Mängel beim Hauskauf / Mängelrechte beim Kauf von Immobilien / verdeckte Mängel

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Laut der Studie „Bauqualität beim Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern“ aus dem Jahre 2019 kommt es beim Neubau einer solchen Immobilie im Schnitt zu 23 Baumängeln. Doch wie sieht es beim Kauf einer bereits errichteten Immobilie aus? Unsere Erfahrung zeigt, dass es auch nach einem Hauskauf zu zahlreichen Streitigkeiten rund um Mängel an der gerade erst erworbenen Immobilie kommt.


Was sind Mängel?

Ein Sachmangel beim Hauskauf liegt nach § 434 BGB vor, wenn die Immobilie entweder nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet oder wenn sie nicht die übliche Beschaffenheit hat und sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet. Juristen sprechen von einer Abweichung der sogenannten Ist- von der Soll-Beschaffenheit.

Typische Sachmängel sind beispielsweise Feuchtigkeitsschäden im Keller, ein undichtes Dach oder eine nicht ausreichende Isolierung.

Neben Sachmängeln gibt es noch die sogenannten Rechtsmängel. Eine Immobilie ist nach § 435 BGB frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können.

Wenn der Käufer erst nach Erwerb der Immobilie feststellt, dass die Immobilie vermietet ist und daher die Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt sind, liegt beispielsweise ein Rechtsmangel vor.


Was bedeutet ein Gewährleistungsausschluss?

Beim Kauf eines Hauses sieht der notarielle Kaufvertrag in den allermeisten Fällen einen Gewährleistungsausschluss vor. Es heißt in dem Vertrag beispielsweise „gekauft wie gesehen“ oder „gekauft wie besichtigt“.

Ein Gewährleistungsausschluss bedeutet, dass der Käufer einer Immobilie grundsätzlich die ihm eigentlich nach § 437 BGB zustehenden Mängelrechte nicht geltend machen kann. Das Gesetz sieht als Mängelrechte die Nacherfüllung, den Rücktritt vom Kaufvertrag, die Minderung des Kaufpreises oder Schadens- bzw. Aufwendungsersatz vor. Bei einem Gewährleistungsausschluss können diese Rechte durch den Käufer nicht ausgeübt werden.


Welche Mängel können trotz Gewährleistungsausschluss geltend gemacht werden?

Der Ausschluss der Gewährleistung bedeutet nicht, dass Käufer von Häusern ohne Rechte dastehen. Auf den Gewährleistungsausschluss kann sich der Verkäufer nämlich nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen hat. Dies gilt nach § 442 Abs. 1 BGB aber nur, wenn der Käufer den Mangel bei Vertragsschluss nicht kennt. 

Zu unterscheiden sind folgende Fallgruppen:

Verdeckte Mängel

Verdeckte Mängel liegen bei Immobilien vor, wenn die Mängel für den Käufer bei Abschluss des Kaufvertrags nicht erkennbar waren.

Entdeckt der Käufer beispielsweise beim Umgraben eines Beetes einen vergrabenen Öltank, stellt dies zweifelsfrei einen verdeckten Mangel dar. Bei verdeckten Mängeln greift der Gewährleistungsausschluss nicht.

Baujahrtypische Mängel

Auf Mängel, die typischerweise diverse Immobilien aus einer bestimmten Zeit aufweisen, kann sich der Käufer hingegen nicht berufen. 

Bei Altbauten, die um 1900 errichtet wurden, sind beispielsweise die Heizungsanlagen, Elektroinstallationen und die Wärmedämmung veraltet bzw. mangelhaft.

Arglistig verschwiegene Mängel

Eine arglistige Täuschung liegt dann vor, wenn der Verkäufer einen Mangel verschweigt, obwohl er weiß, dass der Erwerber ihn nicht kennt und er erwartet, dass der Vertrag bei Kenntnis des Käufers über den Mangel nicht zustande gekommen wäre. Hat der Verkäufer nach einem Feuchtigkeitsschaden beispielsweise eine Wand vor dem Verkauf so tapeziert, dass der Käufer den Feuchtigkeitsschaden nicht mehr erkennen konnte, hat er arglistig gehandelt. Der Verkäufer darf sich dann nicht auf den vertraglichen Gewährleistungsausschluss berufen.


Welche Rechte stehen Käufern bei Mängeln an der erworbenen Immobilie trotz Gewährleistungsausschluss zu?

Falls ein Mangel am Haus vorliegt, kann der Käufer zunächst gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 BGB Nacherfüllung, also die Beseitigung des Mangels, verlangen. Scheitert die Nacherfüllung oder ist sie dem Käufer nicht zuzumuten, kann der Käufer nach seiner Wahl vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder Schadens- bzw. Aufwendungsersatz verlangen. Der häufigste Fall ist die Kaufpreisminderung, da die meisten Käufer aus der Immobilie wegen eines Mangels erfahrungsgemäß nicht gleich wieder ausziehen möchten. 


In welcher Höhe kann der Kaufpreis bei einem Mangel gemindert, also herabgesenkt, werden?

Wenn dem Käufer ein Minderungsrecht zusteht und er dieses wirksam ausübt, bleibt der Kaufvertrag – anders als beim Rücktrittsrecht – bestehen und der Käufer behält die Immobilie. Der Kaufpreis ermäßigt sich nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 S. 1 BGB. Der Kaufpreis ist in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hätte. Als Kaufpreis ist derBruttokaufpreiseinschließlich etwaiger Steuern und Abgaben anzusetzen. Für den Wert der Sache ist derobjektive Verkehrswertmaßgeblich, den die Sache in mangelfreiem Zustand hypothetisch hätte und den sie infolge des Mangels tatsächlich hat. Ohne Belang ist dagegen, welchen Kaufpreis die Parteien bei Kenntnis des Mangels vereinbart hätten oder ob sich der Verkäufer überhaupt auf einen niedrigeren Preis eingelassen hätte. § 441 Abs. 3 S. 2 sieht vor, dass die Minderung, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln ist.


Welche Tipps sollten Käufer beachten?

Käufern ist vor Erwerb einer Immobilie unbedingt anzuraten, einen Bausachverständigen zu beauftragen, um die Immobilie hinsichtlich etwaiger Baumängel zu begutachten. Angesichts der Immobilienpreise 2021 lohnt sich das in den Bausachverständigen investierte Geld in jedem Fall. Es ist schließlich Aufgabe des Gutachters, etwaige Mängel aufzudecken und die Käufer dadurch vor einem bösen Erwachen nach Bezug der Immobilie zu schützen. Außerdem haftet der Gutachter gegenüber dem Käufer, wenn sein Gutachten selbst mangelhaft ist, weil er zum Beispiel gravierende Baumängel übersehen hat. 


Was sollten Verkäufer beachten?

Verkäufer müssen darauf achten, nicht in die Arglisthaftung zu geraten. So kann dem Verkäufer wegen arglistigen Verhaltens bereits in Anspruch genommen werden, wenn er einen Mangel zwar nicht kennt, aber für möglich hält bzw. er damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und ihn trotzdem über diesen Mangel nicht aufklärt. Vermeiden Sie als Verkäufer in jedem Fall Angaben „ins Blaue hinein“, wenn Sie eigentlich keine belastbaren Angaben machen können.





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