Sittenwidrige Bürgschaften unter Ehepartnern oder nahen Angehörigen:

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Sittenwidrige Bürgschaften unter Ehepartnern oder nahen Angehörigen - Bürgschaft wertlos, da nichtig?

Oftmals verlangen Banken zur Sicherung ihres verliehenen Geldes eine Bürgschaft. 

Dabei ist es nicht unüblich, dass bei Geldgeschäften (Ehe-)Partner oder nahe Angehörige füreinander bürgen.

Problematisch wird es meistens erst dann, wenn der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank nicht mehr nachkommen kann. In solchen Fällen verlangen Banken vom Bürgen, dass dieser die Schuld begleicht, und das auch dann, wenn die Ehe schon lange auseinandergegangen ist und die die Bürgschaftsverklärung schon längst in Vergessenheit geriet.

Kann man sich dagegen wehren oder muss man das Geld einfach zahlen?

Die Ehegattenbürgschaft

Eine Ehegattenbürgschaft liegt vor, wenn sich ein Ehepartner verpflichtet, im Rahmen eines Kreditvertrages (z.B. bei Banken) für die Schulden des anderen aufzukommen.

Auch nach einer Trennung / Scheidung, bleibt solch eine Ehegattenbürgschaft bestehen, sodass der Bürge trotzdem für seinen geschiedenen Ehepartner einspringen muss.

Allerdings sind nicht alle Ehegattenbürgschaften wirksam. In manchen Fällen, werden diese als sittenwidrig eingestuft und gelten somit gemäß §138 BGB als nichtig.

Vorrausetzungen für den Verstoß gegen die „guten Sitten“ wurden in den Urteilen vom 14.05.2002 (Az. ZR 50/01 und 81/01) vom Bundesgerichtshof dekliniert:

  1. Eine enge emotionale Verbundenheit zwischen Geschäftspartner und Bürgen (bei Eheleuten meist angenommen)
  2. Die Bürgschaft darf nur aus einer emotionalen Verbundenheit eingegangen sein.
  3. Der Kreditgeber hat dies in „sittlich anstößiger Weise“ ausgenutzt.
  4. Der Bürge muss finanziell extrem überfordert sein (das ist der Fall, wenn der Betroffene voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, im Vertrag festgelegten Zinsen aus pfändbaren Teilen seines eigenen Vermögens dauerhaft alleine zu tragen).

Wenn alle diese Bedingungen zutreffen, ist der Bürgschaftsvertrag mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam und der Bürge kann sich seiner Einstandspflicht entziehen.

Die Angehörigen-Bürgschaft

Auch Bürgschaften unter nahen Angehörigen können gem. §§ 765,138 I BGB sittenwidrig sein. Dafür gelten im wesentlichen dieselben Voraussetzungen wie bei Ehepartnern.

Dabei wird eine emotionale Verbundenheit häufig angenommen (z.B. zwischen Eltern und Kind).

Die Folge einer sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaft ist, dass der Bürgschaftsvertrag zwischen Bürgen und Gläubiger nichtig ist und der Bürge demnach nicht haften muss.

Beispielfälle:

  1. Sachverhalt (XI ZR 81/01):

Eine Architektin verbirgt sich für die Schulden ihres Mannes bis zu einem Betrag von 9,86 Millionen Mark (=5 Millionen Euro). Dabei ist sie selber Mutter von zwei Kindern und Geschäftsführerin einer GmbH mit einem monatlichen Bruttogehalt von 6.500 Mark (= 3.323 Euro).

Der BGH sah  hierbei einen auffälligen Verstoß gegen die guten Sitten und erklärte somit den Bürgschaftsvertrag als nichtig.

  1. Sachverhalt (XI ZR 199/01):

Eine 30-järige Diplomjuristin hat eine Höchstbetragsbürgschaft über 1.000.000 DM (=511.191 Euro) für die KG ihrer Mutter übernommen. Dabei hat sie selber ein pfändbares Vermögen von 95.500 DM (=50.362,26 Euro) und monatlich ein pfändbares Einkommen von 3.337 DM (=1.706 Euro).

Die Bank versuchte nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Bürgschaft in Anspruch zu nehmen.

Auch in diesem Fall entschied der BGH, dass eine sittenwidrige Bürgschaft vorlag.

Rechtstipp

Oftmals versuchen Banken trotz sittenwidriger Ehegattenbürgschaft gegen den Bürgen vorzugehen und ihn die Schulden bezahlen zu lassen. Somit ist es ratsam, sofort anwaltlichen Rat einzuholen und nicht am Anwalt zu sparen.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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