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Pkw-Maut vom Bundestag beschlossen

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Der Bundestag hat die Pkw-Maut beschlossen. Die offiziell als Infrastrukturabgabe bezeichnete Nutzungsgebühr für deutsche Bundesfernstraßen, also Bundesautobahnen und Bundesstraßen mit Ortsdurchfahrt, kann damit Anfang 2016 in Kraft treten. Halter nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassener Fahrzeuge, die das deutsche Bundesfernstraßennetz nutzen, sollen dessen Erhalt künftig mitfinanzieren. Sie sind zunächst aber nur auf Bundesautobahnen abgabepflichtig. Gleichzeitig beschloss der Bundestag eine entsprechende Entlastung bei der Kfz-Steuer für im Inland zugelassene Fahrzeuge durch Änderungen des Kraftfahrzeugsteuergesetzes.

Was kostet die Maut?

Die Kosten für eine Jahresvignette bestimmen sich nach dem Hubraum, Umwelteigenschaften und Zulassungsjahr des Pkw bzw. bei Wohnmobilen nach dem Gewicht. Für Halter von Dieselfahrzeugen ist die Pkw-Maut etwas höher. Auf die Fahrtstrecke kommt es für die Maut dagegen nicht an.

Im Durchschnitt soll die Pkw-Maut 88 Euro im Jahr betragen. Die Maximalgrenze soll bei 130 Euro liegen. Für nur zeitweise im Jahr zugelassene Fahrzeuge wird die Abgabe nur für den Zulassungszeitraum fällig. Im Übrigen soll eine vollständige Entlastung inländisch zugelassener Fahrzeuge über die jeweilige Kfz-Steuer mittels eines Freibetrags erfolgen. Fahrzeughalter in Deutschland zugelassener Fahrzeuge erhalten die Jahresvignette automatisch.

Nicht in Deutschland zugelassene Fahrzeuge können zwischen verschiedenen Vignetten wählen. Eine Vignette für 10 Tage kostet 5, 10 oder 15 Euro. Zwei Monate kosten 16, 22 oder 30 Euro. Zu dieser Staffelung kam es erst durch eine kurzfristige Änderung, bevor der Bundestag die Maut verabschiedete. Bei einheitlichen Beträgen für jedes Fahrzeug gab es Befürchtungen wegen der Vereinbarkeit der Kurzzeitvignetten mit EU-Recht. Außerdem gibt es auch hier eine Jahresvignette. Die Vignetten sind im Internet sowie an Terminals z. B. bei Tankstellen erhältlich. Für Benzinfahrzeuge kostet die Vignette 103,40 Euro, bei Dieselfahrzeugen sind 112,35 Euro vorgesehen. Begründet wird die Pauschale mit höheren Verwaltungskosten.

Wie funktioniert die Vignette?

Bei der Vignette handelt es sich um eine elektronische Vignette. Die sogenannte E-Vignette ist mit dem Kennzeichen des jeweiligen Fahrzeugs verknüpft. Die Pkw-Maut wird über 300 Kontrollpunkte kontrolliert. Bilder und Daten sind unverzüglich nach Feststellung, dass die Maut entrichtet ist, zu löschen. Die Daten dürfen laut Infrastrukturabgabengesetzes ausschließlich für dessen Zwecke und damit etwa nicht zur Strafverfolgung genutzt und verarbeitet werden. Außerdem finden mobile Mautkontrollen durch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) statt.

Wie viel Einnahmen bringt die Pkw-Maut?

Das Verkehrsministerium prognostiziert zusätzliche Einnahmen von rund 700 Millionen Euro pro Jahr Diese können ausschließlich von den ausländischen Fahrzeughaltern stammen, da keine Mehrbelastung inländischer Fahrzeughalter entstehen soll. Unsicherheiten gibt es hinsichtlich der Kosten für die Erhebung. Das System der Kfz-Steuer muss angepasst werden. Unklar ist auch, wie Tagespendler aus dem Ausland einreisen – auf Autobahnen oder nicht. Denn zunächst besteht die Mautpflicht für im Ausland zugelassene Fahrzeuge nur auf Autobahnen.

Wofür werden die Einnahmen verwendet?

Die Einnahmen sind zweckgebunden und fließen in den Erhalt und Neubau der Straßen. Von den Einnahmen der nicht zweckgebundenen Kfz-Steuer fließt derzeit nur ein Drittel in die Verkehrswege. Für Erhaltung, Neu- und Ausbau sowie sonstige Investitionen war im Haushalt 2014 ein Bedarf von 5,1 Mrd. Euro vorgesehen.

Ist die Maut mit EU-Recht vereinbar?

Derzeit verlangen 15 der 28 EU-Länder eine Pkw-Maut auf ihren Straßen. Die Kombination einer solchen Straßenbenutzungsgebühr mit einer Entlastung inländischer Fahrzeughalter gibt es in diesen Ländern nicht. Dadurch unterscheidet sich die deutsche Pkw-Maut in einem wesentlichen Punkt von den Mautsystemen anderer Länder.

Die Zweifel an der Vereinbarkeit der deutschen Pkw-Maut mit EU-Recht ergeben sich aufgrund des in der EU geltenden Diskriminierungsverbots. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbietet jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Verboten sind unmittelbare Diskriminierungen, die direkt an der Staatsangehörigkeit ansetzen. So wäre eine nur von Bürgern anderer EU-Länder erhobene Pkw-Maut europarechtswidrig. Europarechtswidrig sind aber auch mittelbare Diskriminierungen. Zu einer mittelbaren Diskriminierung kommt es durch Bedingungen, die typischerweise nur Staatsangehörige eines bestimmten Landes erfüllen können. Hier argumentieren die Befürworter, dass die Entlastung bei der Kfz-Steuer unabhängig von Staatsangehörigkeit und Wohnort ist. Sie richtet sich nur nach der Zulassung des Fahrzeugs in Deutschland. Ob das genügt, wird sich zeigen.

Kommissionspräsident Juncker und Österreich haben bereits mit einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht, wenn die Maut kommt. Auch jeder ausländische Fahrzeughalter kann die Überprüfung der Vereinbarkeit mit EU-Recht anstrengen. Es genügt, wenn er gegen einen wegen nicht gezahlter Maut erhaltenen Bußgeldbescheid gerichtlich vorgeht. Ein nationales Gericht kann den EuGH bei Zweifeln an der Vereinbarkeit mit EU-Recht zur Klärung anrufen. Letztinstanzliche Gerichte sind sogar dazu verpflichtet.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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