Zulässigkeit und Grenzen von vergleichender Werbung
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Ziel jeder Werbung ist es, den potentiellen Kunden von den Vorzügen des eigenen Produktes so zu überzeugen, dass er es kauft. Angesichts der enormen Produktvielfalt und großen Konkurrenz kommt es dabei zunehmend darauf an, dass das eigene Produkt auch im unmittelbaren Vergleich mit gleichen oder ähnlichen Produkten anderer Hersteller besser dasteht. Nach dem Motto „Meins ist besser als deins“ darf inzwischen auch in Deutschland vergleichende Werbung stattfinden.
Vergleichende Werbung ist grundsätzlich erlaubt
Noch bis zum Jahr 2000 war Werbung mit direkten Vergleichen zu namentlich benannten Konkurrenzprodukten unzulässig. Das Konkurrenzprodukt durfte nicht identifizierbar sein. So erinnert man sich an Fernseh-Spots, in denen im Geschmackstest mit Prominenten oder Laiendarstellern die beworbene Cola gegen zwei unkenntliche Konkurrenzprodukte "gewann".
Mit Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG zum 01.09.2000 ist auch das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert worden und erklärt auch hierzulande direkte Werbevergleiche für grundsätzlich zulässig.
Voraussetzung ist jedoch: Die Werbeaussage ist
nachprüfbar,
nicht irreführend und
entspricht der Wahrheit.
Nach der grundlegenden Reform des UWG von 2004 findet sich der Tatbestand der vergleichenden Werbung in § 6 Abs. 1 UWG definiert. § 6 Abs. 2 UWG wiederum zieht die Grenzen der Zulässigkeit und bestimmt, in welchen Fällen vergleichende Werbung unlauter im Sinne des UWG ist.
Wann ist vergleichende Werbung unzulässig?
Vergleich von Äpfeln mit Birnen
§ 6 Abs. 2 Nr. 1 UWG erklärt vergleichende Werbung für unzulässig, wenn sich der Vergleich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht. Die miteinander verglichenen Waren oder Dienstleistungen müssen demnach zwar nicht völlig funktionsidentisch sein, jedoch aus Sicht der angesprochenen Kunden einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen.
So könnte ein PC-Hersteller seinen Laptop mit direktem Vergleich zu einem Laptop der Konkurrenz mit ähnlicher Ausstattung zulässigerweise bewerben. Unlauter jedoch wäre der Vergleich des Laptops mit einem Desktop-PC der Konkurrenz, weil dieser bei potentiellen Kunden als fest installierter Rechner ein anderes Bedürfnis befriedigt und zu anderen Zwecken eingesetzt wird als ein Laptop, bei dem es auf die Transportfähigkeit und transportspezifische Eigenschaften (z. B. Gewicht, Akku-Laufzeit) ankommt.
Vergleich beschränkt sich nicht auf Eigenschaften oder Preis
Ebenfalls unzulässig ist der Vergleich, wenn er nicht „objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis“ der beworbenen Ware oder Dienstleistung bezogen ist. Mit dieser Formulierung erreicht § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, dass mit Eigenschaften des Produktes, d. h. kennzeichnenden und unterscheidbaren Merkmalen geworben werden muss. Ausgeschlossen ist dadurch beispielsweise der Vergleich der Umsatzzahlen konkurrierender Produkte. Eigenschaft können nicht nur die physische Beschaffenheit, die wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Merkmale des Produktes oder der Dienstleistung sein, sondern alle Faktoren, die für den Kunden kaufentscheidend sein können. So sind etwa auch die TÜV-Zertifizierung, Lieferbarkeit, Versandmöglichkeiten, Serviceleistungen und -zeiten oder eventuell auch die Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter als Eigenschaft in diesem Sinn zu verstehen. Selbst die Beschreibung von Sinneswahrnehmungen, wie etwa Geruchsnoten, ist zulässig (z. B. „riecht wie eine Blumenwiese“, „mit dem Duft frischer Äpfel“ o. Ä.).
Der Vergleich von Eigenschaften oder Preis muss dabei stets objektiv und auch nachprüfbar sein. So ist vor allem auf die korrekte Angabe von Eigenschaften oder Preisen des Mitbewerbers zu achten. Das führt gerade bei Preisvergleichen dazu, dass sogar spontane Preisänderungen der Konkurrenz berücksichtigt werden müssen. Die Werbeaussage muss nämlich zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung objektiv korrekt sein.
Ferner müssen die herangezogenen Eigenschaften miteinander vergleichbar sein (wiederum keine Äpfel mit Birnen vergleichen) und sich nicht auf völlig unwesentliche Merkmale, die in der Regel nicht kaufentscheidend sind, beziehen.
Faustregel: Eine nicht unerhebliche Zahl von verständigen Durchschnittskunden wird typischerweise ihre Kaufentscheidung auf die in der Werbung angegebene Information (d. h. Eigenschaft) typischerweise stützen.
Vergleich führt zu Verwechslungen
Neben den genannten Einschränkungen darf vergleichende Werbung auch nicht zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den Waren/Dienstleistungen oder verwendeten Kennzeichen führen (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Ebenso wenig darf vergleichende Werbung den (guten) Ruf eines Konkurrenten ausnutzen oder gar beeinträchtigen (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG) oder gar die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzen oder verunglimpfen.
Ob eine vergleichende Werbeaussage oder -maßnahme nach diesen Kriterien zulässig ist, muss jeweils im Einzelfall festgestellt werden. Hier empfiehlt sich für den Werbenden eine fundierte rechtliche Beratung im Vorfeld einer Werbekampagne.
Rechtsfolgen bei unlauterer Werbung
Wettbewerbsverstöße wegen unlauterer Werbung sollten nicht nur wegen der teilweise erheblichen rechtlichen Konsequenzen vermieden werden, sondern auch wegen des drohenden Image-Verlustes des Werbenden selbst. Nicht selten kann sich die Sympathie der Kundenzielgruppe wegen unlauterer Werbemaßnahmen zugunsten des Mitbewerbers als "Opfer" verlagern.
Konkrete Ansprüche gegen den Werbenden hat der betroffene Mitbewerber bei unzulässig vergleichender Werbung jedoch nur, soweit neben dem Verstoß gegen § 6 UWG auch die Voraussetzungen des § 3 UWG erfüllt sind. Nach § 3 UWG sind zunächst nur unlautere Wettbewerbshandlungen erst dann unzulässig, wenn sie geeignet sind, „den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen.“ Mit dieser Generalklausel werden Bagatellfälle von unlauteren Wettbewerbshandlungen von den Sanktionen des UWG ausgenommen.
Liegen die Voraussetzungen der unlauter vergleichenden Werbung nach § 6 UWG sowie auch eine Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne von § 3 UWG vor, kann der Werbende zur Beseitigung seiner fraglichen Werbung verpflichtet und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch können nicht nur alle Mitbewerber, sondern auch die Industrie- und Handelskammern, rechtsfähige Berufs- oder Gewerbeverbände oder auch anerkannte Verbraucherverbände gegen ihn geltend machen.
Darüber hinaus ist der unlauter Werbende seinen Mitbewerbern zum Ersatz des aus der unlauteren Werbung entstehenden Schadens gemäß § 9 UWG verpflichtet, sofern er die Wettbewerbsverletzung im Sinne von § 3 UWG wegen Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu verantworten hat. So kann er sich beispielsweise nicht auf etwaige Fehler einer beauftragten Werbeagentur berufen, weil ihn die Verpflichtung zur Überwachung und Prüfung seiner Werbemaßnahmen vor Veröffentlichung trifft. Die Höhe derartiger Schadensersatzforderungen kann sich je nach Größe des Unternehmens und der Wettbewerbsbeeinträchtigung im vier-bis sechsstelligen Bereich bewegen. Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern steht dieser Schadensersatzanspruch jedoch nicht zu.
Als Unternehmer sollte man sich bei eigenen Werbemaßnahmen vom spezialisierten Rechtsanwalt fachlich beraten lassen bzw. sich gegen unlautere Werbung der Konkurrenz schnell und effektiv mit anwaltlicher Unterstützung zur Wehr setzen.
(MIC)
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