Verteidiger erhält in Köln Einsicht in die gesamte Messreihe vom Tattag (inkl. Token)

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Der Verteidiger hat in einem Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsverstoß ein Recht auf Einsicht in die komplette Messreihe vom Tattag (inkl. Token-Datei). Die Bußgeldbehörde hat die maßgeblichen Datenträger zu kopieren und an den Verteidiger oder einen von diesem beauftragten Sachverständigen zu übersenden. Das hat das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 14.10.2019 entschieden.

In dem vorliegenden Verfahren hatte die Bußgeldbehörde (Stadt Köln) die Herausgabe der kompletten Messreihe verweigert. Dabei hat die Stadt Köln zuvor eine Güterabwägung vorgenommen und war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Persönlichkeitsrechte der anderen Betroffenen auf den Messfotos einer Herausgabe entgegenstünden. Das Schreiben war ein Standardschreiben, bestehend aus Textbausteinen und war in gleicher Form aus anderen Verfahren bereits bekannt.

Das Amtsgericht Köln hat aufgrund eines Antrages nach § 62 Absatz 1 OWiG sodann entschieden, dass die Stadt Köln als zuständige Bußgeldbehörde die komplette Messreihe vom Tattag (inkl. Token) auf einen Datenträger kopieren muss und an den Verteidiger, oder einen von ihm beauftragten Sachverständigen, herauszugeben hat.

Das Amtsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass ein Betroffener im Bußgeldverfahren sich nicht gegen ein standardisiertes Messverfahren pauschal mit der Behauptung „ins Blaue hinein“ wehren kann, die Messung sei unrichtig. Er muss dafür konkrete Anhaltspunkte darlegen. 

Diese Darlegung sei dem Betroffenen jedenfalls nur dann möglich, wenn er nicht nur die Einsicht in die Unterlagen der eigenen konkreten Messung erhält, sondern auch durch Überprüfung der gesamten Messreihe gegebenenfalls Unregelmäßigkeiten aufdecken kann, welche Zweifel an der Richtigkeit der konkreten Messung begründen. 

Das Amtsgericht Köln hat bei der Gelegenheit noch dem OLG Bamberg einen Seitenhieb verpasst, und darauf hingewiesen, dass dies auch gelte, wenn nach Meinung des OLG Bamberg eine solche Darlegung „ausgeschlossen sei“. 

Auch falsch durch die Herausgabe der Daten nicht gegen den Datenschutz. Das Amtsgericht stellt fest, dass eine Güterabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der anderen am Tattag betroffenen Verkehrsteilnehmer gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer ordnungsgemäßen Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung stattzufinden hat. Dabei überwiege das Interesse des Betroffenen an einer ordnungsgemäßen Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung. 

Zum einen sei die Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Person auf dem Foto erkannt werde, äußerst gering. Weiterhin erfolge die Herausgabe der Messdaten an einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Personenkreis (Rechtsanwälte, Sachverständige). 

Zudem hätten sich die betroffenen Dritten durch ihre Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ohnehin freiwillig in die Situation begeben, dass ihre Anwesenheit durch andere Verkehrsteilnehmer bzw. durch die Kontrollorgane der Polizei und Verkehrsüberwachungskameras festgehalten wird.

Es ist daher stets sinnvoll, sich in einem Bußgeldverfahren anwaltlich beraten und vertreten zu lassen um Einsicht in alle mit der Messung in Zusammenhang stehende Unterlagen zu erhalten und die Messung zu überprüfen.


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