Schutzschirmverfahren – Bedeutendes Instrument zur Sanierung eines Unternehmens

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Das Schutzschirmverfahren ist ein hochwirksames Sanierungsinstrument

Eine Insolvenz ist ein Szenario, das jedes Unternehmen vermeiden möchte. Dennoch kann sie unter bestimmten Umständen eintreten und stellt dann alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Ob Schuldner, Gläubiger oder Mitarbeiter - jeder ist von den Folgen einer Insolvenz betroffen.

Allerdings bietet das deutsche Insolvenzrecht eine Reihe von wirksamen Werkzeugen, um mit dieser schwierigen Situation umzugehen und bestenfalls eine Sanierung des Unternehmens zu erreichen. Ein solches bedeutendes Instrument ist das Schutzschirmverfahren.

In diesem Beitrag wollen wir uns daher einmal etwas ausführlicher mit dem Schutzschirmverfahren auseinandersetzen und wesentliche Fragen wie z.B. die nach den Voraussetzungen für die Einleitung eines solchen Verfahrens einfach nachvollziehbar erörtern. Ziel ist es, ein besseres Verständnis für das Schutzschirmverfahren und seine Rolle im Insolvenzrecht zu schaffen.


Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist das Schutzschirmverfahren?
  2. Wie läuft ein Schutzschirmverfahren ab?
  3. Was bedeutet das Schutzschirmverfahren für Mitarbeiter eines insolventen Unternehmens?
  4. Was bedeutet das Schutzschirmverfahren für Gläubiger?
  5. Wie lange dauert ein Schutzschirmverfahren?
  6. Wie hoch ist das Insolvenzgeld für Mitarbeiter?
  7. Was passiert mit Überstunden im Schutzschirmverfahren?
  8. Wie lange wird Insolvenzgeld gezahlt?
  9. Wie geht es nach dem Schutzschirmverfahren weiter?
  10. Fazit


Das Wesentliche in Kürze

  • Ein Schutzschirmverfahren, das eine besonderet Art des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung darstellt, kommt nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in Betracht.
  • Liegt Zahlungsunfähigkeit vor, ist die Sanierung unter dem Schutzschirm ausgeschlossen.
  • Der Schuldner kann den ihn beaufsichtigenden Sachwalter vorschlagen. Ein Insolvenzverwalter existiert nicht.
  • Das bisherige Management führt die Geschäfte weiter.
  • Eine Sanierung unter Insolvenzschutz ermöglicht eine wirksame operative Restrukturierung, z.B. durch verkürzte Kündigungsfristen von Verträgen und Arbeitsverhältnissen.


1. Was ist das Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren ist ein Mechanismus des deutschen Insolvenzrechts, der es einem Unternehmen ermöglicht, sich unter Insolvenzschutz eigenständig zu restrukturieren und wieder wettbewerbsfähig aufzustellen. Es wurde mit einer umfangreichen Änderung der Insolvenzordnung (InsO) zum 01. März 2012 eingeführt.

Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine besondere Art des vorläufigen Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Die Eigenverwaltung ist im 8. Teil der Insolvenzordnung (InsO) geregelt, das Schutzschirmverfahren selbst wird in § 270d InsO beschrieben.

Im Schutzschirmverfahren bleibt die Geschäftsführung im Amt und hat die Möglichkeit, unter Aufsicht eines Sachwalters das Unternehmen zu restrukturieren. Dies unterscheidet sich vom normalen Insolvenzverfahren, in dem ein Insolvenzverwalter die Vermögens- und Verfügungsbefugnis übernimmt.

Das Unternehmen muss beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Einleitung des Schutzschirmverfahrens stellen. Der Antrag muss gem. § 270d InsO eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorlegen.

Aus der Bescheinigung muss sich ergeben, dass drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO oder Überschuldung gem. § 19 InsO, aber keine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Hinweis

Gem. § 17 Abs. 2 S. 1 InsO liegt bei dem Schuldner Zahlungsunfähigkeit vor, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Nach der Genehmigung des Antrags durch das Insolvenzgericht hat das Unternehmen unter dem Schutzschirm grundsätzlich maximal drei Monate Zeit, einen Insolvenzplan zu erstellen. Dieser Plan muss zeigen, wie das Unternehmen seine finanziellen Probleme lösen und wieder rentabel werden kann.

Der Insolvenzplan muss von den Gläubigern akzeptiert werden. Ist dies der Fall, hat sich das Unternehmen entsprechend der im Plan getroffenen Regelungen wirksam entschuldet. Parallel können die im Sanierungskonzept erarbeiteten Maßnahmen weiter umgesetzt werden, um einen zusätzlichen Mehrwert zu schaffen.


2. Wie läuft ein Schutzschirmverfahren ab?

Das Schutzschirmverfahren im Überblick

Der Ablauf eines Insolvenzverfahren unter einem Schutzschirm stellt sich (z.B. im Fall der GmbH Insolvenz) überblicksartig wie folgt dar:

Das Unternehmen stellt zunächst beim zuständigen Insolvenzgericht einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und beantragt gleichzeitig die Anordnung des Schutzschirmverfahrens.

Hinweis

Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine Sonderform der Eigenverwaltung im vorläufigen Insolvenzverfahren. Die Eröffnungsentscheidung des Insolvenzgerichts sieht dementsprechend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung vor. Der Begriff Schutzschirm findet keine Anwendung mehr.

Zusammen mit dem Antrag muss der Schuldner ein von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt bestätigtes Gutachten vorlegen, aus dem hervorgeht, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit besteht und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grafik stellt sich der Ablauf einer Sanierung unter dem Schutzschirm summarisch wie folgt dar:

  1. Liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor und liegen die übrigen Voraussetzungen vor, ordnet das Gericht das Schutzschirmverfahren an und bestellt einen vorläufigen Sachwalter. Dieser überwacht das Unternehmen und seine Geschäftsführung, während das Unternehmen einen Insolvenzplan ausarbeitet.
  2. Während des Schutzschirmverfahrens, das eine Sonderform der vorläufigen Eigenverwaltung darstellt, kann das Unternehmen nicht von seinen Alt-Gläubigern in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für das eröffnete Verfahren. Hintergrund ist, dass es sich bei einem Insolvenzverfahren um ein Gesamtvollstreckungsverfahren handelt. Einzelzwangsvollstreckungen von Alt-Gläubigern sind unzulässig.
  3. Liegen die Voraussetzungen für die Verfahrenseröffnung vor, wird ein Sachwalter bestellt. Der Schuldner kann diverse operative Sanierungsmaßnahmen anstoßen. Der erarbeitete Insolvenzplan wird mit den wesentlichen Gläubigern und dem Gericht abgestimmt. Wird er genehmigt, wird das Unternehmen entsprechend entschuldet und die Forderungen der Alt-Gläubiger werden wie darin vorgesehen bedient.

Das Schutzschirmverfahren ist also ein Instrument, das Unternehmen in existenziellen Schwierigkeiten eine Chance zur Sanierung und zur Fortführung ihrer Geschäfte bietet. Es ermöglicht ihnen, sich in kürzester Zeit rechtssicher zu entschulden und operative Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen, die die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit zur Folge haben.


3. Was bedeutet das Schutzschirmverfahren für Mitarbeiter eines insolventen Unternehmens?

Wenn ein Schuldner das Schutzschirmverfahren durch einen entsprechenden Antrag einleitet, hat das auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Hier sind einige Punkte, die für die Mitarbeiter relevant sein können:

  1. Arbeitsverhältnis: Grundsätzlich bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, auch wenn das Unternehmen einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung stellt. Das heißt, die Mitarbeiter sind weiterhin beschäftigt und haben Anspruch auf ihren Lohn oder ihr Gehalt. Sie müssen nicht zur Agentur für Arbeit und sich arbeitslos oder arbeitssuchend melden.
  2. Insolvenzgeld: Nachdem der Insolvenzantrag gestellt wurde, zahlt die Bundesagentur für Arbeit für maximal drei Monate das sogenannte Insolvenzgeld. Dieses entspricht in der Regel dem Nettoarbeitsentgelt, das den Arbeitnehmern in diesem Zeitraum zugestanden hätte.
  3. Kündigungen: Nach der Eröffnung der Insolvenz in Eigenverwaltung können Arbeitsverträge mit einer maximalen Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden. Das kann erforderlich werden, wenn es für eine wirtschaftliche Gesundung elementar ist. Allerdings müssen auch im Rahmen einer Insolvenz Kündigungen sozial verträglich sein und dürfen nicht willkürlich erfolgen.
  4. Betriebsrat: Falls ein Betriebsrat existiert, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht bei sozialen Angelegenheiten. Dazu zählen auch Umstrukturierungen oder der Abbau von Arbeitsplätzen. Der Betriebsrat hat das Recht, bei der Erstellung eines Sozialplans mitzuwirken, der die Auswirkungen von Entlassungen mildern soll.
  5. Zukunft des Unternehmens: Das Ziel des Schutzschirmverfahrens ist es, den Schuldner zu sanieren und seine Zukunft zu sichern. Das kann für die Mitarbeiter bedeuten, dass ihre Arbeitsplätze langfristig sicherer sind, wenn das Verfahren erfolgreich ist.

Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter in solchen Situationen gut informiert sind und ihre Rechte kennen. Im Falle einer Insolvenz können sie sich zum Beispiel an den Betriebsrat oder einen Rechtsanwalt wenden, um Beratung und Unterstützung zu erhalten.


4. Was bedeutet das Schutzschirmverfahren für Gläubiger?

Für die Alt-Gläubiger eines Unternehmens, das ein Schutzschirmverfahren durchläuft, können sich verschiedene Auswirkungen ergeben:

  1. Zahlungsstopp: Sobald das Schutzschirmverfahren eingeleitet wird, gibt es für Forderungen aus der Zeit vor Antragstellung einen allgemeinen Zahlungsstopp. Das bedeutet, dass der Schuldner vorerst keine Zahlungen an seine Alt-Gläubiger leisten darf. Dies ist dazu gedacht, die Vermögensmasse des Unternehmens zu schützen und die Bevorzugung einzelner Alt-Gläubiger zu verhindern.
  2. Anmeldefrist für Forderungen: Die Alt-Gläubiger werden vom Insolvenzgericht aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. Es wird eine Frist gesetzt, innerhalb derer man seine Forderungen schriftlich beim Sachwalter einreichen muss.
  3. Insolvenzquote: Im Rahmen des Insolvenzplans wird eine Quote festgelegt, die bestimmt, welchen Anteil ihrer Forderungen die Alt-Gläubiger erhalten werden. Denn das Vermögen des schuldnerischen Unternehmens reicht meist nicht aus, um alle Schulden vollständig zu begleichen.
  4. Stimmrecht im Gläubigerausschuss: In einigen Fällen kann ein Gläubigerausschuss gebildet werden, der die Interessen der Alt-Gläubiger während des Schutzschirmverfahrens vertritt. Der Gläubigerausschuss kann mit dem Unternehmen über den Insolvenzplan verhandeln und möglicherweise Änderungen oder Zugeständnisse aushandeln, um die Interessen der Alt-Gläubiger zu schützen. Der Gläubigerausschuss unterstützt und kontrolliert zudem Schuldner und Sachwalter bei der Durchführung des Verfahrens.
  5. Mögliche Fortführung des Unternehmens: Wenn das Schutzschirmverfahren erfolgreich ist und das Unternehmen saniert werden kann, führt dies in aller Regel zu einer besseren Befriedigung der Alt-Gläubiger, als wenn das Unternehmen im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens liquidiert würde.
  6. Aussetzung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen: Während des Schutzschirmverfahrens sind die Alt-Gläubiger gehindert, individuelle Vollstreckungsmaßnahmen gegen das Unternehmen zu ergreifen. Die Aussetzung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bedeutet jedoch nicht, dass die Alt-Gläubiger ihre Forderungen aufgeben müssen. Sie müssen diese zur Insolvenztabelle anmelden.
  7. Gläubigerversammlung: Über den Verlauf der Insolvenz in Eigenverwaltung werden meist mehrere Gläubigerversammlungen einberufen. Dies geschieht in aller Regel durch das Insolvenzgericht. Auf dieser Versammlung haben die Gläubiger u.a. die Möglichkeit, sich über den bisherigen Verlauf des Verfahrens zu informieren sowie über den Fortgang des Verfahrens zu entscheiden.


5. Wie lange dauert ein Schutzschirmverfahren?

Zunächst ist festzuhalten, dass ein Sanierungsverfahren unter dem Schutzschirm eine Sonderform der Eigenverwaltung im vorläufigen Insolvenzverfahren darstellt. Vor diesem Hintergrund dauert das Verfahren somit in aller Regel drei Monate.

Die Dauer eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung insgesamt kann variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das Insolvenzrecht sieht keine festgelegte Zeitspanne für eine Insolvenz vor. Die tatsächliche Dauer wird u.a. von der Komplexität des Falls und dem Umfang der Sanierungsmaßnahmen beeinflusst.

Folgende Faktoren können die Dauer einer Insolvenz in Eigenverwaltung beeinflussen:

Vor Einreichung des Insolvenzantrags und Beginn des Schutzschirmverfahrens erarbeitet das Unternehmen idealerweise bereits ein Sanierungskonzept. Die Vorbereitung dieses Konzepts kann je nach Umfang und Komplexität des Unternehmens und der Sanierungsmaßnahmen unterschiedlich lange dauern.

Das Schutzschirmverfahren ist zeitlich begrenzt und stellt eine besondere Form der vorläufigen Eigenverwaltung dar. Nach Einleitung des Verfahrens hat das Unternehmen in der Regel bis zu drei Monate Zeit, um auf Basis des erarbeiteten Sanierungskonzepts einen Insolvenzplan zu erstellen. Diese Frist beginnt mit der Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung gem. § 270d InsO (Schutzschirm) durch das Gericht.

Während des Schutzschirmverfahrens müssen der Insolvenzplan und mögliche Änderungen daran mit den Alt-Gläubigern verhandelt werden. Die Dauer dieser Verhandlungen hängt von der Anzahl der Alt-Gläubiger, der Komplexität der Forderungen und dem Umfang der Verhandlungen ab.

Der das Schutzschirmverfahren betreibende eigenverwaltende Schuldner steht unter gerichtlicher Aufsicht. Während der (vorläufigen) Eigenverwaltung ist der Schuldner vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch seine Alt-Gläubiger geschützt.

Ist der Insolvenzplan mit den wesentlichen Gläubigern abgestimmt und Einigkeit erzielt worden, ist der Plan dem Insolvenzgericht zur Prüfung vorzulegen. Bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Insolvenzplans, wird ein sogenannter Erörterungs- und Abstimmungstermin einberufen. Dieser findet vor dem zuständigen Insolvenzgericht statt.

In diesem Rahmen wird der Plan der Gläubigerversammlung vorgestellt und im Nachgang zur Abstimmung gestellt. Es wird in Gruppen, die im Plan näher erläutert werden, abgestimmt. Gemäß § 244 Abs. 1 InsO ist zur Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger erforderlich, dass in jeder Gruppe

  • die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt und
  • die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger beträgt.

Wird der Insolvenzplan lediglich von der Mehrheit der Gruppen angenommen, kann das Insolvenzgericht die Zustimmung der widersprechenden Gruppe(n) ersetzen.

Nach Rechtskraft des gerichtlichen Bestätigungsbeschlusses und Begleichung der Kosten für Gericht und Sachwaltung kann das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung aufgehoben werden.


6. Wie hoch ist das Insolvenzgeld für Mitarbeiter?

Das Insolvenzgeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit in Deutschland und soll Arbeitnehmern in der Insolvenz ihres Arbeitgebers einen finanziellen Ausgleich bieten. Es wird für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt.

Die Höhe des Insolvenzgeldes entspricht in der Regel dem Nettoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers. Das heißt, es entspricht dem Betrag, den der Arbeitnehmer nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erhalten hätte, wenn der Arbeitgeber nicht insolvent geworden wäre.

Es gibt jedoch eine Höchstgrenze für das Insolvenzgeld. Diese Höchstgrenze richtet sich nach der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung und kann jährlich angepasst werden.

Im Jahr 2023 beträgt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in den alten Bundesländern 7.300 Euro brutto und in den neuen Bundesländern 7.100 Euro brutto. Verdienen Arbeitnehmer oberhalb der Beitragsmessungsgrenze, ist das Nettoentgelt entsprechend gedeckelt.

Es ist zu beachten, dass das Insolvenzgeld in der Regel nur für Arbeitnehmer gilt. Selbstständige oder Geschäftsführer haben in der Regel keinen Anspruch auf Insolvenzgeld.


7. Was passiert mit Überstunden im Schutzschirmverfahren?

Im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens oder eines Insolvenzverfahrens im Allgemeinen gelten Überstunden aus der Zeit vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung als Insolvenzforderungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung oder Ausgleich ihrer Überstunden haben.

Wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet, müssen Arbeitnehmer ihre Forderungen, einschließlich nicht ausgezahlter Überstunden, im Falle eines Schutzschirmverfahrens beim Sachwalter anmelden. Dieser prüft dann die Forderungen und nimmt sie in die Insolvenztabelle auf, wenn sie gerechtfertigt sind.

Für die ersten drei Monate nach dem Insolvenzantrag zahlt die Bundesagentur für Arbeit das sogenannte Insolvenzgeld. Dieses entspricht in der Regel dem Nettoarbeitsentgelt, das den Arbeitnehmern in diesem Zeitraum zugestanden hätte, einschließlich der Bezahlung für Überstunden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die endgültige Bezahlung von Überstunden und anderen Forderungen oft von der finanziellen Situation des Unternehmens abhängt und möglicherweise nicht in vollem Umfang erfolgt. In der Regel erhalten die Alt-Gläubiger, einschließlich der Arbeitnehmer, nur einen Teil ihrer Forderungen, abhängig von der Insolvenzquote, die im Insolvenzplan festgelegt wird.

Arbeitnehmer sollten sich in dieser Situation rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte und Möglichkeiten vollständig zu verstehen.


8. Wie lange wird Insolvenzgeld gezahlt?

Das Insolvenzgeld wird in Deutschland von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt und soll Arbeitnehmer finanziell absichern, wenn ihr Arbeitgeber Insolvenz anmeldet. Es wird für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt.

Das bedeutet, dass das Insolvenzgeld grundsätzlich für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten gewährt wird. Der Anspruch auf Insolvenzgeld entsteht dabei erst, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder wenn feststeht, dass es mangels Masse nicht eröffnet werden kann.

Wird ein Schutzschirmverfahren eingeleitet, kümmert sich der Schuldner in der Regel um eine Vorfinanzierung des Insolvenzgelds, um den Zeitraum bis zur Erstattung durch die Agentur für Arbeit zu überbrücken.

Auf diesem Weg müssen sich die Arbeitnehmer um nichts mehr kümmern und erleiden keinen Ausfall. Das erhöht die Mitarbeiterzufriedenheit und stärkt das Vertrauen in den eingeleiteten Sanierungsprozess.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die laufenden Löhne und Gehälter wieder regulär vom eigenverwaltenden Schuldner zu zahlen und stellen rechtlich Masseverbindlichkeiten dar. Das bedeutet, sie haben Vorrang vor den Forderungen der ungesicherten Alt-Gläubiger.


9. Wie geht es nach dem Schutzschirmverfahren weiter?

Das Schutzschirmverfahren ist wie bereits ausgeführt ein vorläufiges Insolvenzverfahren, das dem Schuldner die Möglichkeit gibt, unter dem Schutz der Insolvenz einen Sanierungsplan zu erstellen. Was nach der Insolvenz in Eigenverwaltung passiert, hängt vom Ergebnis des Prozesses und insbesondere vom Insolvenzplan ab.

Wenn der Insolvenzplan von den Alt-Gläubigern und vom Gericht genehmigt wird, beginnt die Umsetzung des Plans. Dies bedeutet in aller Regel, dass das Unternehmen fortgeführt wird. Dies geschieht möglicherweise mit einigen Änderungen, wie z.B. einem Eigentümerwechsel.

Die Alt-Gläubiger erhalten ihre Forderungen in der im Plan festgelegten Höhe. Dieser Prozess kann sich über wenige Wochen bis hin zu mehreren Monaten ziehen.

Wenn der Insolvenzplan nicht genehmigt wird, kann entweder ein überarbeiteter Plan zur Abstimmung gestellt oder das reguläre Insolvenzverfahren eröffnet werden. Dies könnte bedeuten, dass das Unternehmen im Ergebnis liquidiert wird. In diesem Fall würden die Alt-Gläubiger aus dem Erlös der Liquidation bezahlt, in der Regel nach einer bestimmten Priorität.

Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens, unabhängig davon, ob das Unternehmen fortgeführt oder liquidiert wurde, ist das Verfahren abgeschlossen. Eventuell verbleibende Verbindlichkeiten werden in der Regel erlassen, es sei denn, es handelt sich um bestimmte Arten von Schulden, die von der Bereinigung im Rahmen einer Insolvenz ausgenommen sind.


10. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das im Insolvenzrecht seit dem 01. März 2012 verankerte Schutzschirmverfahren ein äußerst wirksames Instrument ist, den das Verfahren betreibenden Schuldner in wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine wertvolle Chance zur Restrukturierung und Sanierung bietet. 

Trotz der Herausforderungen, die eine Insolvenz mit sich bringt, ermöglicht das Schutzschirmverfahren ein geordnetes und strukturiertes Vorgehen, das auf den Erhalt und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abzielt.

Mit seinen klaren Voraussetzungen, der Möglichkeit zur Eigenverwaltung und dem Schutz vor Zwangsvollstreckungen, bietet das Verfahren Unternehmen die Möglichkeit, unter geregelten Bedingungen eigenständig die Sanierung zu betreiben.

Das Schutzschirmverfahren stellt eine ideale Lösung für Unternehmen dar, die trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine realistische Perspektive zur Fortführung ihres Betriebs sehen. 

Es ist ein positives Beispiel dafür, wie das Insolvenzrecht nicht - wie vielfach angenommen - nur als Mittel zur Liquidation, sondern auch zur Erhaltung und Stärkung von Unternehmen dienen kann.


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Foto(s): canva.com

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