Renaissance des Widerrufsjokers – EuGH lässt Musterwiderrufsbelehrung platzen

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Vom sog. Widerrufsjoker hat fast jeder schon gehört. Der Gesetzgeber hat für bestimmte Verträge die Möglichkeit geschaffen, dass sich der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen wegen besonderer Schutzbedürftigkeit mit einer einseitigen Erklärung, dem sog. Widerruf, vom Vertrag lösen kann. Im Übrigen gilt stets der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind.

Das Widerrufsrecht besteht bei diversen Verträgen, wie beispielsweise einem Vertrag, der im Wege des Fernabsatzes geschlossen wurde, aber eben gerade auch beim Darlehensvertrag. Damit wird der Widerruf gerade im Kraftfahrzeuggewerbe relevant, denn mehr und mehr wird der Kaufpreis bei Erwerb eines Kraftfahrzeugs nicht aus eigener Tasche gezahlt, sondern ganz oder teilweise mittels eines Darlehens finanziert oder geleast. Was für den Darlehensvertrag gilt, gilt jedenfalls auch für das Restwertleasing, was durch § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB geregelt wird. Für das Kilometerleasing ist diese Frage streitig.

Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 2 Wochen und knüpft an den Erhalt diverser Unterlagen und Informationen an. Nach Ablauf der Frist ist der Widerruf ausgeschlossen. Eigentlich… Den Widerrufsjoker kann der Verbraucher nämlich auch weit nach Ablauf dieser Frist ziehen, wenn die Frist aufgrund fehlender, unrichtiger oder nicht hinreichend verständlicher Informationen nicht begann. Die Frist ist sodann oft bis zur Korrektur unendlich lang und wird nur durch Verwirkung und Treu und Glauben begrenzt.

Im Geflecht einer Vielzahl von Vorschriften ist es in der Regel äußerst kompliziert, Fehler in den Informationen und insbesondere der Widerrufsbelehrung zu finden. Im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) hat der Gesetzgeber Musterbelehrungen vorgegeben, für welche die deutsche Rechtsprechung annimmt, dass die Belehrung bei richtiger Wiedergabe einer Prüfung standhält.

Anders jetzt der EuGH mit einer Entscheidung vom 26.03.2020 bei der Auslegung der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge, die das gesamte deutsche Recht aufrüttelt Der EuGH hat entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung dann nicht klar und prägnant ist, wenn ein sog. Kaskadenverweis verwendet wird, wenn also in der Widerrufsbelehrung auf eine gesetzliche Vorschrift verwiesen wird, die ihrerseits wieder auf eine Vorschrift verweist.

Dies ist in dem Muster des Einführungsgesetzes aber der Fall. Diese nimmt auf § 492 Abs. 2 BGB Bezug, welcher aber seinerseits auf die Art. 247 §§ 6 bis 13 des EGBGB verweist.

Die Folge ist, dass die meisten aller derzeit vor allem im Kfz-Gewerbe verwendeten Widerrufsbelehrungen unwirksam sind.

Voraussetzungslos ist der Widerruf gleichwohl nicht. Wer aber seinen Vertrag an sich widerrufen wollte, sich nur an den Voraussetzungen gehindert sah, tut gut daran, dies nunmehr erneut zu prüfen. Ich und meine Kollegen stehen Ihnen hierbei gerne zur Seite.



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