VA-Teilausschluss mit Koreanerin wirksam, Zurechnungszeiten zeitratierlich, VA-Abfindung zumutbar

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Das OLG Frankfurt hatte zuletzt am 31.01.2020 zu Az. 4 UF 42/19 über einen Fall zu entscheiden, der mehrere praxisrelevante Problemstellungen des Versorgungsausgleichs adressiert:

  • Ehevertragliche Beschränkung des Ausgleichszeitraums wirksam

Die Ehegatten hatten ehevertraglich vereinbart, dass nicht die gesamte Ehezeit, sondern im wesentlichen lediglich Zeiten der Kindererziehung bei halbschichtiger Erwerbstätigkeit, Krankheit und Erwerbslosigkeit im Alter dem Ausgleich unterliegen sollen. Dagegen wandte sich die Ehefrau, die ehevertragliche Vereinbarung, die auch einen Ausschluss des Zugewinnausgleichs enthielt, sei nichtig, da sie sich bei Eheschließung vom Ehemann unter Druck gesetzt fühlte und bei der Beurkundung nur vorgeblich alles verstanden habe, was tatsächlich aufgrund ihrer Herkunft aus Korea nicht der Fall war. Der Senat gestand der Ehefrau zwar zu, sich wohl subjektiv in einer Drucksituation befunden zu haben. An der Ausnutzung einer Zwangslage habe es jedoch gefehlt, da die Ehefrau bei Eheschließung bereits über ein in Deutschland abgeschlossenes Hochschulstudium verfügt hat und von der Eheschließung weder ihre Existenz noch ihr Aufenthalt in Deutschland abhing. Nicht nur die nicht dem Kernbereich der Ehewirkungen zuzurechnende Gütertrennung, sondern auch der Teilausschluss des Versorgungsausgleichs war mithin wirksam.

  • Behandlung von Zurechnungszeiten muss zeitratierlich erfolgen

Die Versorgungssatzung des Ehemannes enthält für von dem Eintritt in das Versorgungswerk eine pauschale Zurechnung, die im wesentlichen Ausbildungszeiten umfassen soll. Bei der Behandlung der Zurechnung für die Ermittlung des Ehezeitanteils ist wie folgt vorzugehen: Zunächst wird der gesamte maximal mögliche Erdienungszeitraum ermittelt, der mit Eintritt in das Versorgungswerk beginnt und mit Erreichen der regulären Altersgrenze endet. Diese Summe von Monaten wird dann ins Verhältnis zu der ausgleichsgegenständlichen Ehezeit – unter Berücksichtigung der wirksamen ehevertraglichen Regelung – gesetzt. Entsprechend dieses Anteils nimmt die Ausgleichsberechtigte an dem Zurechnungszeiten teil. Der auf den „Nichtehezeitanteil“ entfallende Teil verbleibt dem Ausgleichspflichtigen ungeteilt.

  • Anspruch auf Abfindung wegen Unwirtschaftlichkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs

Unter Berücksichtigung des ehevertraglich modifizierten Ehezeitanteils und der nur quotal zu berücksichtigenden Zurechnungszeiten erhält die Ehefrau einen Ausgleichsanspruch, der im Wege der internen Teilung auszugleichen ist, also durch Begründung eines eigenen Anrechts in dem Versorgungswerk. Hier begegnete die Ehefrau jedoch dem nächsten Problem: Das letztlich auszugleichende Anrecht führt zu einer Anwartschaftszeit, die nicht für die Erreichung der Wartezeit gemäß der Versorgungssatzung ausreicht. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs wäre daher für die Ehefrau gem. § 19 II Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich. Deshalb steht ihr gem. §§ 23, 24 VersAusglG das Recht zu, eine Abfindung zu verlangen. Diesen Anspruch in der Beschwerdeinstanz als Hilfsantrag zu verfolgen, gestand der Senat der Ehefrau – auch aus Gründen den Verfahrensökonomie – zu. Weil der Ehemann Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen unter Berufung auf die ehevertraglichen Bestimmungen verweigert hat, ging der Senat davon aus, dass ihm die Zahlung einer Abfindung auch zumutbar ist.

Im Ergebnis lässt sich unter dem Eindruck der Entscheidung Folgendes festhalten:

  • Modifikationen zum Güterrecht und zum Versorgungsausgleich sind weitgehend möglich, wenn der andere Ehegatte zwar möglicherweise über schwächere Deutschkenntnisse verfügt und ein strukturelles Verhandlungsungleichgewicht subjektiv erlebt (oder erinnert), dies aber nach seiner Lebensstellung – nach abgeschlossener Hochschulausbildung – tatsächlich nicht objektiv feststellbar ist.  
  • Die in Versorgungssatzungen relativ häufig vorkommenden Regelungen zu Zurechnungszeiten führen zu einer (ehe-) zeitratierlichen Berücksichtigung zugunsten des Ausgleichberechtigten. Diese Regelungen müssen also anlässlich der Auskunft des Versorgungsträgers sorgfältig untersucht werden, um eine richtige Anwendung sicherzustellen.
  • Zu jedem Verfahrenszeitpunkt muss geprüft werden, ob ein Abfindungsanspruch des Ausgleichsberechtigten zu einem für ihn wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis führt. Hier fällt dem Ausgleichspflichtigen seine Auskunftspolitik „auf die Füße“: Hätte er Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, hätte der Senat die Zumutbarkeit der Abfindungsleistung prüfen können. So durfte das Gericht mangels anderweitigem Vortrag von der Zumutbarkeit ausgehen.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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