Kündigung erhalten, was nun?

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Kündigung erhalten, was nun?

Die häufigsten Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten sind natürlich die Kündigungen durch den Arbeitgeber.

Wie reagiere ich nun als Arbeitnehmer?

Die Voraussetzungen einer Kündigung im Arbeitsrecht sind vielen Arbeitnehmern nicht geläufig. Insbesondere die Formalien und die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung derer, bedürfen einer genauen Betrachtung.

Ich möchte Ihnen einen kleinen Leitfaden an die Hand geben.

I. Die Kündigung an sich

Die Kündigung ist eine sogenannte einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, welche darauf gerichtet ist, ein bestehendes Vertragsverhältnis zu beenden.

Der Empfänger, im Normalfall der Arbeitnehmer, muss also einer Kündigung nicht zustimmen, dies würde eine Kündigung auch konterkarieren.

Die Kündigung entfaltet Ihre Rechtswirkung mit dem Zugang beim Empfänger, zum Beispiel durch Übergabe an den Arbeitnehmer oder durch Einwurf durch einen Boten zu „normalen“ Einwurfzeiten (üblicherweise bis nachmittags), Einwurfeinschreiben etc.

II. Formerfordernis 

Eine Kündigung im Arbeitsrecht bedarf der Schriftform, siehe § 623 BGB.

Sie muss im Original vorgelegt werden und muss unterschrieben sein. Eine Kopie, E-Mail oder Fax reichen nicht aus, zum jetzigen Zeitpunkt auch keine elektronische Signatur, auch wenn diese mittlerweile im Rechtsverkehr angekommen ist. Konsequenterweise reicht dann natürlich erst recht keine mündliche Kündigung aus.

III. Die Kündigungsfrist und der Zugang 

Entscheidend für die Kündigungsfrist ist der Zugang der Kündigung.

Die Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie in verkehrsüblicher Weise in den Machtbereich des zu Kündigenden gelangt ist. Dies kann durch persönliche Übergabe oder Einwurf in den Briefkasten zu üblichen Einwurfzeiten geschehen. Der Einwurf um 23:00 Uhr abends ist sicherlich nicht als „üblich“ anzusehen, sodass juristisch erst der nächste Tag als Zugangstag gilt. Es genügt grundsätzlich auch die persönliche Übergabe zuhause an Ehepartner und Lebenspartner, da diese per se als empfangsberechtigt angesehen werden, ebenso, wie zum Beispiel WG-Mitbewohner.

Das exakte Zugangsdatum ist immanent wichtig für die Berechnung der Kündigungsfrist, aber auch für die Frist zur Klageerhebung.

Rechtssicher zugegangen ist also die Kündigung bei persönlicher Übergabe oder Einwurf per Boten. 

IV. Kündigungsgrund

Grundsätzlich muss in dem Kündigungsschreiben kein Kündigungsgrund angegeben werden. In dem Kündigungsschreiben selbst muss also nicht angegeben werden, warum die Kündigung ausgesprochen wird. 

Dennoch muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund haben, wenn der Arbeitnehmer unter den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes fällt.

Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber rechnerisch mehr als 10 Vollzeit Mitarbeiter (Altfälle mehr als fünf Mitarbeiter) beschäftigt. Teilzeitkräfte werden also auch nur zum Teil gerechnet, sodass es auch sein kann, dass ein Unternehmen 15 Mitarbeiter hat, die Mitarbeiter aber keinen Kündigungsschutz haben.

In Altfällen kann es ausreichen, wenn das Unternehmen mehr als lediglich 5 Mitarbeiter hat.

Den Kündigungsgrund erfährt man sehr häufig erst im Kündigungsschutzverfahren.

Dieses muss binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eingeleitet werden. Tut dies der Gekündigte nicht, ist die Kündigung automatisch grundsätzlich wirksam, auch wenn sie rechtlich an sich angreifbar gewesen wäre. 

Wird die Kündigungsschutzklage rechtzeitig erhoben, muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe plausibel machen.

Es gibt verschiedene Formen der Kündigung.

Die außerordentliche Kündigung ist als „fristlose Kündigung“ eher geläufig. Der Arbeitgeber muss dabei nachweisen, dass es ihm nicht mehr zumutbar ist, noch länger mit dem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Nur beispielhaft seien hier Diebstähle, Körperverletzungen oder die Weitergabe von Unternehmensgeheimnissen als Kündigungsgründe genannt.

Bei einer ordentlichen Kündigung können die Gründe im Verhalten der Person liegen, krankheitsbedingt, betriebsbedingt oder weitere Gründe haben. Sie sind vielfältig und im Einzelfall abzuwägen.

Zu den verschiedenen Gründen berate ich Sie gerne, werde im Laufe der Zeit hierzu aber auch noch einen Artikel einstellen.

Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel, im Arbeitsrecht ist dies der Sonderkündigungsschutz von verschiedenen Gruppen, zum Beispiel Betriebsräte, Schwerbehinderte oder werdende Mütter. Für sie gibt es Sonderregeln, auf die ich im Detail noch in weiteren Artikeln eingehen werde.

V. Bedarf es einer Abmahnung?

Ob vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden muss, bevor es zu einer Kündigung kommt, hängt vom Kündigungsgrund ab.

Kommt ein Arbeitnehmer mehrfach zu spät und wird mehrfach abgemahnt, kann beim nächsten Mal eine Kündigung wirksam sein. Ohne Abmahnung beim ersten Zuspätkommen ist eine Kündigung nicht möglich und angreifbar. Grundsätzlich soll also der Mitarbeiter in die Lage versetzt werden, dass er sein Verhalten zum Positiven ändert. Aber auch bei dieser Frage wird im Einzelfall entschieden und bedarf einer rechtlichen Überprüfung.

VI. Unwirksamkeit

Es gibt diverse Formalitäten, die beim Ausspruch einer Kündigung eingehalten werden müssen und bei deren Nichteinhaltung die Unwirksamkeit der Kündigung folgen kann, wie die Schriftform, die Unterschrift, die Bevollmächtigung des Unterschreibenden, eventuell die notwendige Vorlage einer Vollmacht etc.

Unwirksam ist sie auch, wenn die Kündigungsgründe nicht greifen oder diese unverhältnismäßig ist.

Ebenso kann die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht korrekt sein. 

VII. Fristen und Klage

Setzen Sie sich bei Zugang einer Kündigung sofort mit dieser auseinander, da sämtliche Fristen dann zu laufen beginnen und diese recht kurz sind.

Eine Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung am zuständigen Arbeitsgericht eingereicht sein.

Für die Rügen der Formalien der eigentlichen Kündigung gilt der Unverzüglichkeitsgrundsatz, hier muss also sofort gehandelt werden.

VIII. Abfindung

Das Risiko in Arbeitsgerichtsprozessen muss differenziert betrachtet werden.

Im Arbeitsgerichtsprozess kommt es zunächst zu einem Gütetermin. In diesem wird versucht die Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bringen, sei es indem man die Kündigung für null und nichtig erklärt und der Arbeitnehmer weiterarbeitet wie bisher oder man sich trennt und hierfür Konditionen aushandelt. Hierzu gehört z. B. die Abfindung.

Das Risiko eines langen Prozesses für den Arbeitgeber ist, dass er Lohn ohne Gegenleistung nachzahlen und auch den Arbeitnehmer eventuell weiterbeschäftigen muss.

Das Risiko für den Arbeitnehmer besteht darin, dass er eventuell nach einem langen Prozess dennoch seinen Job verliert und mit leeren Händen dasteht.

Um diese Risiken zu vermeiden kommt es häufig zu einem Vergleichsschluss, man einigt sich also.

Dabei wird häufig dann auch die Zahlung einer Abfindung zur Abfederung der Aufgabe des sozialen Besitzstandes in den Raum gestellt. Dies ist jedoch kein Muss und es besteht auch zunächst grundsätzlich kein Anspruch darauf.

Dies wäre lediglich bei einem Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Fall, wenn es den Parteien nicht mehr zumutbar ist, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Dies ist allerdings ein absoluter Sonderfall.

Die Höhe der Abfindung ist insbesondere von den Prozessaussichten, der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und dem vorherigen Gehalt abhängig. 

Hierbei ist Verhandlungsgeschick gefragt und dabei helfen wir Ihnen gerne.

IX. Beiziehung eines Anwalts

Der Arbeitsgerichtsprozess ist ein besonderes Verfahren. Insbesondere die Vergleichsverhandlungen stellen Laien teilweise vor komplexe Aufgaben, die allein schwierig zu bewältigen sind. Insofern rate ich zur Unterstützung und Einhaltung der Formalien einen Anwalt Ihres Vertrauens hinzuzuziehen.

Für weitere Fragen und Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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