Tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfristen: Ansprüche rechtzeitig geltend machen!

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Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, in der Praxis meist Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers (laufendes Gehalt, Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, Fahrtkostenerstattungen etc.), verjähren nach der gesetzlichen Regelung erst nach 3 Jahren.

Tarifverträge enthalten aber in der Regel eine Ausschlussklausel. Danach muss der Arbeitnehmer seine Zahlungsansprüche innerhalb einer bestimmten, kurzen Frist (meist 2-3 Monate) zunächst schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen; lehnt der Arbeitgeber die Zahlung ab oder reagiert er gar nicht, gibt es in vielen Tarifverträgen die Regelung, dass die Ansprüche dann innerhalb einer weiteren kurzen Frist beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden müssen. 

Ein Tarifvertrag ist auf das konkrete Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn beide Parteien tarifgebunden sind - wenn also der Arbeitgeber Mitglied im betreffenden Arbeitgeberverband ist UND der Arbeitnehmer Mitglied der betreffenden Gewerkschaft. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann der Tarifvertrag gelten:

Zum einen hat das Bundesministerium für Arbeit viele Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt. Diese Tarifverträge geltend dann in der betroffenen Branche quasi wie ein Gesetz. Zum anderen kann auch im Arbeitsvertrag vereinbart sein, dass ein bestimmter Tarifvertrag anzuwenden ist.

Unter Umständen gilt also ein bestimmter Tarifvertrag, ohne dass dem Arbeitnehmer das überhaupt bewusst ist. Enthält dieser Tarifvertrag eine Ausschlussklausel, dann muss sie beachtet werden. Macht der Arbeitnehmer seine Ansprüche nicht rechtzeitig geltend, verfallen sie. Selbst wenn also tatsächlich bisher zu wenig gezahlt wurde, muss der Arbeitgeber die verfallenen Beträge nicht mehr bezahlen.

Entsprechende Ausschlussklauseln können auch unmittelbar im Arbeitsvertrag geregelt sein. Hier gibt es Vorgaben der Rechtsprechung, dass die Fristen nicht zu kurz sein dürfen. In der Regel wird die Ausschlussfrist jeweils mindestens 3 Monate betragen müssen. Ein wirksame Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag führt ebenfalls zum Verfall nicht rechtzeitig geltend gemachter Beträge.

Auch wenn man die Ausschlussfrist kennt, muss man darauf achten, seine Ansprüche RICHTIG geltend zu machen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mainz hat mit Urteil vom 14.03.2013 (Aktenzeichen  10 Sa 516/12) Forderungen eines Arbeitnehmers zurückgewiesen, weil sein Anwalt diese zwar zeitlich innerhalb der Ausschlussfrist gegenüber dem Arbeitgeber eingefordert hatte, aber eben nicht "richtig". Hierzu führt das Urteil aus:

"Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, muss die Geltendmachung eine ernsthafte Leistungsaufforderung darstellen. Geht es - wie vorliegend - um einen Zahlungsanspruch, muss der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe angegeben werden. Eine ganz präzise Benennung des Betrages ist zwar nicht erforderlich, eine ungefähre Bezifferung ist jedoch unerlässlich. Es genügt nicht, wenn der Gläubiger eine "korrekte Abrechnung" verlangt oder den Schuldner zum "Überdenken" oder zur "Überprüfung" auffordert. Von einer Bezeichnung der Höhe des geforderten Betrages kann nur dann abgesehen werden, wenn dem anderen Vertragspartner die Höhe eindeutig bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht (vgl. BAG 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - Rn. 30)"

WICHTIG:

  • Bei Ansprüchen gegen den Arbeitgeber sofort prüfen, ob ggf. eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag steht oder ob ein Tarifvertrag mit Ausschlussfrist anwendbar ist
  • ggf. gilt ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, ohne dass der Arbeitnehmer (oder sogar der Arbeitgeber) das weiß - hier ist ggf. Hilfe durch einen Rechtsanwalt oder eine Gewerkschaft geboten
  • Wenn eine Ausschlussfrist besteht, müssen Ansprüche auch "richtig" geltend gemacht werden

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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