Selbständige Tätigkeit eines IT-Dienstleisters

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Das Sozialgericht Stuttgart hat in einem Urteil vom 16.06.2016 (Az.: S 7 R 4685/12) die projektbezogene Tätigkeit eines selbständigen IT-Dienstleisters als Gesamtprojektleiter eines „IT-Outsourcing-Projekts“ als freiberuflich selbständig beurteilt, nachdem der Rentenversicherungsträger diese Tätigkeit in der Zeit vom 18.02.2009 bis 31.10.2009 zuvor in zwei angefochtenen Bescheiden als sozialversicherungspflichtig in den Zweigen Renten- und Arbeitslosenversicherung angesehen hatte.

Entscheidend für die Beurteilung war das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bemesse. Der selbständig tätige IT-Dienstleister hatte durch Lehrgänge und Zertifizierungen umfassende Qualifikationen (und Spezialkenntnisse) erworben, wobei sich die Fortbildungskosten in zwei Jahren auf ca. 8.000,00 EUR bezifferten. Dies wurde vom Sozialgericht nicht nur als Übernahme unternehmerischen Risikos gewertet, sondern auch als Erwerb entsprechenden Expertenwissens, was eine Erteilung fachlicher Weisungen durch die beigeladene Vertragspartnerin des Klägers ausgeschlossen habe. Die Beigeladene habe in einer allgemein gehaltenen Leistungsbeschreibung lediglich das Projektziel festgelegt, die Umsetzung habe allein beim Kläger gelegen. Dieser habe ohne jegliche inhaltliche Vorgabe das Tasking-out von Applikationsbasis betrieben und beim Kunden der Vertragspartnerin vorgenommen sowie die dafür notwendigen Zwischenschritte eingeleitet.

Damit habe der Kläger auch nicht etwa funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der Vertragspartnerin teilgenommen, da er als externer Experte keine Berührungspunkte mit dem eigentlichen Tätigkeitsbereich der beigeladenen Vertragspartnerin hatte. Auch sei der Kläger nicht für die bloße Bereitstellung seiner Arbeitsleistung, sondern nur für die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entlohnt worden.

Darüber hinaus habe der Kläger auch in diesem sehr schwierigen Projekt sein persönliches Renommee in die Waagschale geworfen, ebenfalls mit unternehmertypischem Risiko in dieser betriebsmittelarmen Branche wie dem Internet/EDV-Bereich. ebenfalls habe der Kläger einen Stundensatz von 90,00 EUR ausgehandelt, der andere bekannte Fälle dieser Art übertreffe. Schließlich – so das Sozialgericht – handele es sich bei der in Frage gestandenen Vertragskonstellation um kein langjähriges Dauerrechtsverhältnis, sondern einen recht kurzen projektbezogenen Vertrag. Auch nach dem nicht gänzlich unberücksichtigt bleibenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien habe man sich auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verständigt. Demgemäß sei der Kläger also letztlich frei und weisungsunabhängig für die Beigeladene tätig gewesen.

Auswirkungen auf die Praxis:

Auch diese – noch nicht rechtskräftige – Entscheidung verdeutlicht, dass gerade in der sehr speziellen IT-Branche immer wieder auch bei entsprechend ausgestalteten Vertragsbedingungen und unternehmerisch geprägten Freiberuflern der selbständige Status durchschlagen kann.

Tipp:

Zur möglichst baldigen Klarheit und Rechtssicherheit sollte hier möglichst schon mit vertraglicher Bindung eine statusklärende Anfrage auf der gesetzlichen Grundlage beim zuständigen Rentenversicherungsträger herbeigeführt werden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Stuttgart, den 21.09.2016

Andreas Klinger

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozial- und Verwaltungsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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