OLG Düsseldorf zur Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung bei negativer Bewertung auf ebay

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I. Ausgangsfall

Ein Käufer hatte von einem gewerblichen Verkäufer bei ebay einen Monitor gekauft und bezahlt. Nach Erhalt des Monitors hatte der Käufer von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und den Monitor zurückgesandt. Dieser war allerdings bei Eingang beim Verkäufer beschädigt, weshalb der Verkäufer den Kaufpreis nicht erstattete. Darauf gab der Käufer folgende Bewertung ab: „Finger weg!!Hat seine Ware zurückerhalten, ich aber nie mein Geld!!!!". Der Verkäufer stellte daraufhin die Antwort ein: „Fahrlässigkeit beschädigtes LCD bitte alles lesen auf unserer mich Seite Anfang". Der Verkäufer mahnte danach den Käufer ab und beanspruchte Löschung der Äußerung. Da der Käufer dies verweigerte, beantragte der Verkäufer den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Landgericht lehnte den Antrag ab. Auf die sofortige Beschwerde des Verkäufers entschied das OLG Düsseldorf, dass der Antrag zu recht zurückgewiesen wurde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. März 2011, Az. I-15 W 14/11).

II. Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung

Ein Anspruch wird, wenn der Anspruchsgegner ihn nicht erfüllt, normalerweise im Wege der Klage durchgesetzt. Da ein Klageverfahren lange dauern kann, gibt es die Möglichkeit, den  Anspruch schnell, aber vorläufig im Wege einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen, bis in der Hauptsache entschieden wurde. Voraussetzung ist neben dem Vorliegen eines Anspruchs auch ein Verfügungsgrund, also die Besorgnis, dass durch eine langwierige Entscheidung in der Hauptsache die Durchsetzung des Rechts erschwert oder vereitelt werden könnte, weswegen eine einstweilige Sicherung erforderlich ist. Gerade in Wettbewerbssachen liegt ein Verfügungsgrund vor, wenn eine Dringlichkeit, also Eilbedürftigkeit der Sache gegeben ist. Wartet der Antragsteller zu lange, nachdem er Kenntnis von dem Rechtsverstoß erlangt hat, hat er die im Wettbewerbsrecht bestehende Dringlichkeitsvermutung selbst widerlegt. In dem hier besprochenen Verfahren hat das OLG entschieden, dass der Antragsteller, also der Verkäufer, seine Rechte einstweilen selbst gewahrt habe, indem er sich zu dem Vorwurf auf der Auktionsplattform geäußert hat. Danach habe der Verkäufer die gebotene Möglichkeit wahrgenommen, der negativen Bewertung durch Schilderung seiner Sicht der Dinge entgegenzutreten und dadurch seine Rechte einstweilen zu wahren. Es sei ihm daher grundsätzlich zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, zumal er bei 99,9 % positiver Bewertungen keine Schädigungen zu befürchten habe.

III. Ansprüche gegen negative Äußerungen

Nicht entschieden hat das OLG die Frage, ob dem Verkäufer Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen der Äußerungen des Käufers in seiner Bewertung zustehen. Der Verkäufer kann seinen Anspruch also noch in einem Hauptsacheverfahren geltend machen. Grundsätzlich können Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gemäß §§ 1004, 823 BGB bestehen, wenn Jemand öffentlich falsche Tatsachen über eine Person verbreitet oder sogenannte Schmähkritik äußert. Falsche Tatsachenbehauptungen sind in der Regel rechtswidrig, nur ausnahmsweise bestehen keine Ansprüche. Meinungsäußerungen dagegen stehen unter dem Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG. Erst wenn die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist, es sich also um nicht hinnehmbare Äußerungen wie z.B. Beleidigungen handelt, können auch Meinungsäußerungen sanktioniert werden. Im Fall des OLG ist die Aussage „Hat seine Ware zurück erhalten, ich aber nicht mein Geld", grundsätzlich sogar nicht unwahr. Allerdings impliziert die Äußerung des Käufers, dass der Verkäufer zu Unrecht den Kaufpreis einbehalten habe. Nach dem Vortrag des Verkäufers kann es aber auch sein, dass er den Kaufpreis wegen der Beschädigung der Ware zu Recht einbehalten hat. Die näheren Umstände müssten dann im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Die Aussage „Finger weg" ist dagegen eine Meinungsäußerung, die wohl nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreitet, so dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche deswegen nicht bestehen.

IV. Fazit

Einstweilige Verfügungen ermöglichen eine schnelle vorläufige Entscheidung über einen Anspruch, häufig auch ohne Anhörung des Gegners. Ein Vorteil gegenüber dem Hauptsacheverfahren ist zudem die Möglichkeit, einen Sachverhalt an Eides statt zu versichern, ein voller Beweis ist also nicht erforderlich. Voraussetzung ist aber neben dem Bestehen des Anspruchs auch ein Verfügungsgrund, also in der Regel die Dringlichkeit der Sache. Gibt der Antragsteller zu erkennen, dass ihm die Sache nicht dringlich ist, weil er etwa zu lange wartet, wird auch keine einstweilige Verfügung erlassen. Das soll auch im Rahmen von negativen Bewertungen bei ebay gelten, wenn der Antragsteller die Möglichkeit nutzt, zu einer negativen Bewertung Stellung zu nehmen. Sicherlich ist die Möglichkeit, durch einstweilige Verfügung eine negative Bewertung schnell löschen zu lassen, ein wesentlich wirksameres Mittel als eine bloße Gegenäußerung zur negativen Bewertung. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung fragwürdig. Jedenfalls muss dem durch eine Bewertung Betroffenen geraten werden, zunächst auf die Gegenäußerung zu verzichten, wenn er einen Anspruch gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung durchsetzen will.

Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz

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