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Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage – Handel mit der Gerechtigkeit?

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In jüngerer Vergangenheit ist mehrfach über Strafverfahren prominenter Beschuldigter aus Wirtschaft, Politik und Sport berichtet worden, die gegen Zahlung von Geldauflagen, teilweise im Millionenbereich, eingestellt wurden. Hierbei kann bei oberflächlicher Betrachtung leicht der Eindruck entstehen, dass sich besonders „reiche“ Beschuldigte quasi von Strafverfolgung „freikaufen“ können. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage ist keine Sonderregel für Millionäre oder besonders Wohlhabende. Vielmehr handelt es sich um eine in der Strafprozessordnung (§ 153 a StPO) ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit zur einvernehmlichen Beendigung eines Strafverfahrens. Diese Regelung kann grundsätzlich für jeden Beschuldigten Anwendung finden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Ob dies in einem konkreten Verfahren der Fall ist, ist oft zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft bzw. Gericht heftig umstritten.

Voraussetzungen:

Der Gegenstand des Tatvorwurfs darf nur ein Vergehen sein. Es darf im Falle einer Verurteilung also nur eine Geldstrafe oder geringe Freiheitsstrafe drohen. Bei Verbrechensvorwürfen (Strafandrohung von 1 Jahr Freiheitsstrafe oder mehr), findet diese Vorschrift keine Anwendung. Damit können von vornherein nur Fälle „leichter und mittlerer Kriminalität“ auf diese Weise eine Erledigung finden.

Gefordert wird ferner, dass der Beschuldigte eine Leistung erbringt, durch die das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt werden kann. Eine solche Leistung kann in der Zahlung eines Geldbetrags gesehen werden, zum Beispiel an eine gemeinnützige Einrichtung oder auch in Form einer Schadenswiedergutmachung an den durch die Tat Verletzten. Außerdem darf die Schwere der Schuld einer Einstellung nicht entgegenstehen.

Voraussetzung ist nicht zuletzt, dass alle Beteiligten, also Staatsanwaltschaft, Beschuldigter und gegebenenfalls auch das Gericht, der Einstellung und auch der konkreten Ausgestaltung der Auflage bzw. Weisung zustimmen. Ohne eine solche Einigung gibt es keine Verfahrenseinstellung.

Anwendungsbeispiele:

Diese Form der Verfahrenserledigung eignet sich für zahlreiche Sachverhalte der Delinquenz im unteren und mittleren Bereich. Typischerweise kommen kleinere Eigentums- oder Vermögensdelikte und auch Verkehrsstraftaten in Betracht (z. B. fahrlässige Körperverletzung nach einem Verkehrsunfall oder Unfallflucht bei nur geringen Schäden). Die Vorschrift wird auch bei Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren häufig angewendet.

Vorteile:

Ein Strafverfahren endet nicht automatisch mit einer Verurteilung des vermeintlich „Schuldigen“ oder mit einem Freispruch des vermeintlich „Unschuldigen“. Die Aufklärung eines Sachverhalts und Findung der Wahrheit sind häufig schwierig und manchmal scheinbar unmöglich. Gerichtsverfahren dauern auch deswegen manchmal lange. Die Einstellung eines Verfahrens in geeigneten Fällen führt somit zu einem spürbaren Beschleunigungs- und Entlastungseffekt bei der Justiz.

Erhebliche Vorteile ergeben sich aber auch für den Beschuldigten selbst. Dieser kann ein Interesse daran haben – obwohl er sich unschuldig wähnt – einen aufsehenerregenden öffentlichen Prozess mit ungewissem Ausgang und unkalkulierbaren Kosten zu vermeiden. Eine Einstellung vermeidet immerhin eine Verurteilung und führt nicht zu einem Eintrag in das Bundeszentralregister (keine Vorstrafe) und das Fahreignungsregister (keine Punkte in Flensburg).

Fazit:

Freilich steht es jedem Beschuldigten frei, eine Entscheidung des Gerichts herbeizuführen und etwa einen Freispruch anzustreben. Hierfür kann es gute Gründe geben. Wie gut die Chancen für einen Freispruch im Einzelfall sind, kann der Beschuldigte regelmäßig nicht selbst einschätzen. Deswegen sollte er stets und möglichst frühzeitig einen Strafverteidiger, in der Regel einen Fachanwalt für Strafrecht, hinzuziehen. Dieser berät ihn über die bestehenden Möglichkeiten der Verteidigung einschließlich einer eventuell in Betracht kommenden Einstellung gegen Zahlung eines Auflagenbetrags.

RA Martin Doss, Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Weiden


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