klage gegen die Kündigung zu erheben. Diese dreiwöchige Frist kann nicht verlängert werden. Es handelt sich um eine strenge Frist, die mit dem Zugang der Kündigung bei Ihnen zu laufen beginnt. Vermerken Sie sich dieses Datum und bewahren Sie das Kündigungsschreiben gut auf.

2. Offene Ansprüche

Sollte es zur Erhebung der Kündigungsschutzklage kommen, also zu einem gerichtlichen Vorgehen gegen die ausgesprochene Kündigung, müssen in diesem Verfahren auch alle weiteren, eventuell noch offenen Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden. Bitte notieren Sie sich, ob noch offene Bonuszahlungen ausstehen, Überstunden noch nicht abgegolten worden sind, Urlaubsansprüche noch offen sind, ob Urlaub vom letzten Jahr übertragen und noch nicht genommen worden ist etc.

3. Formalia

Wurde die Kündigung eigenhändig unterschrieben? Wer hat die Kündigung unterschrieben? War diese Person, wenn es nicht der Arbeitgeber selbst war, ein zuständiger Vertreter, der zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt ist? Lag der Kündigung etwa eine Vollmacht bei? – Auch diese Informationen sind sehr wichtig für den anstehenden Kündigungsschutzprozess.

4. Unterlagen für den Rechtsanwalt

Sollten Sie sich dazu entschieden haben, gegen die Kündigung vorzugehen, müssen Sie aufgrund der dreiwöchigen Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage folgende Unterlagen dringend dem Anwalt mit überreichen:

  • Kündigungsschreiben
  • Aufstellung über die noch offenen Positionen
  • Angabe, wie viele Arbeitnehmer in dem Betrieb tätig sind
  • Gibt es einen Betriebsrat?
  • Kündigungsgrund
  • Abmahnungen, die der Kündigung vorausgingen
  • Arbeitsvertrag (und eventuelle Nachträge)
  • Letzte Lohnabrechnung

Es können je nach Arbeitsverhältnis noch weitere Unterlagen erforderlich sein. Diese oben genannten Unterlagen und Informationen sind jedoch dringend nötig, um eine Kündigungsschutzklage einreichen zu können.

5. Ziel der Kündigungsschutzklage

Das Ziel einer Kündigungsschutzklage kann nur sein, gegen die Kündigung vorzugehen, d. h. zu erreichen, dass das Arbeitsverhältnis über den im Kündigungsschreiben genannten Zeitpunkt hinaus weiterhin fortbesteht. Ein anderes Ziel kann mit der Kündigungsschutzklage nicht verfolgt werden.

6. Andere Einigungsmöglichkeiten

Es muss nicht immer eine Kündigungsschutzklage erhoben werden. Wenn Sie sich umgehend an einen Rechtsanwalt wenden, kann dieser auch innerhalb der drei Wochen, bevor die Kündigungsschutzklage erhoben werden muss, sich mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen und versuchen, die Ansprüche außergerichtlich zu regeln. Sollte die Kündigung unwirksam sein und es Ihnen noch weiter zumutbar sein, in dem Betrieb zu arbeiten, kann auch dies außergerichtlich erreicht werden. Man kann sich aber außergerichtlich auch über einen Aufhebungsvertrag einigen, der dann eine Wirkung entfaltet wie der gerichtlich geschlossene Vergleich. Der Vorteil liegt darin, dass die Kosten des gerichtlichen Rechtsstreits gespart werden und dass nicht erst ein Gerichtstermin abgewartet werden muss.

7. Mythen

Es gibt leider vielverbreitete Mythen, die sich nicht beseitigen lassen:

a) Anspruch auf Abfindung

Wie bereits oben erwähnt, kann mit einer Kündigungsschutzklage nur das Ziel verfolgt werden, dass die Kündigung unwirksam ist. Leider gehen sehr viele Arbeitnehmer davon aus, dass das Ziel der Kündigungsschutzklage ist, eine möglichst hohe Abfindung zu erreichen. Meist ist es so, dass im Kündigungsschutzprozess festgestellt wird, dass die Kündigung unwirksam ist oder höchstwahrscheinlich unwirksam ist und das weitere Vorgehen einen sehr langen Prozess nach sich ziehen wird. Daraus folgt, dass das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits zerrüttet ist, da ja schließlich eine ausgesprochene Kündigung im Raum steht. Sich dann wieder auf seinen Arbeitsplatz „einzuklagen“, führt meistens dazu, dass das Arbeitsverhältnis sich sehr schwierig gestaltet und über kurz oder lang eine erneute Kündigung, ausgesprochen vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, vorliegen wird. Deshalb ist es weitverbreitet, dass man in solchen Situationen sich über eine vergleichsweise Einigung unterhält, was bedeutet, man einigt sich auf einen Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Meist ist dies dann die Frist für die ordentliche Kündigung. Man setzt fest, dass ein Arbeitszeugnis zu erteilen ist, dass noch offene Forderungen auszugleichen sind (Urlaub, Überstunden etc.) und dass eine Abfindung gezahlt wird. Diese Abfindung ist kein starrer Wert, der gesetzlich festgelegt ist. Es gibt hier die Faustregel, dass man für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ein halbes Monatsgehalt erhält. Dies ist jedoch die Höchstgrenze für Abfindungen. Sie ist nicht starr zu berechnen. Es kommt auf den jeweiligen Fall an.

b) Keine Kündigung während dem Krankenstand

Ein ebenfalls weitverbreiteter Mythos ist, dass eine Kündigung nicht ausgesprochen werden könne, wenn sich der Arbeitnehmer im Krankenstand befindet. Dies ist so nicht richtig. Eine Kündigung kann jederzeit ausgesprochen werden. Es können sogar Kündigungen aufgrund des Krankheitszustandes ausgesprochen werden. Hier sind jedoch für den Arbeitgeber hohe Hürden gesetzt, wie beispielsweise das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement etc. 

c) Keine Kündigung im Urlaub

Es ist ein ebenfalls verbreiteter Irrglaube, dass eine Kündigung nicht ausgesprochen werden könne, wenn sich der Arbeitnehmer im Urlaub befindet, da der Arbeitgeber ja über den Urlaub informiert sei. Dem ist nicht so: Der Arbeitgeber kann die Kündigung zu jedem Zeitpunkt aussprechen und an den Arbeitnehmer senden. Wenn sich der Arbeitnehmer im Urlaub befindet, kann es passieren, dass er aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit die Frist von drei Wochen für die Kündigungsschutzklage verpasst. In diesem Fall ist es aber so, dass man, wenn man nachweisen kann, dass die Frist unverschuldet versäumt wurde, dennoch die Klage „rechtzeitig“ erheben kann. In diesem Fall muss man möglichst schnell handeln und auch nachweisen können, dass die Frist unverschuldet versäumt worden ist. Man sollte also sicherstellen, dass während längerer Urlaubsabwesenheit der Briefkasten von einer Vertrauensperson geleert wird. Dies ist insbesondere wichtig, wenn man mit einer Kündigung rechnen kann/muss.

Sollten Sie eine Kündigung erhalten haben, stehen wir Ihnen gerne als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Nehmen Sie bitte mit uns per Mail oder telefonisch Kontakt auf, damit wir Ihre Ansprüche geltend machen und durchsetzen können. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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