Telefonieren mit dem Schnurlostelefon am Steuer ist erlaubt

  • 3 Minuten Lesezeit

Das Telefonieren mit dem Mobilien eines Festnetztelefones (z.B. DECT-Telefon) am Steuer eines Kraftfahrzeuges ist nicht bußgeldbewährt. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Betroffene mit seinem Fahrzeug der Marke Porsche die B.-Allee in Fahrtrichtung G.F.-Allee gefahren. Der Betroffene führte zu dieser Zeit in seiner Jackentasche sein mobiles Telefon seiner Hausfestnetzanlage Sinus 702 K mit sich. Dieses Telefon gab zum Zeitpunkt der Tat einen Piepton ab, woraufhin der Betroffene es aus seiner Jackentasche nahm, es ansah, an sein Ohr hielt, es nochmal ansah und wiederum an sein Ohr hielt. Hierbei wurde der Betroffene von Polizeibeamten beobachtet, die eine gezielte Handykontrolle durchführten. Der PKW des Betroffenen ist mit einer Freisprecheinrichtung für Handys ausgerüstet. Bei der sich anschließenden Kontrolle zeigte der Betroffene den Polizeibeamten das mobile Telefon seiner Hausfestnetzanlage. Die Entfernung zwischen dem Tatort und dem Wohnort des Betroffenen beträgt in etwa 3 Kilometer.

Das Gericht unterstellte es aufgrund dieser Entfernung als für zutreffend, dass aus technischer Sicht kein Telefonat über den Festnetzanschluss des Betroffenen geführt werden konnte, stellte jedoch eine Ordnungswidrigkeit nach den §§ 23 Absatz 1a, 49 StVO, 24 StVG fest.

Dem konnte das Oberlandesgericht nicht folgen und hob die Verurteilung auf und zwar mit sehr deutlichen Worten.

Bei dem von dem Betroffenen mitgeführten und während der Fahrt aufgenommenen Gerät handelt es sich eben nicht um ein Mobil- oder Autotelefon im Sinne dieser Bestimmung. Das Mobiltelefon kann auf der Grundlage der technischen Zusammenhänge als ein tragbares Telefongerät definiert werden, das über Funk mit dem Telefonnetz kommuniziert und daher ortsunabhängig eingesetzt werden kann (vgl. dazu etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Telefon#Mobiltelefon).

Darunter könne demnach neben den umgangssprachlich als „Handy“ bezeichneten Geräten für Gespräche im Mobilfunknetz auch Einrichtungen mit mobilen Hör-/Sprechvorrichtungen für Gespräche im Festnetz erfasst werden (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mobiltelefon_(Begriffserklärung), die über eine Basisstation mit dem Festnetz verbunden sind und nur in einer Entfernung von maximal ca. 200 Meter von dieser Basisstation eingesetzt werden können.

Eine solche Begriffsbestimmung entspricht, so das OLG, nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis und damit den Vorstellungen der Normadressaten. Danach werden vielmehr Geräte der zuletzt bezeichneten Art – der von den Herstellern und im Handel üblicherweise verwendeten Bezeichnung entsprechend – als „Schnurlostelefon“ angesprochen, deren Bedieneinrichtung als „Mobilteil“ oder „Handgerät“. Dieser Begrifflichkeit ist ersichtlich auch der Verordnungsgeber gefolgt, als in dem Bestreben, den Gefahren des „Telefonierens am Steuer“ zu begegnen, die Bestimmung des § 23 Abs. 1a StVO eingeführt worden ist.

Eine über den Regelungswillen des Verordnungsgebers hinausgehende Einbeziehung von Schnurlostelefonen in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1a StVO unter dem Gesichtspunkt des Normzwecks kommt nicht in Betracht.

Zum einen sollte mit der Bestimmung den Gefahren aus der „vom Inhalt eines längeren Telefongesprächs ausgehenden mentalen Überlastung und Ablenkung von der eigentlichen Fahraufgabe“ begegnet werden; längere Telefongespräche während der Fahrt sind über einen Festnetzanschluss aber nicht möglich. Zum anderen hat der Verordnungsgeber gerade davon abgesehen, durch ein weitgefasstes oder allgemeines Verbot der Handhabung technischer Geräte während des Fahrens den Gefahren der Ablenkung und mentalen Überforderung zu begegnen. Daher kommt es nicht darauf an, ob mit der Aufnahme und Handhabung eines im Tatbestand nicht erwähnten anderen Gerätes – selbst einer Freisprecheinrichtung (OLG Bamberg VM 2008, 11 [Nr. 12] = zfs 2008, 52 = NJW 2008, 599) – in gleicher Weise eine vom Schutzzweck an sich umfasste Gefahrerhöhung aufgrund eingeschränkter Reaktionsfähigkeit des (abgelenkten) Fahrzeugführers einhergeht.

Es gehe auch nicht darum, einen im Wege der technischen Weiterentwicklung nachträglich entstandenen Sachverhalt, der dem vom Verordnungsgeber bedachten Sachverhalt vergleichbar ist, mit Blick auf den Normzweck dem Verbotstatbestand zuzurechnen und als von ihm mit umfasst zu bewerten. DECT-Telefone waren bei Einführung des § 23 Abs. 1a StVO nämlich allgemein bekannt und gebräuchlich. Gleichwohl hat der Verordnungsgeber nicht das Telefonieren am Steuer oder das Aufnehmen eines Telefongeräts generell untersagt, sondern nur die Benutzung von Mobiltelefonen, worunter er ersichtlich nur sogenannte „Handys“ verstanden hat.

Die Benutzung eines Schnurlosgerätes der häuslichen Festnetzanlage ist daher am Steuer erlaubt.

(OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2009 · Az. 82 Ss-OWi 93/09)


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Thiele

Beiträge zum Thema