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Rechte von VW-Kunden gestärkt – BGH sieht VW-Abschalteinrichtung als Sachmangel

  • 2 Minuten Lesezeit
Boris Christof Böhm anwalt.de-Redaktion
  • Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich erstmals zum Dieselskandal geäußert.
  • Im Verweis auf einen ergangenen Hinweisbeschluss machte der BGH deutlich, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung einen Sachmangel darstellt.
  • VW betont dagegen, aus den Hinweisen des Bundesgerichtshofs ließen sich keine Rückschlüsse für die Erfolgschancen derzeit anhängiger Klagen ziehen.

Welcher Fall lag dem Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde?

Der Kläger kaufte im Juli 2015 einen VW Tiguan der ersten Generation bei einem VW-Händler. Es handelte sich hierbei um ein Neufahrzeug mit einem 2-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189.

Die Motorsteuerung des Wagens enthält eine Abschalteinrichtung, die merkt, ob gerade ein Test der Emissionswerte unter Laborbedingungen erfolgt. Ist dies der Fall, leitet die Software verglichen mit normalen Fahrbetrieb verstärkt Abgase in den Motor zurück. Auf diese Weise wird eine Reduzierung der am Auspuff festgestellten Stickoxide erreicht.

Bei dieser Manipulation handelt es sich nach Meinung des Kraftfahrt-Bundesamts um eine verbotene Abschalteinrichtung. Der Käufer sah darin einen Mangel. Deshalb forderte er von seinem VW-Händler unter Fristsetzung bis 20. November 2015 die Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens mit identischer Ausstattung. Andernfalls verlangte er die Nachbesserung des von ihm erworbenen Fahrzeugs.

Wie ist der Prozess verlaufen?

In den Vorinstanzen war die Klage vom Land­gericht Bayreuth und vom Ober­landes­gericht Bamberg abgewiesen worden. Eine Ausnahme bildete lediglich die von ihm ersatzweise verlangte Nachbesserung.

Das Oberlandesgericht Bamberg meinte, die vom Kläger geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs sei unmöglich. Der vom Kläger gekaufte Tiguan der ersten Generation werde nicht mehr hergestellt. Das Folgemodell sei so stark verändert worden, dass es sich nicht mit diesem vergleichen lasse.

Die Nachlieferung eines Neuwagens wurde somit abgelehnt. Ob der Kläger die Ersatzlieferung eines VW Tiguan der zweiten Generation verlangen könne, musste allein deshalb nicht entschieden werden, da kein entsprechender Antrag vorlag. Darauf ging der Kläger in Revision, über die der Bundesgerichtshof entscheidet. Die Verhandlung sollte am 27. Februar stattfinden (Az.: VIII ZR 225/179).

Auch ohne Urteil stärkt der BGH die Verbraucherrechte

Am 22. Februar 2019 veröffentlichte der Bundesgerichtshof eine Pressemitteilung. Darin teilte er zum einen mit, dass die Revisionsverhandlung nicht stattfinde. Die beteiligten Parteien hätten vorher einen Vergleich geschlossen – eine Praxis, zu der es schon in anderen Verfahren wegen manipulierter VW-Fahrzeuge gekommen war, kurz bevor sie der BGH verhandeln konnte.

Diesmal hat der Bundesgerichtshof jedoch erstmals einen Hinweisbeschluss öffentlich gemacht. Demnach stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung einen Sachmangel dar, durch den die Gefahr besteht, dass dem betroffenen Fahrzeug die Zulassung von der zuständigen Behörde entzogen werden könnte. VW wollte es nach diesem Hinweisbeschluss offenbar nicht mehr auf eine Verhandlung ankommen lassen.

Durch diese Hinweise hat der BGH die Rechte von Käufern im Dieselskandal deutlich gestärkt. Andere Gerichte dürften sich an der BGH-Linie orientieren und so dürften sich Ansprüche gegen VW einfacher durchsetzen lassen.

VW spielt Hinweisbeschluss des BGH herunter

In einer unmittelbar danach veröffentlichten Mitteilung betont der VW-Konzern, dass die Erläuterungen des Bundesgerichtshofs vorläufig seien und noch keine Entscheidung in der Sache gefällt worden sei. Konkrete Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten der Musterfeststellungsklage und der anderen gewährleistungsrechtlichen Klagen könnten daher nicht gezogen werden.

(BCB)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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